Wer zu den Stadtwerken Schweinfurt wechseln möchte oder muss, weil ihm sein bisheriger Stromanbieter gekündigt hat, landet zwangsläufig in der teuersten Preiskategorie: der Grund- und Ersatzversorgung. Es ist das Basisangebot, das Stromversorger machen, sozusagen, damit bei keinem das Licht ausgeht. Vorteil: Vertragslaufzeiten gibt es nicht, ein Wechsel ist jederzeit möglich. Nachteil: der Preis.
Der wurde in diesem Jahr schon angezogen – auf 51,29 Cent pro Kilowattstunde und einen Grundpreis von 111,63 Euro pro Jahr (brutto) in der Grund- und Ersatzversorgung. Zum 1. März ist er nochmals gestiegen, auf 63,19 Cent pro Kilowattstunde; der Grundpreis blieb gleich. Ein satter Sprung.
2021 lag der Grund- und Ersatzversorgungstarif bei den Stadtwerken Schweinfurt noch bei 33,70 Cent pro Kilowattstunde und einem Grundpreis von 111,63 pro Jahr (brutto). Bestandskunden aus der Grund- und Ersatzversorgung konnten damals in einen Sondertarif wechseln, sagt Pressesprecher Dirk Wapki. Diese Kunden zahlten dann 30,92 Cent pro Kilowattstunde und einen Grundpreis von 107,96.
Wer jetzt als Neukunde zu den Stadtwerken kommt, hat diesen Vorteil nicht. Denn: Aktuell könnten die Stadtwerke Schweinfurt Neukunden "bedauerlicherweise" kein "attraktives Tarifangebot" unterbreiten, bestätigt der Pressesprecher die Information auf der Homepage der Stadtwerke. Bitter ist das für alle, die jetzt wechseln müssen oder gewechselt haben. Zum Beispiel die 700 Kundinnen und Kunden, die im Januar zwangsweise zu den Stadtwerken kamen, als ihnen Billiganbieter die Verträge gekündigt hatten. 30 Prozent von ihnen sind heute noch bei den Stadtwerken, sagt Wapki. Und auch sie treffen die Preiserhöhungen.
Der Grund des Problems liegt auch in der Preisexplosion am Strommarkt
Was aber ist der Grund dafür, dass die Stadtwerke auf der einen Seite die Grund- und Ersatzversorgung immer teurer machen und auf der anderen Neukunden aktuell keine alternativen Tarife anbieten können? Wapki verweist auf die Lage am Strommarkt. Die Beschaffungspreise seien nicht nur sprunghaft, sondern auch stark gestiegen – in 2021 um bis zu 330 Prozent, erklärt der Pressesprecher.
Einfach gesagt: Wer jetzt mehr zukaufen muss, weil neue Kunden dazu gekommen sind, zahlt höhere Preise als die, die bereits ausgehandelt waren. Es geht um "vorausschauende Beschaffungsstrategie". Die zahlt sich laut Wapki für die Bestandskunden der Stadtwerke aus. Für sie könnten die Strompreise in 2022 stabil gehalten werden. Heißt: keine Preiserhöhungen in anderen Tarifen.
Perspektiven gibt es laut Unternehmen aber auch für Neukundinnen und Neukunden. Man entwickle aktuell neue Produkte, die man in Kürze vorstellen wolle. Solange müssen sich die mit den hohen Preisen in der Grund-und Ersatzversorgung abfinden. Oder den Stromanbieter wechseln.
Warum schneiden die Stadtwerke Schweinfurt auf Vergleichsportalen so schlecht ab?
Allerdings: Wer auf Vergleichsportalen schaut, bekommt häufig den teuren Grund- und Ersatzversorgungstarif der Stadtwerke mit anderen, eigentlich nicht vergleichbaren Tarifen anderer Anbieter gegenübergestellt. Eingerechnet ist dabei schon die Preiserhöhung der Stadtwerke Schweinfurt ab März, sagt Wapki. So kommt es, dass die Stadtwerke sogar im Vergleich mit einem reinen Ökostromanbieter schlechter abschneiden. Verglichen würden dabei aber unterschiedliche Tarife, erklärt der Pressesprecher: Einmal der Preis der Grund- und Ersatzversorgung, aus der man jederzeit wechseln könne, mit einem Tarif mit fester Vertragslaufzeit.
Auch die ÜZ Mainfranken kann Neukundinnen und Neukunden keine Stromtarife anbieten
Das Problem für Neukunden ist keines, das nur die Stadtwerke Schweinfurt betrifft, wie die Recherche zeigt. Auch die Überlandzentrale (ÜZ) Mainfranken kann Neukunden und Neukundinnen aktuell keinen Tarifwechsel aus der Grund- und Ersatzversorgung anbieten, bestätigt Pressesprecherin Eva Gerhart. Auch sie erklärt das mit der extremen Preissteigerung am Markt. Man arbeite aktuell "unter Hochdruck an einem neuen, attraktiven Tarif", gehe davon aus, diesen in den nächsten Wochen anbieten zu können. Aktuell verlangt die ÜZ 60,96 Cent Brutto in der Grund- und Ersatzversorgung; auch er wurde "dem aktuellen Preisniveau angepasst".
Mit dem Problem ist die Region nicht allein. "Viele Energielieferanten haben ihr Tarifangebot bereits seit einigen Wochen vorübergehend reduziert oder ganz ausgesetzt. Der Grund ist meist der selbe: Je kurzfristiger der Strom an der Börse eingekauft werden muss, desto abhängiger ist man in der Beschaffung von der aktuellen Kursentwicklung", so die Pressesprecherin. Kundinnen und Kunden, die nun aufgrund von Insolvenzen oder außerordentlichen Kündigungen in die Ersatzversorgung fallen würden, hätten vom zuständigen Grundversorger vorher nicht eingeplant werden können.
Günstig weg kommen nur diejenigen, die Vertrag mit längerer Laufzeit haben
"Das heißt, der zusätzlich benötigte Strom muss von heute auf morgen kurzfristig eingekauft werden – und das zum aktuellen, ungewöhnlich hohen Börsenpreis", sagt Gerhart. Günstig weg kommt, wer einen längerfristigen Vertrag hat. "Für rund 70 Prozent unserer Stromkunden, die einen ÜZ-Natur-Vertrag mit einer Energiepreisgarantie von zwei Jahren abgeschlossen haben, wurde der Strom aufgrund der gesunkenen EEG-Umlage für das Jahr 2022 sogar günstiger", so die Pressesprecherin. In Tarifen mit kürzer Vertragsbindung sei der Strom zum Jahreswechsel allerdings zwischen 10 und 15 Prozent teurer geworden.