
Der Fall ist komplex, der Prozess lang, und er wird komplizierter: Im Dezember 2021 sollen ein heute 31 und ein 28 Jahre alter Mann in einer Wohnung in Schweinfurt zwei junge Frauen, damals 14 und 16, vergewaltigt haben. Einem der Opfer sollen sie vorher Drogen in E-Zigaretten gegeben haben. So der Vorwurf in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Seit Anfang Februar sitzen die beiden vor der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Schweinfurt auf der Anklagebank. Nun nahm der Prozess erneut eine Wendung und wird frühestens am 19. April mit einem Urteil enden.
Am vierten Prozesstag sagte erneut eine 17-Jährige aus, die damals mit in der Wohnung war und die beiden Geschädigten mitgebracht hatte, da sie die Angeklagten kannte. Diese bestreiten den Vorwurf der Vergewaltigung, die sexuellen Handlungen seien einvernehmlich gewesen. Am dritten Prozesstag hatte die Zeugin bereits einmal ausgesagt, allerdings ohne Zeugenbeistand und mit einigen Widersprüchen.
Nun kam sie mit einem Zeugenbeistand und ihre Aussage gestaltete sich grundsätzlich stringenter als zuletzt. Sie schilderte die Abläufe am Nachmittag und Abend, wer ihrer Erinnerung nach wann mit wem intim war und die Situation, als die 16 Jahre alte Geschädigte aus dem Zimmer kam und auf einmal sehr schnell mit ihrer Freundin aus der Wohnung wegwollte. Was genau geschehen war, wusste sie nicht, auch nicht, ob die Angeklagten aktiv Drogen angeboten hatten. Sie erinnere sich nur, dass die 14-Jährige auf einmal sehr müde war und kurze Zeit geschlafen hatte.
Aber sie hatte Zweifel: "Als sie herausrannten, dachte ich, da passt was nicht", sagte die Zeugin auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin. Doch weiteren Kontakt zu den beiden Geschädigten nach dieser Nacht gab es nicht, auf Nachrichten ihrerseits sei nicht reagiert worden.
Hat einer der Angeklagten versucht, die Zeugin zu beeinflussen?
Thema der Vernehmung war auch, ob einer der Angeklagten die Zeugin beeinflusst haben könnte. Das war einer der Gründe, warum die erste Aussage vor Gericht Ende Februar unterbrochen wurde. Mit juristischem Beistand an ihrer Seite erklärte die 17-Jährige nun, sie sei in der Tat einmal vor Prozessbeginn auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude von einem der Angeklagten angesprochen worden. "Ich soll die Wahrheit sagen, weil nichts passiert ist", soll er ihr gesagt haben.
Als die Vernehmung der Zeugin kurz vor dem Ende stand, kam auf einmal eine überraschende Wende. Die Ex-Freundin des einen Angeklagten habe ihr erzählt, der Angeklagte habe sich ihr geöffnet: "Sie sagte, er hat ihr die Wahrheit erzählt." "Diese Wahrheit hätte ich gerne von der Zeugin gehört", betonte die Vorsitzende Richterin. Die Zeugin zeigte das Profil der Ex-Freundin auf einem Social-Media-Account, schnell fand man den Namen heraus.
Und die Staatsanwaltschaft stellte ebenso fest: Gegen den einen Angeklagten liegen wegen des Vorwurfs der häuslichen Gewalt und Körperverletzung zwei weitere Anklagen aus dem Spätsommer und Herbst 2023 vor. Geschädigte: die Ex-Freundin. Sie soll nun polizeilich geladen werden für den nächsten Verhandlungstermin am Dienstag, 12. März, ab 13.30 Uhr.
Ebenfalls überraschend: Die Nebenklage-Vertreterin des damals 14 Jahre alten Opfers erklärte, ihre Mandantin, die derzeit in einer Einrichtung der Jugendhilfe in Südthüringen lebt, habe sich nun doch bereit erklärt, sich psychologisch begutachten zu lassen, um die Glaubwürdigkeit ihrer unter Ausschluss der Öffentlichkeit getätigten Aussage zu untermauern. Ein entsprechender Antrag liegt dem Landgericht aber noch nicht vor.
Klar ist, dass das Gericht nach Vernehmung der neuen Zeugin den Prozess zügig beenden möchte. Der letzte Termin ist der 19. April. An diesem Tag soll es die Plädoyers und ein Urteil geben.