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Schweinfurt
Trotz verschwundener Blutprobe: Ermittler blieben 45 Jahre an Verdächtigem im Mordfall Cornelia Hümpfer dran
45 Jahre nachdem eine 18-Jährige aus Dittelbrunn getötet wurde, wurde nun in den USA ein Verdächtiger festgenommen. Warum das so lange gedauert hat.
Die 18-jährige Cornelia Hümpfer wurde 1978 auf dem Weg nach Schweinfurt ermordet. 45 Jahre später wurde ein Tatverdächtiger festgenommen.
Foto: Polizei | Die 18-jährige Cornelia Hümpfer wurde 1978 auf dem Weg nach Schweinfurt ermordet. 45 Jahre später wurde ein Tatverdächtiger festgenommen.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:07 Uhr

Die Schweinfurter Mordermittler bekommen auch international viel Lob dafür, dass nun nach 45 Jahren wahrscheinlich der Mord an der 18-jährigen Cornelia Hümpfer aus Dittelbrunn (Lkr. Schweinfurt) geklärt wurde. Endlich reichen ihre Indizien, um Festnahme und Auslieferung des seit Jahrzehnten verdächtigen früheren US-Soldaten Tommy M. zu fordern. Inzwischen erfuhr die Redaktion weitere Details – auch, dass eine Panne am Ende um ein Haar den Erfolg verhindert hätte. 

Als die Ermittler 2016 die DNA von Tommy M. mit Spuren an der Kleidung des Opfers vergleichen wollten, war plötzlich die Blutprobe verschwunden, die sie seit Jahren von ihm hatten.

Fehlende Blutprobe und ein angebliches Geständnis unter Alkohol

Mit dem fehlenden Beweis verzögerte sich der Fall weiter. Dabei soll der Verdächtige bereits 20 Jahre zuvor gegenüber seiner dritten Ehefrau den Mord gestanden haben. Nach der Trennung schickte sie 1996 einen Brief an die Militärpolizei. Darin schrieb sie, dass ihr damaliger Mann ihr 1995 betrunken erzählt habe, dass die 18-Jährige aus dem Landkreis Schweinfurt 1978 behauptet habe, sie sei schwanger von ihm. Sie habe gedroht, das seiner Ehefrau zu erzählen. Da habe er Cornelia Hümpfer erstochen.

Von dem Brief hatten schon 2001 Schweinfurter Kripo-Beamte dieser Redaktion berichtet: Sie hätten 1995 aus den USA einen Hinweis erhalten, "dass ein ehemaliger US-Soldat seiner Frau gegenüber von einem Tötungsdelikt im Bereich Schweinfurt berichtet haben soll". Kriminalkommissar Friedel Heckenlauer sagte damals in Schweinfurt: "Da keimte bei uns Hoffnung."

Zwar habe sich der Tatverdacht konkretisiert. "Nachgewiesen werden konnte dem Verdächtigen trotz neuer Anhaltspunkte aber nichts", so der Kripobeamte damals. M. "bestritt bei einer Vernehmung die Tatbeteiligung und erklärte, sich nur aus Geltungssucht und unter Alkoholeinfluss der Tat bezichtigt zu haben".

Mordermittler gehen von einer Beziehungstat aus

Doch offenbar sagte die Ex-Frau des Verdächtigen damals die Wahrheit. "Die Ermittler gehen dem aktuellen Sachstand nach davon aus, dass der Festgenommene eine Beziehung mit der 18-Jährigen geführt hatte", erklären jetzt Polizeisprecher Enrico Ball und Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert in Schweinfurt auf Anfrage. 

Tatsächlich war der damals 24-jährige Tommy M. nach Informationen der Redaktion bereits fünf Tage nach dem Fund der Leiche von Cornelia Hümpfer im April 1978 vernommen worden. Eine Zeugin hatte die 18-Jährige in ein Auto steigen sehen, das wie seines aussah. Doch damals erklärte M., er habe ein Alibi: Er sei bei seiner Frau daheim gewesen. Die konnte sich aber an keine Details erinnern.

2020 musste der Verdächtige eine neue Blutprobe abgeben

40 Jahr später waren ihm die Schweinfurter Ermittler noch immer auf den Fersen – und ließen sich auch von einer verschwundenen Blutprobe nicht entmutigen. Es dauerte weitere vier Jahre bis es eine neue Blutprobe gab: Im  Oktober 2020 standen FBI-Ermittler mit einem Gerichtsbeschluss bei M. vor der Tür und holten sich eine neue Blutprobe zum Vergleichen.

Die moderne Wissenschaft mit ihren verfeinerten Methoden brachte dann entscheidende Ergebnisse: Es sei "sehr wahrscheinlich, dass beim Opfer und M. mindestens fünf DNA-Spurenproben übereinstimmen", zitiert US-Staatsanwalt Daniel Packard bei der Anhörung des Verdächtigen jetzt aus den Akten der unterfränkischen Ermittler. "Außerdem fand der forensische Wissenschaftler des bayerischen Landeskriminalamtes auf den Strümpfen des Opfers männerspezifische DNA, die mit M.'s DNA übereinstimmte."

Am 21. Juni standen US-Ermittler mit einem Haftbefehl vor Tommy M.'s Haus

Das war der Durchbruch: Mit einem Haftbefehl aus Schweinfurt erschienen am 21. Juni US-Ermittler an M.'s Haus in Gering im US-Bundesstaat Nebraska. "Wir sahen ihn auf der Couch sitzen", sagte US-Marshall Tanner Hippen vor einigen Tagen bei der Anhörung vor Gericht. M. und seine Frau seien sehr überrascht gewesen, sagte Hippen laut US-Medien, die mit großem Interesse über den Fall berichten.

Offenbar gehen die US-Justizbehörden davon aus, dass M. in Schweinfurt wegen des Mordes an Cornelia Hümpfer der Prozess gemacht wird. Genaueres regelt das Streitkräfte-Aufenthaltsgesetz von 1995. Danach sollen Verbündete dabei mitwirken, dass sich Mitglieder ihrer Streitkräfte dem Strafverfahren stellen, "die verdächtigt werden, während des Aufenthalts auf deutschem Hoheitsgebiet eine Straftat begangen zu haben". 

 
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