Die Sachlage zuerst: Am 20. Januar 2019 entscheiden die Schweinfurter Bürgerinnen und Bürger per Bürgerentscheid darüber, ob sie lieber einen gut zehn Hektar großen Stadtwald oder eine Landesgartenschau im Jahr 2026 im nord-westlichen Teil der ehemaligen Ledward-Kasernen haben möchten. Das entschied der Stadtrat am Dienstag in seiner Sitzung mit großer Mehrheit.
Doch der Weg zu dieser Entscheidung war gepflastert mit Streit und massiven Vorwürfen gegen eine Person: Stadträtin Ulrike Schneider (Freie Wähler/Schweinfurter Liste). Sie hat als Privatperson zusammen mit Annelie Maidhoff das Bürgerbegehren pro Stadtwald initiiert und dafür 3330 Stimmen gesammelt, von denen 2705 als gültig anerkannt wurden. Das nötige Quorum von sechs Prozent der Stimmberechtigten aus der Stadt wurde klar überschritten.
Verwaltung stellt Rechtmäßigkeit fest
Ordnungsreferent Jan von Lackum stellte nach ausgiebiger Prüfung durch die Verwaltung die Rechtmäßigkeit des Bürgerentscheids fest. Er führte aus, dass man Bedenken gehabt habe, die Frage – sie lautet: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Schweinfurt auf dem Konversionsgelände einen klimaschützenden und gleichzeitig kostengünstigen Stadtwald anlegt?“ – könnte zu unbestimmt sein. Diese Bedenken spiegelt aber die Rechtssprechung nicht wider, weswegen die Verwaltung sich sicher ist, dass es ein zulässiger Bürgerentscheid ist. Der Termin 20. Januar ist nach der Einreichung der Unterschriften unter Beachtung der vorgeschriebenen Drei-Monats-Frist der letztmögliche.
Peter Hofmann spricht von Dilettantismus
An der gestellten Frage entbrannte eine hitzige Diskussion mit gelegentlich zweifelhaftem Niveau. Peter Hofmann (SPD), beruflich als Anwalt tätig, äußerte massive Zweifel, dass die Fragestellung, die von den Einreichern des Bürgerentscheids vorgegeben und von der Verwaltung lediglich auf Rechtmäßigkeit geprüft wird, so in Ordnung ist. Er warf Schneider vor, es handele sich um eine „dilettantische und sehr unglückliche Frage“.
Die Kritik ist vielfältig: Wo soll der Wald hin? Wie groß soll er sein? Was soll er kosten? „Man hätte auch die Frage stellen können, irgendwo in der Stadt einen Wald zu pflanzen“, so Hofmann, der den Bürgerentscheid mit dieser Frage für unzulässig hält und später deswegen auch dagegen stimmte – wie die beiden Grünen-Stadträte Reginhard von Hirschhausen und Thomas Schmitt, die Hofmann argumentativ unterstützten. Hofmann bezweifelte, dass ein Anwalt sich der Frage angenommen habe. Es gehe ihm darum, „dass die Bürger nicht irre geführt werden“. Außerdem um die Folgen, falls der Bürgerentscheid positiv entschieden werde. Die Bindungsfrist eines Bürgerentscheids beträgt ein Jahr, doch woran sei man gebunden?„Theoretisch könnten wir auf den zwei Prozent Konversionsfläche der Stadt in den Conn Barracks den Wald anpflanzen und trotzdem eine Landesgartenschau machen“, so Hofmanns Sicht.
In der Sache folgten Jan von Lackum und Oberbürgermeister Sebastian Remelé Peter Hofmann, wie sie durchblicken ließen. Man habe die gleichen Bedenken gehabt und die Fragestellung intensiv diskutiert. Von Lackum betonte aber, „die Rechtssprechung ist ganz klar pro Bürgerbegehren“. Lediglich die Einreicher könnten die Frage ändern, das sei nicht Aufgabe der Verwaltung. Außerdem müsse bei den Unterlagen für den Bürger eine Begründung des Bürgerentscheids beigefügt sein, in dem der Sachverhalt ausreichend erklärt wird.
Schneider wehrt sich
Die heftigen Vorwürfe von Seiten der SPD und der Grünen ließ UIrike Schneider nicht auf sich sitzen. „Dilettantisch ist nur die SPD, die wohl noch tiefer sinken will. Die Fragestellung wurde natürlich durch einen Anwalt geprüft“, erklärte sie. Außerdem gehe aus der Begründung klar hervor, worum es gehe und um welche Fläche es sich handele. Nach einer Bemerkung des OB bei der Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Bürgerentscheids-Frage, er stelle fest, dass es Schneider gar nicht um den Wald, sondern nur um die Verhinderung der Landesgartenschau gehe, nannte Schneider ihn einen „Winkeladvokaten“, wogegen sich der OB verwahrte.
Die Haltung der SPD war für sie völlig unverständlich, denn die Sozialdemokraten hatten gegen den Landesgartenschau-Beschluss gestimmt und zuletzt einen Park auf dem Gelände ins Spiel gebracht, wo Schneider einen Wald möchte. Aus Schneiders Sicht ist die „Empörung in der Bevölkerung über die LGS-Pläne groß“.
Die CSU-Fraktion mischte sich im übrigen nicht in den Streit zwischen Schneider und der SPD. Sie stimmte – wie die große Mehrheit der Räte – für den Verwaltungsvorschlag, die Zulässigkeit des Bürgerentscheids festzustellen und diesen am 20. Januar stattfinden zu lassen. Die Kosten für den Bürgerentscheid werden auf 45 000 Euro geschätzt.
1. Bei der Durchführung eines Bürgerbegehrens handelt es sich um ein gesetzlich verbrieftes Recht, das in Anspruch zu nehmen kein "Spaß" ist.
2. Es haben sehr viele Bürger ihre Unterschrift für die Durchführung eines Bürgerbegehrens gegeben. Geht es etwa um die Geltungssucht von 2705 Personen?
3. Ginge es darum, dass sich 2705 Personen gegen die Abholzung eines vorhandenen Waldstücks einsetzten, würden sich unsachliche Angriffe gegen die Initiatoren wahrscheinlich in Grenzen halten.
Den Gipfel bildet allerdings wieder einmal die Haltung der Grünen: Während sie gegen die Abholzung bestehender Wälder sogar rechtswidriges Handeln zu dulden bereit sind (vergleiche Hambacher Forst), wird der Vorschlag, einen Wald zu pflanzen, torpediert. Vertrauenswürdig ist das nicht. Wahrscheinlich finden sie es einfach nur doof, dass die Idee nicht aus ihren Reihen kommt.