
Das Personal der Integrierten Leitstelle (ILS) in Schweinfurt, bei der die Notrufe aus dem nördlichen Unterfranken eingehen und koordiniert werden, soll in den nächsten Jahren massiv aufgestockt werden. Von derzeit 28,5 Stellen soll die Personalstärke bis 2025 auf 47 wachsen. Das hat die zuständige Versammlung des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung beschlossen. Ihm gehören neben der Stadt Schweinfurt die Landkreise Schweinfurt, Haßberge, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen an.
Bereits 2019 hatte ein Gutachten festgestellt, dass das Personal der ILS, die ihren Sitz in einem Gebäude im Schweinfurter Gewerbegebiet Hafen hat, für die Bewältigung von 194.000 Anrufen im Jahr nicht ausreicht.
Die Erkenntnisse, so ist den Sitzungsunterlagen zu entnehmen, konnten aber nicht in die Praxis umgesetzt werden, weil sich der Betreiber Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) und die Sozialversicherungsträger nicht über die Kostenübernahme hatten einigen können. Benötigt werden drei Plätze, die 24 Stunden besetzt sind.
BRK sieht "massive Arbeitsverdichtung"
Dass es Bedarf gibt, machte auch der zuständige BRK-Abteilungsleiter Jürgen Dippold in der Versammlung gleich in mehrerer Hinsicht deutlich. Nicht nur die Zahl der Einsätze habe sich in der Vergangenheit erhöht, sondern auch die "Arbeitsverdichtung hat seit 2007 maximal zugenommen". Dazu komme noch eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden: Seit 2008 habe es 56 Neueinstellungen und 40 Austritte gegeben. Die Verweildauer der Mitarbeitenden betrage im Schnitt 1,5 Jahre, wobei man bereits die Einarbeitungsphase mit einem Jahr ansetze.
Wie in anderen Branchen auch ist laut Dippold die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber rückläufig, für die auch andere Berufe attraktiv sein würden. Dazu kommen demnach hohe Krankenstände; die Krankheitsdauer ist nach Dippolds Zahlen etwa um 50 Prozent gestiegen. "Die Belastungsgrenzen sind erreicht", bilanzierte Dippold.
Mitarbeitende der ILS kritisieren die Arbeitsbelastung
Diese Aussage unterschreiben auch mehrere Mitarbeitende der ILS, die sich in den vergangenen Wochen an diese Redaktion wandten. Sie baten darum, ihre Namen nicht in der Zeitung zu lesen. "Wir machen das, was wir machen, mit Herzblut", betonte ein Mitarbeiter, "aber so geht es nicht mehr weiter. Es geht um das Wohl der Mitarbeiter, aber auch um die Sicherheit der Bürger."
Die hohe Fluktuation wurde in den Gesprächen bestätigt, gerade auch bei denen, die erst neu zur ILS gekommen seien. Ein Thema: In anderen Leitstellen, zum Beispiel Würzburg, werden neue Mitarbeitende deutlich schneller auf die nötigen Fortbildungen geschickt. Der Abschluss der Fortbildung bedeutet auch eine höhere Vergütung als Disponent. In Schweinfurt, so der Informant, sei das aufgrund der Personalsituation aber nicht möglich. Dazu käme der hohe Krankenstand, der auch dadurch zustande käme, weil 60-Stunden-Wochen keine Ausnahmen seien.

ILS koordiniert fast 100.000 Einsätze im Jahr
Auch der kommissarische ILS-Leiter Klaus Wörner thematisierte die Belastung in seinem Jahresbericht, in dem er in der Versammlung von einem massiven Aufkommen an Überstunden sprach. Etwa 99.000 Einsätze von Rettungsdiensten, Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen koordinierte die Schweinfurter ILS im Jahr 2022, die mit 450.000 Einwohnerinnen und Einwohnern den drittgrößten Zuständigkeitsbereich in Bayern abdecke.
Die Rettungsdienstlandschaft wird sich möglicherweise in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Haßberge ändern. Eine Notarztstudie, die das Innenministerium in Auftrag gegeben hat, empfiehlt, die Notarztstandorte in Bischofsheim, Bad Königshofen (beide Landkreis Rhön-Grabfeld) und Hofheim (Haßberge) zu schließen. Stattdessen soll eine für diese Region zentrale Wache in Bastheim, nördlich von Bad Neustadt, eingerichtet werden.
Experte tritt Studie für Rhön-Grabfeld und Haßberge in die Tonne
Der zuständige Ärztliche Leiter des Rettungsdiensts, Georg Kochinki (Ostheim), sagte der Versammlung sehr deutlich, was er davon hält: gar nichts. Und stieß auf Zustimmung der politischen Vertreterinnen und Vertreter. Die vorgeschlagenen Schließungen der Notarztstandorte werden unter anderem damit begründet, dass ein "Telenotarzt" installiert werden soll, der nicht zwingend am Einsatzort sein muss, sondern seine Expertise per Telekommunikation an das Rettungspersonal weiterleitet. Wie Kochinki sagte, seien die technischen Voraussetzungen für den Einsatz eines Telenotarzts in der Region nicht vorhanden: "Wir sind noch weit davon entfernt."
Das Ganze sieht Kochinki auch vor dem Hintergrund, dass im nördlichen Rettungsdienstbereich 7000 Notarztstunden nicht besetzt seien. Die Zahl der dienstbereiten Notärzte und Kliniken sei dort um 55 Prozent zurückgegangen. Eine Arbeitsgruppe soll sich nun mit der Zukunft der Notarztstandorte beschäftigen.
Überbelastung
Schlechte Bezahlung
Unfähige Vorgesetzte