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Schweinfurt
Flüchtlinge aus der Ukraine: Wann die erste Notunterkunft in Schweinfurt an ihre Grenzen kommt
Eine erste Unterkunft, ein erstes Mal zur Ruhe kommen: In den Ledward Barracks in Schweinfurt treffen nach und nach Kriegsflüchtlinge ein. Schon bald wird es eng.
Der Strom der Flüchtlinge aus der Ukraine reißt nicht ab. Auch in Schweinfurt kommen immer mehr Menschen an (Symbolbild).
Foto: Jan Woitas/dpa | Der Strom der Flüchtlinge aus der Ukraine reißt nicht ab. Auch in Schweinfurt kommen immer mehr Menschen an (Symbolbild).
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:04 Uhr

Gebäude 210 in der ehemaligen US-Kaserne in den Ledward Barracks ist das erste von drei Häusern, in dem die Stadt Schweinfurt Flüchtlinge aus der Ukraine unterbringen will. 208 Schlafplätze wurden hier innerhalb kurzer Zeit eingerichtet. Auch Dank der großen ehrenamtlichen Leistung von vielen Seiten, darunter BRK, Integrationsbeirat, eine syrische und eine ukrainische Gruppe, sagt Matthias Kreß.

Der Leiter der Stabsstelle "Gern daheim" ist Schweinfurts Koordinator, was das Thema Flüchtlinge aus der Ukraine betrifft. Seine Prognose im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates am Dienstag war klar: Vermutlich schon Ende dieser Woche wird das Gebäude 210 voll belegt sein.

Der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab. Wie das Ankerzentrum in Geldersheim, das seine Kapazität auf 2600 erhöht und damit verdoppelt habe, muss auch die Stadt weiter vorsorgen, sagt Kreß. 568 Flüchtlingen soll sie nach einem staatlich vorgegebenen Verteilungsschlüssel insgesamt eine Notunterkunft stellen. Das Angebot in Ledward wird dafür ausgebaut, die Vorbereitungen in zwei weiteren Gebäuden laufen. Leicht wird es nicht. Ein zweites Gebäude soll Ende des Monats schon für Flüchtlinge bereit stehen. Doch bei Gebäude Nummer drei gibt es laut Verwaltung Probleme. Wasserleitungen, die jahrelang trocken lagen, müssen gespült, desinfiziert werden.

So könnte es sein, dass ein, zwei Wochen lang Flüchtlinge in der Stadt übergangsweise auch in einer Turnhalle untergebracht werden müssen, erklärte Ordnungsreferent Jan von Lackum. Allerdings, so Oberbürgermeister Sebastian Remelé, werde man versuchen, das zu vermeiden. In den ehemaligen Soldatenwohnungen in den Ledwards könne man in Zwei-Zimmer-Appartments mit Bad und kleiner Küchenzeile den Geflüchteten ein Stück Privatsphäre geben – anders als in einer Turnhalle. Auf maximal 700 Flüchtlinge wären die Ledwards auszuweiten, sagt Jan von Lackum.

Schon einmal waren die Ledward Barracks ein Ort, an dem Flüchtlinge untergebracht waren. Ab 2015 war die ehemalige Kaserne, die im Besitz der Stadt ist, Standort der Erstaufnahme. Später wurde daraus das Ankerzentrum, das später in die ehemaligen Conn Barracks bei Geldersheim umzog.

Einiges ist diesmal grundlegend anders als bei der Flüchtlingswelle 2015

Diesmal aber ist einiges anders. Der Flüchtlingsstrom ist nur teilweise gesteuert, sagt Kreß. Die Menschen aus der Ukraine dürfen sich innerhalb der EU frei bewegen, arbeiten, wohnen, Sozialleistungen erhalten. Neben den Flüchtlingen, die auf die Bundesländer verteilt werden und auch spät abends noch mit Bussen in Schweinfurt ankommen, beispielsweise aus Berlin, gibt es die Aufnahme im Privatbereich.

Rund 1000 Menschen, die in Schweinfurt leben, haben einen Bezug zur Ukraine – entweder den ukrainischen Pass, die doppelte Staatsbürgerschaft oder Familie in dem Land, in dem heute ein Krieg wütet. 225 Flüchtlinge sind bisher in Schweinfurt gemeldet. Viele sind privat untergekommen. Plus eine Dunkelziffer, die sich noch nicht registriert hat. 90 Tage haben die Flüchtlinge dafür Zeit. Am Ende, so die Hochrechnung der Stadt, werden 2000 Menschen nach Schweinfurt geflüchtet sein.

