
Mit gespanntem Blick schauen die Schülerinnen und Schüler nach vorne ans Pult. In wenigen Minuten soll dort die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner sprechen. Hoher Besuch in den Walther-Rathenau-Schulen in Schweinfurt an diesem Vormittag. An anderen Tagen wird hier dröger Stoff durchgepaukt, jetzt steht etwas anderes auf dem Stundenplan der Zehntklässler: Die CSU-Politikerin Ilse Aigner hält ihre Demokratiestunde ab.
Unter dem Motto "Schule trifft Landtag" tauscht sich Landtagspräsidentin zum Thema Demokratie mit Schülerinnen und Schülern in ganz Bayern aus. Das Projekt begann im Juni 2024, Schweinfurt ist die sechste Station auf Aigners Tour durch Mittelschulen, Realschulen und Gymnasium. Im Vordergrund der Runde mit der 60-jährigen Politikerin sollen die Erwartungen und Fragen der Schülerinnen und Schüler zur Demokratie stehen.
Die Jugend ist heute kritischer zur Demokratie eingestellt, sagt Landtagspräsidentin
"Großer Bahnhof" also in Schweinfurt, die Landtagspräsidentin betritt mit ihrer Entourage die Schulhalle. Die Jugend interessiere sich viel mehr für die Politik als es ihr Ruf sei, sagt Aigner. Migration, Sicherheit und der Zustand der Gesellschaft, das beschäftige viele junge Menschen in Deutschland. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der Nahost-Konflikt oder der Sieg Donald Trumps in den USA - all das werde auch in der Schule besprochen. Allerdings, so ist Aigners Eindruck, stehe die Jugend heute viel kritischer zur Demokratie als die Generationen vor ihnen.
Aigner warnt Schülerinnen und Schüler vor Fake News in den Sozialen Medien
Sie mache sich Sorgen, um die demokratische Kultur in Deutschland, meint Aigner. Der Ton sei "in den sogenannten Sozialen Medien" schärfer geworden. Auf der beliebtesten Plattform der Jugend, TikTok, sei sie selbst nicht, gesteht sie vor den fünf Klassen aus Realschule und Gymnasium. Aber sie warnt die Schülerinnen und Schüler vor Fake-News, vor Manipulation und Emotionalisierung auf der Plattform.

Nachdem die Landtagspräsidentin erläutert hat, weshalb Demokratie die beste Regierungsform ist, sind die 120 jungen Leute an der Reihe. Die Zehntklässler hatten vor der Demokratie-Stunde überlegen sollen, was für sie selbst Demokratie bedeutet. "Dass man als Mensch in seinem Land mitbestimmen kann, auch wenn man noch nicht wählen darf", sagt Schülerin Rawan Khaled.

Auch für Julian Bier ist Demokratie keine Selbstverständlichkeit: "Demokratie ist für mich die Möglichkeit, dass sich die Bevölkerung aktiv an der politischen Debatte beteiligen und jeder einzelne Bürger aktiv auch an seinen persönlichen Lebensbedingungen mitbestimmen kann."
Schüler-Wünsche: Mitbestimmung, weniger Diskriminierung, mehr politische Bildung
Doch der Schüler fordert auch etwas von der Demokratie ein: "Allerdings wünsche ich mir von meiner Demokratie, dass das Maß an politischer Bildung ausreichend ist, damit auch wirklich jeder Schüler qualifizierte Antworten geben kann, wie zum Beispiel bei Wahlen", sagt Julian Bier.
Er kritisiert, dass er erst seit der zehnten Klasse Politik- und Gesellschaftsunterricht erhalte und dies auch nur zwei Schulstunden in der Woche. Dies sei ihm persönlich zu spät und viel zu wenig, sagt Julian Bier Richtung Landtagspräsidentin. Ihm sei gesagt worden, die Demokratie lebe von der Debatte - aber ist da überhaupt Zeit dafür, wenn im Unterricht nur der Unterrichtsstoff durchgezogen werde?

Für Jonas Bauer bedeutet Demokratie, "dass es Wahlen gibt und diese demokratisch ablaufen und eigentlich alle Entscheidungen zu Gunsten der Mehrheit entschieden werden und aber dadurch heftig diskutiert wird und dass es politische Auseinandersetzungen gibt".
Ins Gespräch zu kommen ist das Ziel von Aigners Demokratie-Tour durch bayerische Schulen. In Schweinfurt gelingt dies. Die Schülerinnen und Schüler, die ans Mikrofon treten, wünschen sich, dass die Parteien in Deutschland zusammenarbeiten und es weniger Streit untereinander gebe. Und dass jeder mehr aus seinem Leben machen kann. Und einige wünschen sich, dass Minderheiten nicht aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion diskriminiert werden.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner hört den Jugendlichen aufmerksam zu - und antwortet. Sie weicht keiner Frage aus. Wie sie zum Nahost-Konflikt stehe? Für sie sei das Existenzrecht Israels nicht verhandelbar, sagt die 60-Jährige. Man dürfe aber das Handeln der israelischen Regierung kritisieren: "Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe."

"Was bringen eigentlich unangekündigte Exen?", fragt ein Jugendlicher am Ende dieser besonderen Schulstunde. Was sagt Aigner zu diesem ungeliebten Ärgernis der Schülerinnen und Schüler? Die CSU-Politikerin antwortet schmunzelnd: "Ich habe es auch überlebt und habe keinen seelischen Schaden fürs Leben mitbekommen."
Denn auf die Frage hat sie nicht geantwortet.
Da werden sich die Schüler sicherlich alle ernst genommen fühlen, wenn sie so behandelt werden.