zurück
Schweinfurt
Turban statt Trachtenhut: Warum Torsten Goetz (Bayernpartei) in Schweinfurt nicht mehr für ein unabhängiges Bayern kämpft
Als Rettungssanitäter erlebte Goetz hautnah die Herausforderungen im Gesundheitswesen. Warum seine Religion und politische Vision miteinander verknüpft sind.
Thorsten Goetz aus Schweinfurt tritt zur Bundestagswahl im Wahlkreis Schweinfurt/Kitzingen für die Bayernpartei an.
Foto: Anand Anders | Thorsten Goetz aus Schweinfurt tritt zur Bundestagswahl im Wahlkreis Schweinfurt/Kitzingen für die Bayernpartei an.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 16.02.2025 02:32 Uhr

Torsten Goetz entspricht nicht dem typischen Bild eines Kandidaten der Bayernpartei zur Bundestagswahl. Statt mit Filzhut und Janker präsentiert sich der 37-Jährige lieber mit veilchenblauem Turban und silberfarbenem Armreif unter dem Karohemd. Nur der zottelige Bart erinnert etwas an bayerische Tradition.

Der Grund für sein Erscheinungsbild: Vor vier Jahren schwor der gebürtige Schweinfurter seinem alten Glauben ab und trat der indisch-pakistanischen Religionsgemeinschaft Sikh bei. Diese betone die Gleichwertigkeit der Geschlechter und die natürliche Körperlichkeit, "wie von Gott geschaffen", erklärt Goetz. Bart und Turban symbolisieren seine Spiritualität.

Goetz: Viel Unmut im Alltag als Rettungssanitäter erlebt

Was das alles mit Bayern und der Bundestagswahl am 23. Februar zu tun haben soll? Eine Menge, meint Goetz. "Ich habe viel Unmut erlebt", sagt der 37-Jährige über die vergangenen Monate. "Im Rettungsdienst sieht man vieles, was schiefläuft." Etwa die steigende Belastung der Einsatzkräfte. Oder das Leid der "70-jährigen Oma, die allein in ihrer Wohnung verwahrlost", weder Angehörige noch Betreuer habe und auf den Rettungsdienst angewiesen sei, so der gelernte Rettungssanitäter.

Wenn dann noch Hiobsbotschaften, wie die der Erlöserschwestern aufschlagen, die ihr Krankenhaus aus Kostengründen schließen wollen, könne man nur den Kopf schütteln, so Goetz. Als Rettungssanitäter habe er früher selbst teilweise weite Wege mit schwerkranken Patienten zur nächstgelegenen Klinik fahren müssen. Deshalb braucht Schweinfurt seiner Meinung nach eine zweite Notaufnahme, auch wenn Expertinnen und Experten von Stadt und Leopoldina-Krankenhaus dem vehement widersprechen.

Bayernpartei will Gesundheitswesen verstaatlichen

Die Zukunft des St.-Josef-Krankenhauses scheint seit letzter Woche zwar vorerst gesichert, doch das Vertrauen in die Betreiber und den Staat bleibe angekratzt, meint Goetz, der damals immer wieder an Unterstützungsaktionen zur Rettung des Krankenhauses teilnahm oder half, diese zu organisieren.

Goetz bewirbt sich erneut um ein politisches Mandat, um weitere drohende Krankenhausschließungen zu verhindern und das Gesundheitswesen zu verbessern. Er wisse, dass seine Chancen dieses Mal wohl noch aussichtsloser sind, als sie zur Landtagswahl 2023 sowieso schon waren, wolle es aber dennoch versuchen, um "eine Alternative zur Alternative" (AfD) zu bieten. 

"Jede Stimme, die ich von einem potenziellen AfD-Wähler wegbekomme, ist ein Sieg für die Demokratie", sagt Goetz. Grundsätzlich glaube er nicht, dass alle, die die AfD wählen wollen, durch und durch ausländerhassend oder antisemitisch seien. "Die Leute sind von der Politik der vergangenen Jahrzehnte einfach dermaßen enttäuscht, dass sie die Schnauze voll haben." Während sich Abgeordnete großer Parteien, wie die CSU bei Maskendeals, selbst bereichert hätten, würde die Bayernpartei für "moderne Politik auf Augenhöhe" stehen, sagt er.

Unabhängigkeit Bayerns nicht mehr an vorderster Stelle 

So modern, dass die Partei ihr bekanntestes Anliegen, die Unabhängigkeit des Freistaat Bayern, mittlerweile zurückgestellt hat. Zwar würde man diese nach wie vor mittels einer Volksabstimmung ins Auge fassen wollen, "aber wir kämpfen nicht offensiv dafür", so Goetz. Abgesehen von den katastrophalen Folgen, die ein solcher Austritt für die Wirtschaft wohl hätte, gäbe es sowieso weit wichtigere Themen als die bayerische Unabhängigkeit. Zum Beispiel eine sichere Energieversorgung.