Ob sie bleiben oder nicht, ist noch offen, betonte Kreß. Aktuell würden die Flüchtlinge Großstädte bevorzugen, sagt Remelé. Doch die kommen, allen voran Berlin, an ihre Grenzen. Auch deshalb werden die Kriegsflüchtlinge im Bundesgebiet verteilt. 100.000 sollen nach Bayern kommen, so die Schätzung.

Notunterkünfte für Geflüchtete zu schaffen ist jetzt Sache der Städte und Gemeinden

Notunterkünfte zu schaffen und zu betreiben ist jetzt Sache der Kommunen. Auch das ist anders als 2015. Für die Verwaltung und die Mitarbeiter ein gewaltiger Kraftakt. Denn auch Corona ist nicht vorbei, hat in manchen Ämtern massive Lücken gerissen, wo laut Remelé bis zu 50 Prozent der Teams fehlen. Dazu die Flüchtlinge aus der Ukraine.

"Praktisch arbeiten zwei Drittel unserer Ämter an der Krisenbewältigung, das nimmt uns massiv in Anspruch", so Remelé. Von 8 bis 19 Uhr muss der Dienstbetrieb gewährleistet sein. Doch tatsächlich enden Arbeitstage auch später. Am Montag kamen die letzten Flüchtlinge um 23 Uhr in Schweinfurt an, berichtet Kreß.

Die Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist groß

Teile der Verwaltung, darunter das Ausländermeldeamt, sind in ein Gebäude auf Ledward umgezogen. Es gibt eine Taskforce, unterstützt von der Führungsgruppe Katastrophenschutz, einen runden Tisch, der das ehrenamtliche Engagement mit einbindet. Die Welle der Hilfsbereitschaft ist groß, das eigens eingerichtete E-Mail-Postfach für Fragen und Hilfsangebote quillt über, das Bürgertelefon steht kaum still. Die Hilfen zu koordinieren ist ebenso wichtig wie die Notunterkunft weiter fit zu machen.

Drei Gebäude der ehemaligen Ledward Kaserne werden zur Notunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine.
Foto: Anand Anders | Drei Gebäude der ehemaligen Ledward Kaserne werden zur Notunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine.

Alleine kann die Stadt den Betrieb der Notunterkunft nicht stemmen, wird dies an die Diakonie Schweinfurt vergeben. 175.000 Euro sollen dafür bereit gestellt werden; weitere 50.000 Euro für die Kinderbetreuung auf dem Ledward-Gelände durch den Sozialdienst katholischer Frauen. Schweinfurts Kindergärten haben zu wenig freie Plätze, viel zu wenig. Auch in den Schweinfurter Schulen sind die ersten Flüchtlinge angekommen, sie werden vorerst in eigenen Willkommensgruppen betreut.

SWG und Bauverein stellen Wohnungen für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung

Um die Gebäude weiter herzurichten und auszustatten, sind weitere 200.000 Euro geplant. Dazu kommen die Kosten für das Essen, das die Leo Service GmbH liefern wird. Wie viel der Staat zurückerstatten wird, ist offen. Doch Kosten sind aktuell nicht das drängende Problem, sondern die Zeit. Die Stadt muss schnell sein. Weil die Notunterkünfte nur eine Übergangslösung sind, arbeitet man an Folgeangeboten. Die SWG wird laut Kress bald zehn Wohnungen zur Verfügung stellen. Auch der Bauverein Schweinfurt, so Ralf Hofmann, SPD-Stadtrat und Aufsichtsratsvorsitzender, wird Angebote machen.

Vonseiten der Stadträte gab es quer durch alle Fraktionen Lob für die Arbeit der Stadtverwaltung und die der Ehrenamtlichen.

 
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  • jbehr74
    Heftige Debatte im Livestream heute vom Schweinfurter Stadtrat, verschimmelte, vermüllte und verdreckte Notunterkunft für Flüchtlinge, nur noch Schuldzuweisungen und gemachte Fotos werden als Fake diffamiert, OB Remelé weißt selbstgerecht jede Mitschuld von sich wie auch seine Diener, man will seine weiße Weste nicht beschmutzen mit gemachten Fehlern. So ein Bild, das der Stadtrat hier öffentlich von sich gibt und der Umgang mit der Unterbringung der Flüchtlinge ist eine Schande nicht nur für ganz Schweinfurt.
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