
Es dürfte ein rechter Schlag gewesen sein, der vielen Anwohnerinnen und Anwohnern der Schweinfurter Stadtteile Eselshöhe, Haardt und Deutschhof vor wenigen Wochen in Form einer Allgemeinverfügung in die Hände flatterte. "Alle Ausnahmegenehmigungen zum Befahren von Gehwegen mit Kraftfahrzeugen anlässlich Be- und Entladevorgängen, welche von der Stadt Schweinfurt vor dem 1. Januar 2010 zeitlich befristet oder unbefristet erteilt worden sind, werden mit sofortiger Wirkung zurückgenommen", heißt es darin.
Konkret bedeutet das: Viele Anwohnerinnen und Anwohner der weitgehend autofrei geplanten Wohnquartiere, deren Häuser nur über Fußwege an öffentliche Straßen angebunden sind, dürften künftig nicht mehr mit ihren Autos bis direkt an ihre Grundstücke heranfahren. Bislang hatten sie das – dank von der Stadt Schweinfurt erteilter Ausnahmegenehmigungen, etwa zum Aus- oder Einladen schwerer Lasten oder Einkäufe, durchaus tun dürfen.
Doch warum weicht die Stadt plötzlich von dieser seit mittlerweile 45 Jahren gelebten Praxis ab? Hintergrund der Kehrtwende sei eine Entscheidung der Regierung von Unterfranken, die eben jene in Schweinfurt geübte verkehrsrechtliche Praxis bereits Anfang des Jahres als rechtswidrig eingestuft habe, erklärte Ordnungsreferent Jan von Lackum in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Schweinfurt.
Petition deckt rechtswidrige Praxis auf
Losgetreten hatte die Entscheidung eine Anwohnerin der Eselshöhe. Diese hatte sich bereits im vergangenen Jahr mit einer Petition an den Petitionsausschuss des bayerischen Landtags gewandt und darin das Befahren der Gehwege in ihrem Wohnquartier beklagt. "Die Anwohnerin fühle sich hierdurch belästigt und sorgte sich über die damit einhergehenden Gefahren für ihre spielenden Enkelkinder", heißt es dazu in der schriftlichen Sachdarstellung der Stadt Schweinfurt.
In einer anschließenden Stellungnahme der Stadt vor der Regierung von Unterfranken sei dann deutlich geworden: Viele der seit einem Stadtratsbeschluss 1979 in Schweinfurt pauschal erteilten Ausnahmegenehmigungen zum Befahren der Gehwege in den Stadtteilen Eselshöhe, Haardt und Deutschhof sind offenbar rechtswidrig, so von Lackum.
"Was an diesem Beschluss rechtlich schwierig war, ist die Pauschalität", stellte der Ordnungsreferent klar. Das bedeutet: Die Stadt hätte in jedem Fall einzeln prüfen müssen, ob "erhebliche Gründe" vorliegen, die eine Abweichung von der Straßenverkehrsordnung, sprich ein Befahren der Fußwege, rechtfertigten. Auch hätten die Genehmigungen weder unbefristet noch kostenfrei ausgestellt werden dürfen.
Ein weiteres Problem bei der Sache: Zu den Ausnahmegenehmigungen, die vor 2010 erlassen wurden, lägen der Stadt keine Akten mehr vor, da die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten längst abgelaufen seien, so von Lackum. "Wir wissen also schlichtweg nicht, wie viele Ausnahmegenehmigungen, die damals kostenlos und unbefristet erteilt wurden, noch in Umlauf sind. Es ist ein Blindflug", sagte der Referent.

Trotzdem brauche es nun eine dauerhafte Lösung, forderte unter anderem Joachim Schmidl (SPD). Er hatte im Vorfeld den Antrag gestellt, betroffene Fußwege an der Eselshöhe per Beschilderung für den Anliegerverkehr freizugeben. Denn gerade für die große Zahl an älteren Bewohnerinnen und Bewohnern bedeute ein Wegfall der Regelung "unzumutbare Härten", so Schmidl: "Die Betroffenen sind überwiegend über 60 Jahre alt und darauf angewiesen, mit ihren Autos an ihre Anwesen fahren zu können, um dort zum Beispiel Einkäufe auszuladen."
Ein Problem, dessen man sich seitens der Stadt durchaus bewusst sei, sagte von Lackum. Fußwege von bis zu 200 Metern zwischen Sammelparkplatz und Wohnhaus seien gerade mit schweren Einkäufen "kein Spaß". Jedoch müsse auch klar sein, dass in den Quartieren durchaus "widerstreitende Interessen" herrschten, gab er zu Bedenken. Denn nicht alle Anwohnenden seien bereit, die Wohnruhe dem Anliegerverkehr zu opfern.
Einzelfallprüfung in den meisten Fällen nicht erfolgreich
Welche Lösung sieht die Stadt? Laut Jan von Lackum könnte eine Einzelfallprüfung zwar die rechtlichen Bedenken "heilen", allerdings dürften wohl die allerwenigsten Fälle dem auch wirklich standhalten. Auch die Möglichkeit eines langwierigen und kostenintensiven Änderungsverfahrens der Bebauungspläne lehne man ab. "Das hätte bedeutet, dass die Bewohner in der Zwischenzeit für geschätzt zwei Jahre ihre Grundstücke nicht mehr hätten erreichen können", so von Lackum.

Stattdessen schlage das Referat vor, im Bereich Eselshöhe eine Zusatzbeschilderung "Anlieger zum Be- und Entladen von 8-20 Uhr frei" anzubringen und die Widmung der betroffenen Wege um den Zusatz "Zufahrt für Anlieger frei" zu erweitern. Ausnahmegenehmigungen würden dadurch obsolet.
Möglich sei das durch eine Besonderheit der Bebauungspläne, "die es wohl nur in Schweinfurt gibt", so von Lackum. Diese wiesen für die Eselshöhe sogenannte "befahrbare Gehwege" aus. Eine Festsetzung, die es rein rechtlich für Bebauungspläne überhaupt nicht gebe, die aber zeige, dass die Stadt bereits damals die Möglichkeit zu deren Befahrung habe offenlassen wollen, erklärte von Lackum. Auch baulich seien die Gehwege für die Zusatzbelastung ausgelegt.
Einen potenziellen künftigen Missbrauch durch Durchgangsverkehr wolle man mithilfe von Pollern und vermehrten Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt verhindern. Für die Quartiere Haardt und Deutschhof, die in ihren Bebauungsplänen keine Besonderheit der "befahrbaren Gehwege" vorsähen, dürfte das Problem hingegen schwieriger zu lösen sein, gab von Lackum zu Bedenken. Hier müssten nun in einem weiteren Schritt mögliche Ansätze geprüft werden.
Der Lösungsvorschlag wurde vom Ausschuss einstimmig angenommen.
Man mach aus allen Fuß- und Radwegen an der Eselshöhe "befahrbaren Gehwege". Die ist aber keine Lösung, den man lässt ja dadurch noch mehr Verkehr auf diesen Wegen zu.
Wenn jemand eine Ausnahmegenehmigung braucht kann man sie auch auch genehmigen, aber das ist der Stadt wahrscheinlich zu viel Aufwand.
Ich glaub nicht das alle Anwohner der Eselshöhen damit einverstanden sind.
Mann sollte vielleicht auch mal die Anwohner befragen was Sie davon halten.
Durch dies neue Beschilderung wird es denke ich nicht besser.
Übrigens für Handwerker und Pflegedienste können Parkausweise bei der Stadt Schweinfurt Allgemeines Verkehrswesen beantragt werden (Oranger Parkausweis).
Dann bekommen sie auch keinen Strafzettel.
Die Genehmigung berechtigt unter anderem zum Parken im eingeschränkten Haltverbot, an Parkscheinautomaten ohne Gebühr und zeitliche Begrenzung, in verkehrsberuhigten Bereichen und in Fußgängerzonen während der Lieferzeiten im Bereich der Stadt Schweinfurt.
beim Lesen dieses Artikels schwirren mir die Fragezeichen nur so vor den Augen herum, was sich wohl "die Stadt SW" seinerzeit gedacht hat, als das auf den Weg gebracht wurde.
Entweder "warum zum Geier schafft man ein autofreies Wohngebiet und konterkariert das dann aber durch großzügigste Ausnahmeregelungen" bzw. "warum zum Geier zieht man dorthin, wenn man überhaupt nicht beabsichtigt, sich an die Regelung "autofreie Zone" zu halten"?
Mit dieser jetzt geplanten Änderung schafft man (wieder) Sonderrechte für Leute, die im Ernstfall nicht über ihre Stoßstange hinausdenken und sich einen feuchten Kehricht darum kümmern, ob dort z. B. kleine Kinder herumlaufen. Also dass die Angelegenheit jetzt befriedet ist, kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Wahrscheinlich muss erst etwas wirklich Fieses passieren, bevor da Nägel mit Köpfen gemacht werden...