Nicht nur Wind und Solar, sondern "Technologie offen", möchte die Bayernpartei sein, mit Schwerpunkt auf Photovoltaik. "Wir möchten, dass kommunale Dächer von Schulen und Rathäusern verpflichtend mit PV-Anlagen bestückt werden." Ähnlich in der Landwirtschaft: Dort sollen Bäuerinnen und Bauern mithilfe von finanziellen Anreizen überzeugt werden, ihre Äcker selbst mit Anlagen zu bestücken. "Wir möchten den Menschen dabei helfen, sich selbst zu helfen."

Transparenzhinweis: Im Erstgespräch mit dieser Redaktion hat Torsten Goetz angegeben, als Mitarbeiter im Krankenhaus St. Josef tätig zu sein. Diese Angabe ist falsch. Wie die Klinik mitteilt, war der 37-Jährige zu keinem Zeitpunkt dort angestellt. Auf unsere Nachfrage hin hat Goetz die Angabe zurückgezogen und darum gebeten, den Fehler zu entschuldigen. Eigenen Angaben nach befindet sich Torsten Goetz derzeit in einem Beschäftigungsverhältnis, näher dazu äußern wollte er sich nicht.

Zur Person

Thorsten Goetz wurde am 26. Mai 1987 in Schweinfurt geboren. Aufgewachsen in Trappstadt, lebt der gelernte Kfz-Mechaniker heute wieder in der Wälzlagerstadt. Neben seinem Engagement beim Technischen Hilfswerk ist Goetz hin und wieder als Aushilfe in der kommunalen Jugendarbeit tätig. Politisch setzt sich der 37-Jährige unter anderem für eine bessere Gesundheitsversorgung, den Ausbau Erneuerbarer Energien und besseren Umweltschutz ein. In seiner Freizeit wirkt Thorsten Goetz beim Burgvolk von Königsberg mit, um dort sein historisches Interesse auszuleben.
Quelle: dink
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Kitzingen
Marcel Dinkel
Alternative für Deutschland
Bayernpartei
Bundestagswahl Schweinfurt und Kitzingen
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Demokratie
Landtagswahlen
Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt
Photovoltaik
Rettungssanitäter
Stadt Schweinfurt
Technisches Hilfswerk
Wahlen zum Deutschen Bundestag
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Manuela Weißmann
    Schade: als ich heute Morgen den Artikel gelesen habe, dachte ich mir noch „Respekt! Da engagiert sich jemand für seine Ideale, selbst wenn er keine guten Aussichten auf ein Amt hat!“, jetzt nach der Ergänzung („ Im Erstgespräch mit dieser Redaktion hat Torsten Goetz angegeben, als Mitarbeiter im Krankenhaus St. Josef tätig zu sein. Diese Angabe ist falsch. Laut der Klinik hat der 37-Jährige zu keinem Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis mit St. Josef gestanden. Auf unsere Nachfrage hin hat Goetz die Angabe zurückgezogen und darum gebeten, den Fehler zu entschuldigen. Bezüglich seines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses wollte er sich nicht weiter äußern“) finde ich, dass sich dieser Bewerber völlig ins Aus geschossen hat. Nicht nur, dass er behauptet einen Job gehabt zu haben, den er nie hatte, sondern auch noch zur aktuellen Beschäftigung zu schweigen, was soll man davon halten? Traurig…
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Irmgard Engert
    Schon spannened - dem bisherigen Glauben (ich gehe mal davon aus, einer der christlichen Konfessionen) "abgeschworen" - aber im St. Josefskrankenhaus arbeiten.
    Schon ein innerlicher Spagat!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Oliver Hesse
    Es arbeiten weitaus mehr konfessionslose bzw. Andersgläubige im Josefs als man meint - ist das schlimm? Sicherlich nicht! Und alle diese Leute scheinen mit dem "inneren Spagat" keine Probleme zu haben, denn Menschlichkeit, Fürsorge, Hilfsbereitschaft etc. sind alles Tugenden, die meines Wissens nicht von einer Konfession abhängig sind.

    Es ist allerdings richtig, dass nach AVR Richtlinien das Austreten aus der Kirche ein Kündigungsgrund ist - welcher aber kaum noch angewandt wird, da wohl jedem Arbeitgeber klar sein sollte, dass Qualität nicht von Konfession abhängig ist.

    M. Lerm
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Ein Anhänger einer Religion, welche die Gleichheit aller Menschen predigt braucht da sicher keinen innerlichen Spagat zu machen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Walter Stöckl-Manger
    "schwörte ... ab" ernsthaft jetzt?

    Warum machen eigentlich immer wieder Leute Zeitung, die schlicht kein Deutsch können?
    Man weiß es nicht.

    [(ab)schwören ist ein starkes Verb!]
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Zimmermann
    Vielen Dank für den Hinweis, wir haben den Fehler korrigiert.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten