Der Frust sitzt tief bei Ute Pawlik. Für sie und viele andere Mitbürgerinnen und Mitbürger des kleinen Örtchens Zell im Landkreis Schweinfurt liefen die letzten Wochen alles andere als entspannt. Der Grund: weiträumige Internetausfälle im Gemeindegebiet Üchtelhausen sorgten dafür, dass das Dorf wiederholt ungewollt offline war – und das für fast zwei Wochen.
Ein Wasserschaden bei der Fernleitung an der Staatsstraße 2280 auf der Strecke zwischen Üchtelhausen und Thomashof hatte für einen Kurzschluss in einem Verteilerkasten gesorgt. Das bestätigt Johannes Grebner, Bürgermeister der Gemeinde Üchtelhausen auf Nachfrage dieser Redaktion.
Ihm zufolge ist das Regenwasser aus der Flur durch die beschädigte Außenhülle des Kabels in die Leitung gelangt. Zuvor hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass ein umgefahrener Hauptverteilerkasten der Grund für den Ausfall war. Das sei jedoch nicht der Auslöser gewesen, erläutert Grebner.
Kein Internet, kein Telefon, keine Mails – nichts ging mehr
Kein Internet, kein Telefon, keine Mails – plötzlich ging nichts mehr, beklagt Ute Pawlik im Gespräch mit dieser Redaktion vor Weihnachten. "Vorletzte Woche war das Internet tagelang weg", erzählt sie uns. Die Diplomdesignerin aus Zell leitet zusammen mit zwei Kolleginnen eine Onlinedruckerei in Marktbreit. Wie viele andere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Dorf arbeitet sie, wie auch vor der Pandemie, viel von Zuhause aus. So lange Ausfälle wie in diesem Monat habe sie während der vergangenen 20 Jahre aber noch nicht erlebt.
Im Homeoffice stellen die andauernden Internetausfälle keineswegs eine Lappalie dar. Erst recht nicht jetzt. "Gerade läuft das Vorweihnachtsgeschäft, und es geht heiß her", erklärt Pawlik. Während der Ausfälle konnte sie viele Aufgaben im Betrieb nicht selbst erledigen. Mails mussten von Kolleginnen bearbeitet, Aufgaben anders verteilt werden. "Ich geh davon aus, dass uns das Umsatz gekostet hat", sagt sie. Immerhin konnte sie während des Ausfalls ihr privates Smartphone nutzen, so Pawlik.
Zell liegt in einem Funkloch
Andere im Ort treffen die Internetausfälle härter. Pawliks Mann zum Beispiel. Dieser darf sich, wenn das Internet wieder mal nicht funktioniert, zum Telefonieren mit dem Auto außerhalb von Zell auf Empfangssuche begeben. Denn wer im Ort wohne und keinen Handyvertrag bei O2 abgeschlossen habe, sei de facto empfangslos, sagt seine Frau. "O2 ist das einzige, was funktioniert in Zell." Alternativen wie Hotspots oder die mobilen Daten, auf die viele während eines Internetausfalls im Festnetz ausweichen, funktionieren demnach in Zell nicht. Erst recht nicht, wenn man unten im Tal wohnt.
An bis zu zehn Tagen soll es zu Ausfällen im Gemeindegebiet in den vergangenen Wochen gekommen sein, rechnen andere Zellerinnen und Zeller in Gesprächen mit dieser Redaktion vor. Ein Blick auf die interaktive Karteder Bundesnetzagentur über die Netzabdeckung bestätigt, dass Nutzerinnen und Nutzer von Telekom oder Vodafone in Zell kaum eine Chance auf Empfang haben. Die Karte zeigt, welche Netzabdeckung im ausgewählten Gebiet vorherrscht und welcher Mobilfunk-Standard von welchem Anbieter erfüllt wird.
Bürgermeister Johannes Grebner weiß um die Problematik mit dem schlechten Mobilfunk und den Internetausfällen der letzten Wochen. Zwar sei er als Zeller nicht persönlich von den Ausfällen betroffen gewesen, aber "man spürt den Ärger." Auch Bewohnerinnen und Bewohner der Orte Üchtelhausen und Hesselbach klagten über einen längeren Internetausfall. "Zell war jedoch am stärksten betroffen", erläutert Grebner.
Reparaturen erst im nächsten Jahr
Zahlreiche Beschwerden seien im Rathaus eingegangen, sagt Grebner. Darin warfen manche der Gemeinde vor, zu wenig gegen die Störungen und für den Mobilfunkausbau zu unternehmen. Derartige Vorwürfe weist Grebner aber zurück. "Als ich von den Ausfällen erfuhr, habe ich Kabel Deutschland umgehend kontaktiert." Der Verwaltung seien in Sachen Mobilfunk und Internetausfällen aber oft die Hände gebunden.
Was den schlechten Empfang betrifft, versuche man zudem Anreize für die Anbieter und Alternativen zu schaffen. Derzeit arbeite man in Zell an einem kostenlosen Internetzugang auf dem Dorfplatz, ähnlich wie bei den Hotspots in Hesselbach und Üchtelhausen. Der Zugang soll im Frühjahr fertiggestellt sein, so Grebner.
Derzeit werden außerdem zwei Sendemasten auf der Madenhäuser Höhe und im Üchtelhäuser Forst gebaut. Letzterer sollte eigentlich schon aufgestellt sein und ein zusätzliches Mobilfunknetz für Kundinnen und Kunden von O2 und Telekom in Zell zur Verfügung stellen. "Aufgrund fehlender Halbleiter und dem Stahlmasten verzögere sich der Bau allerdings bis März 2022, so Grebner.
Vodafone reagiert nicht auf Anfrage
Viele Bürgerinnen und Bürger beklagen Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Vodafone. Eine Projektmanagerin, die derzeit im Homeoffice in Zell für eine Firma aus Schweinfurt arbeitet und ihren Namen nicht nennen will, sei von ihrem Anbieter "im Regen stehen gelassen und unfreundlich abgewimmelt worden." Andere wiederum berichten von einem freundlicheren Umgang und der Erstattung von Gebühren durch Vodafone.
Ute Pawlik zeigt sich ebenfalls genervt vom Unternehmen und dessen Umgang mit dem Problem. "Das Schlimme ist, dass der Anbieter stur ist, einem nichts erzählt und überhaupt keine Perspektive gibt, wann Störungen behoben werden können", sagt sie. Ihren Vertrag mit Vodafone habe sie unter anderem deshalb inzwischen per Einschreiben gekündigt.
Für viele ist der Wechsel des Anbieters allerdings keine Option, da die Infrastruktur dies nicht für jeden Haushalt problemlos ermöglicht. Bürgermeister und Betroffene hoffen nun, dass sie von weiteren Ausfällen über die kommenden Wochen verschont bleiben. Derzeit haben alle wieder einen stabilen Internetzugang in Zell. "Solange es funktioniert, können wir damit gut leben", sagt Grebner.
Vodafone hat auf die Anfrage dieser Redaktion zu den Ausfällen leider nicht geantwortet.