
Hat einer der Angeklagten die Vergewaltigung von zwei zur Tatzeit 14 und 16 Jahre alten jungen Frauen im Dezember 2021 gegenüber seiner Ex-Freundin zugegeben? Die Antwort auf diese Frage stand im Mittelpunkt des fünften Tages im Prozess gegen zwei 31 und 28 Jahre alte Männer vor der 1. Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt. Wie vieles in den letzten Wochen in diesem Prozess gestaltete sie sich auch dieses Mal überraschend.
Vor zweieinviertel Jahren sollen die beiden Männer in einer Wohnung in Schweinfurt zwei junge Frauen vergewaltigt haben. Einem der Opfer sollen sie vorher Drogen in E-Zigaretten gemischt und so verabreicht haben. So der Vorwurf in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Seit Anfang Februar sitzen die beiden vor der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Schweinfurt auf der Anklagebank. Sie bestreiten die Vorwürfe, die sexuellen Handlungen seien einvernehmlich gewesen.
Nun sagte eine junge Frau aus, die bis Januar mit einem der beiden Angeklagten liiert war und sich dann im Streit von ihm getrennt hatte. Gegen den Angeklagten liegen außerdem zwei weitere Anklagen aus dem vergangenen Jahr wegen häuslicher Gewalt und Körperverletzung vor. Geschädigte in beiden Fällen: die Zeugin. Dass sie aussagen will, war eine überraschende Wende am vierten Prozesstag, als eine junge Frau, die im Dezember 2021 mit in der Wohnung der Angeklagten, aber nicht beteiligt oder betroffen war, die neue Zeugin erwähnte.
Ihre Aussage nun vor der 1. Großen Jugendkammer war durchaus kontrovers zu beurteilen, da Gericht, Staatsanwaltschaft und Anwalt mehrfach nachfragen mussten, ob es wirklich stimmt, dass der Angeklagte ihr gegenüber im Streit zugegeben habe, die beiden jungen Frauen wirklich vergewaltigt und zumindest einer von beiden Drogen gegeben zu haben. Offenbar hatte die Zeugin durch den Angeklagten Einblick in die Akten und die Anklageschrift. Was also von den Beschuldigungen gegenüber dem Angeklagten war tatsächlich seine Erzählung und was Wissen aus anderen Quellen?
Zeugin: Nachrichten an Minderjährige waren ein Grund für die Trennung
Die Zeugin erhob darüber hinaus auch neue Vorwürfe gegenüber ihrem Ex-Freund. Er soll sich vulgär und abschätzig über die Geschädigten geäußert haben und grundsätzlich "keinen Respekt vor Frauen" haben. Als sie erklärte, einer der Gründe der Trennung im Januar dieses Jahres sei gewesen, dass sie auf seinem Handy Nachrichten an minderjährige Frauen gefunden habe, beantragte die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahmung des Telefons, dessen freiwillige Herausgabe der Anwalt des Angeklagten verweigerte.
Anwalt des Angeklagten kündigt Strafanzeige gegen Zeugin an
Das Gericht lehnte den Antrag allerdings ab, da es davon ausging, auf dem Telefon keine für den laufenden Prozess relevanten Inhalte zu finden und auch die Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin nicht von Chatverläufen auf dem Telefon abhinge. Der Anwalt des von der Zeugin belasteten Angeklagten machte wiederum der Zeugin in deutlichen Worten Vorwürfe, hielt ihre Aussage für "völlig unglaubwürdig" und kündigte eine Strafanzeige wegen der neuen, unbewiesenen Vorwürfe gegen sie an.
Der Prozess wird Anfang April fortgesetzt, das Gericht hat insgesamt vier weitere Verhandlungstage terminiert und hofft auf ein Urteil am 24. April.