zurück
Schweinfurt
Ukrainekrieg: Wie die Situation für Geflüchtete in der Stadt Schweinfurt aktuell aussieht
Ab dem 1. Juni haben Geflüchtete aus der Ukraine einen höheren Anspruch auf Sozialleistungen. Im Sozialamt kämpft man indes mit den bürokratischen Hürden.
In diesem Gebäude der Ledward-Kaserne in Schweinfurt hat die Stadt gleich im März eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet. Ziel der Verwaltung ist aber, die Menschen nach und nach in private Wohnräume zu vermitteln.
Foto: Oliver Schikora | In diesem Gebäude der Ledward-Kaserne in Schweinfurt hat die Stadt gleich im März eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:26 Uhr

Dass die Stadt Schweinfurt aktuell mit einem Zustrom ukrainischer Geflüchteter überrannt wird, ist nahezu ausgeschlossen. Und Matthias Kreß, Leiter der Stabsstelle "Gern daheim in Schweinfurt", nannte im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales des Stadtrates auch prompt den Grund dafür: "Bayern hat in den letzten Wochen sehr viele Menschen aus der Ukraine aufgenommen und damit die eigentlich zu erfüllende Quote nach dem Königsteiner Schlüssel übererfüllt." Einige Bundesländer hätten diese noch nicht erfüllt – und müssten daher Geflüchtete, die auch in der Ankereinrichtung in Geldersheim ankommen, aufnehmen. Bleiben darf beispielsweise, wer bereits Verwandte ersten Grades in der Stadt hat.

Insgesamt blickt der Stabsstellenleiter auf intensive Wochen zurück. Anfang März waren mehr als 450 ukrainische Staatsbürger, die aufgrund des Krieges nach Schweinfurt gekommen waren, in der Stadt registriert – vor allem Frauen und Kinder. Die Vermittlung der Menschen in privaten Wohnraum funktioniere gut, sagte Kreß. "Da arbeiten wir sehr eng mit der Diakonie zusammen und haben bereits 38 Wohnungen für 116 ukrainische Personen vermitteln können." Diese seien vor allem aus privaten, aber ungeeigneten Wohnräumen in eigene vier Wände gezogen. Und Sozialreferent Jürgen Montag stellte gleich klar: "Die Unterkunft in den Ledward Barracks ist nur eine Übergangslösung. Langfristig ist geplant, dass die Leute dort wieder ausziehen."

Weitere Kochmöglichkeiten in Gemeinschaftsunterkunft eingerichtet

Aktuell seien immer etwa 100 Menschen im Gebäude 210 in der Ledward-Kaserne untergebracht, berichtete Matthias Kreß. Ende Mai/Anfang Juni soll in der Gemeinschaftsunterkunft von Catering auf Selbstversorgung umgestellt werden. Hierfür habe die Stadt weitere Gemeinschaftsküchen und Kochmöglichkeiten eingerichtet. "Somit nutzen etwa zehn Menschen einen Herd", sagte Kreß.

Administrativ sei der Ukrainekrieg ein Bürokratiemonster geworden, sagte Andrea Schranner, Leiterin des Schweinfurter Jobcenters im Ausschuss. "Alleine, wenn es um die Sozialleistungen geht, sitzen hier vier Amtsleitungen, die in den letzten Wochen nahezu nichts anderes gemacht haben, um das abzuwickeln." Mehr als 170 Bedarfsgemeinschaften hätten bereits einen Antrag gestellt, bei den meisten davon fehlten allerdings noch Unterlagen für die Bewilligung.

Neues Gesetz: Höhere staatliche Sozialleistungen für Ukrainerinnen und Ukrainer

Am Freitag beschloss der Bundestag das Gesetz, dass geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, die unter die sogenannte Massenzustromsrichtlinie fallen, ab dem 1. Juni einen Anspruch auf staatliche Grundsicherung in Deutschland haben. Die Umsetzung erweist sich schwierig: "Sie haben erst dann Anspruch auf SGBII- oder SGBXII-Leistungen, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise einer sogenannten Fiktionsbescheinigung sind", erklärte Sozialamtsleiterin Corina Büttner im Ausschuss. "Diesen Aufenthaltstitel haben die wenigsten." Mit einer Fiktionsbescheinigung können Ausländer in der Bundesrepublik belegen, dass ein vorläufiges Aufenthaltsrecht besteht.

Sozialamt und Ausländeramt arbeiteten daran, so viele solcher Bescheinigungen wie möglich auszustellen, sagte Büttner, "aber es ist ein Flaschenhals und es wird definitiv nicht gelingen, dass zum 1. Juni jeder wechseln kann". Solange werden die Geflüchteten noch über das Asylbewerberleistungsgesetz versorgt.

Große Herausforderungen für die Verwaltung

CSU-Stadträtin Ljubow Hurlebaus erwähnte in dem Zusammenhang, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer immer noch unsicher seien, ob sie wieder zurückfahren oder nicht. So könne es sein, dass die Menschen Anträge stellen, dann aber möglicherweise doch zurück in ihr Heimatland fahren. "Das wird eine große Herausforderung für die Verwaltung." Dem stimmte Sozialamtsleiterin Büttner zu: "Besonders für die Sachbearbeiter, die in dem Gespräch mit den Geflüchteten sind. Es ist eine große Belastung, wenn jemand schon Tränen in den Augen hat, wenn man nach dem Familienstand fragt."

Marietta Eder (SPD) fragte, ob es ein professionelles Entlastungsangebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebe. Büttner verneinte und sagte: "Wir stehen als Führungskräfte für Entlastungsgespräche zur Verfügung." Sie habe aber auch den Eindruck, dass es weniger das Einzelschicksal ist, das die Mitarbeitenden belastet, als die quantitative Belastung durch die Vielzahl der Anträge.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Lisa Marie Waschbusch
Aufenthaltserlaubnis
Ausländerbehörden
Deutscher Bundestag
Grundsicherung
Ljubow Hurlebaus
Matthias Kreß
SPD
Sozialamt
Sozialleistungsansprüche
Stadt Schweinfurt
Ukraine-Russland-Krieg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top