
Seit 25 Jahren ist Manuel Lücht freier Tontechniker – mit viel Leidenschaft. Sein Kalender für 2020 war voll, jetzt ist er seit über einem Jahr leer. Deshalb verbringt er aktuell viel Zeit zuhause in seinem Studio. Das Studio mit einem Regieraum und einem Aufnahmeraum hat er sich vor vier Jahren in seinem Elternhaus eingerichtet.
Dabei hatte Lücht eigentlich einen guten Job. 20 Jahre lang war er Werkzeugmacher bei Bosch-Rexroth. "Aber da war kein Horizont. Es war jeden Tag dasselbe", sagt er. Deshalb hat er sich 1994 als Quereinsteiger selbstständig gemacht. Und es lief gut. Musik habe er schon zuvor gerne gemacht. In den 1980er-Jahren war er Mitglied einer Band. "Da gab es immer einen, der sich um die Technik und alles gekümmert hat." Ihm habe das Spaß gemacht, dann sei er "da reingewachsen".
In der Anfangszeit begleitete Lücht sechs Jahre lang Helene Fischer auf ihrer Ochsentour. Und auch für Andrea Berg hat er sich sechs Jahre um den richtigen Ton gekümmert. Außerdem kümmert er sich exklusiv um die Auftritte von Schlagersängerin Michelle. Er ist jedoch nicht nur für Musiker tätig, sondern auch für Kabarettisten. Seit 16 Jahren arbeitet er mit Gerd Dudenhöfferzusammen, der als Künstler unter dem Namen Heinz Becker bekannt ist.

Als Musiker lieber im Studio, als Techniker lieber live im Einsatz
Da Lücht aktuell mehr Zeit hat, schreibt er Songs und bastelt an seiner eigenen CD. Eines der Lieder heißt "Halt dich ruhig". Die Idee kam ihm, "als zum 17. Mal Karl Lauterbach im TV war". Es seien immer die gleichen Leute gewesen, "die nichts Konstruktives gebabbelt haben". Man könne dazu etwas machen, aber man müsse überlegen, was man sagt. Die Aktion von Jan Josef Liefers findet er "ein bissle daneben".
Als Musiker ist Lücht lieber im Studio, als Techniker lieber live unterwegs. Im Beruf gebe es kein "nine to five". Die Arbeit beginnt meist nachmittags und geht bis tief in die Nacht hinein. Den Künstlern kommt er dabei nahe, denn die Show stehe und falle mit dem Techniker. Über Anekdoten könne er ein Buch schreiben. Ein Klassiker sei, dass ein Künstler sein Mikro vergisst. Und als er für das London West End bei der Rocky Horror Picture Show war, habe sich ein Chor vor dem Einsatz verquatscht. Als die Sänger dann auf die Bühne mussten, hätten sie ihre Perücken vergessen.

Schlagersängerin Michelle habe anfangs mit einem sogenannten Telepromter arbeiten wollen, auf dem der Text mitläuft. Er habe ihr gesagt, das brauche sie nicht. Wenn sie ihren Text vergesse, solle sie sich einfach etwas einfallen lassen. Einmal sei dies dann bei einem Open-Air passiert. Da ein Regenschauer aufzog, habe Michelle das Publikum dazu animiert, die Regenschirme hoch zu halten. Beim Refrain habe sie wieder einsetzen können. Seitdem benutze sie keinen Telepromter mehr.
Warum ein Tontechniker Einfühlungsvermögen braucht
Was man als Tontechniker mitbringen muss? "Ein gutes Gehör, Musikverständnis, technisches Verständnis, Reisebereitschaft und psychologisches Einfühlungsvermögen." Letzteres, da Künstler oft sensibel seien. Und aktuell braucht Lücht Geduld. Für eine Show waren Termine im März 2020 geplant. Sie wurden zunächst auf den Herbst verlegt, dann auf das Frühjahr 2021 und letztlich auf den Herbst 2021. Aktuell wird geplant, die Termine in das Jahr 2022 zu verschieben. Dennoch bleibt Lücht "wie ein Tennisspieler" immer am Ball. Er müsse fit bleiben, denn "wenn es losgeht, dann von null auf hundert".

Sein Wunsch? Eine gewisse Normalität, dass wieder Kultur und Konzerte möglich sind. Es sei ein kleiner Wunsch, "den bestimmt auch viele andere haben". Aktuell schaut Lücht nur von Tag zu Tag voraus. Große Ziele hat er nicht. Wenn Corona vorbei ist, freut er sich darauf, wieder Bands und Musiker im Studio begrüßen zu können.
Egal welches Genre, "der Ton muss gut klingen"
Auch wenn er sich als Solo-Selbstständiger mehr Unterstützung wünschen würde, verliert er nicht seinen Humor. "Der gehört dazu. Ich arbeite schon so lange mit Satirikern, da bin ich inzwischen infiziert", scherzt Lücht. Er sei noch gesegnet, da er schön wohne und in seinem Studio kreativ werden könne. Was am Ende bei seiner Arbeit am wichtigsten ist? "Der Ton muss gut klingen, egal welches Genre." Privat hört Lücht am liebsten Blues. Es gebe zwar auch guten Schlager. "Aber man muss Kunst und Kommerz auseinander halten." Schade sei, dass Kunst oft nicht so ein großes Publikum habe.
Seine aktuelle Lage beschreibt Lücht auch in seinem Song "Halt dich ruhig". Darin heißt es: "Ich fühl mich im Corona-Blues, koane Perspektiven im Moment, trotzdem verlier ich nicht die Zuversicht, an jedem Tunnel gibt's am End ein Licht. Warte darauf, dass das Eis bricht, verdammt noch mal, das kann's nicht sein, am liebsten würde ich laut schreien, aber noch ist nicht so weit, hab Geduld, ein bisschen Zeit."