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Gerolzhofen
Steigerwaldbahn: Jetzt müssen die Kreistage reagieren
Die Regierung von Mittelfranken hat genug von der Hängepartie bei der möglichen Reaktivierung der Steigerwaldbahn. Sie will von den Kreistagen eine eindeutige Entscheidung.
In den kommenden Tagen wird in den Kreistagen von Kitzingen und Schweinfurt wieder über Strecke der Steigerwaldbahn diskutiert. Im Bild die Trasse bei Wiesentheid.
Foto: Dominik Berthel | In den kommenden Tagen wird in den Kreistagen von Kitzingen und Schweinfurt wieder über Strecke der Steigerwaldbahn diskutiert. Im Bild die Trasse bei Wiesentheid.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:06 Uhr

Unabhängig von den bereits begonnenen Abbauarbeiten auf der alten Eisenbahntrasse bei Kitzingen wird die übrige Bahnstrecke zwischen Großlangheim und Sennfeld in den kommenden Tagen wieder in den Mittelpunkt der politischen Diskussion rücken, nachdem in den vergangenen Wochen bei diesem Thema relative Ruhe geherrscht hatte. Die Regierung von Mittelfranken hat nun die Landkreise Kitzingen und Schweinfurt schriftlich aufgefordert, den Reaktivierungsprozess für die stillgelegte Bahnstrecke endlich anzustoßen, falls dies von den Landkreisen tatsächlich so gewünscht wird.

Die derzeitige Situation kurz zusammengefasst: Alle Anrainergemeinden entlang der Strecke (außer Gerolzhofen) haben Anträge auf Entwidmung des Bahngrundstücks auf ihren Gemarkungen gestellt. Nach der Veröffentlichung dieser Anträge im Bundesanzeiger hatten die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen in ihrer Eigenschaft als Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bis zum 30. Juni 2019 Zeit, Argumente vorzubringen, die gegen die beantragte Entwidmung sprechen könnten. Nach Paragraf 23 AEG (Allgemeines Eisenbahngesetz) wäre ein "Verkehrsbedürfnis" seitens der Landkreise ein wichtiger Hinderungsgrund für eine Entwidmung. Der Kreistag Schweinfurt hat im Sommer in seinem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss aber kein "Verkehrsbedürfnis", sondern nur ein "langfristiges Verkehrsinteresse" für die Bahntrasse geltend gemacht. Ähnlich hatte sich auch der Kreistag Kitzingen geäußert.

Die Regierung von Mittelfranken hatte daraufhin mitgeteilt, da die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen angezeigt hätten, den Prozess zur Reaktivierung der Bahnstrecke anstoßen zu wollen, werde die Regierung mit ihrer endgültigen Entscheidung dann eben bis zum Abschluss des Reaktivierungsverfahrens zuwarten -  "sofern dieses kontinuierlich betrieben wird".

Hinweise des Ministers

Die beiden wohlwollenden Kreistagsbeschlüsse reichten in München aber nicht aus, um tatsächlich in das Prüfverfahren für eine mögliche Reaktivierung der Strecke einzusteigen. Mehrfach wurde darauf hingewiesen. Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart beispielsweise hatte bereits im Juni bei einer Debatte im Landtag kritisiert, dass "eindeutige Beschlüsse" der beiden Landkreise fehlen. Am 30. September bei einer Info-Veranstaltung der CSU in Grettstadt betonte dann auch Ministerialrat Stefan Schell, im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr als Referatsleiter zuständig für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs, dass sich die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen noch immer nicht konkret genug geäußert hätten. Auch Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) wies, nachdem die Bahntrasse verkauft worden war, mehrfach darauf hin, nicht die CSU, sondern die beiden Landkreise seien die eigentlichen Verzögerer des Prozesses. Eck musste für diese Behauptung massive Kritik und Polemik der Bahnbefürworter einstecken. 

Während man also entlang der stillgelegten Strecke auf eine Entscheidung der Regierung von Mittelfranken wartete, wartete die Bezirksregierung in Ansbach ihrerseits auf Signale der beiden Landkreise, dass konkrete Schritte zu einer Reaktivierung unternommen werden sollen. Eine Hängepartie. Nicht zuletzt stand auch eine mögliche Untätigkeitsklage des neuen Eigentümers der Bahntrasse im Raum, der irgendwann auch mal wissen möchte, wie es nun weitergeht.

Die Strecke der Steigerwaldbahn von Kitzingen-Etwashausen bis nach Schweinfurt: Zwischen Großlangheim und Etwashausen werden die Gleise schon entfernt. 
Foto: Grafik Jutta Glöckner | Die Strecke der Steigerwaldbahn von Kitzingen-Etwashausen bis nach Schweinfurt: Zwischen Großlangheim und Etwashausen werden die Gleise schon entfernt. 

Bei der Versammlung in Grettstadt am 30. September hatte Staatssekretär Eck schließlich angekündigt, er werde Kontakt mit der Regierung von Mittelfranken aufnehmen und dort anregen, dass die Regierung die beiden Landkreise endlich zu einer verbindlichen, wie auch immer gearteten Aussage zur Zukunft der Bahnstrecke bringt. 

Briefe der Regierung

Dies ist jetzt offenbar geschehen. Die Regierung von Mittelfranken hat sich an die Landratsämter in Schweinfurt und Kitzingen gewandt. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2019 schreibt die Behörde, es sei zu konstatieren, dass der Reaktivierungsprozess für die Steigerwaldbahn noch nicht angestoßen wurde – mangels Beschlüsse der beide Kreistage. Als Klarstellung ist dem Brief eine Stellungnahme des Bayerischen Verkehrsministeriums beigefügt, wo definiert wird, was einzig und alleine für den "Anstoß zur Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Reaktivierung" notwendig ist. Es ist "die vorbehaltlose Anerkennung der vier Reaktivierungskriterien des Freistaats". 

Diese vier Reaktivierungskriterien sind: 1. Eine vom Freistaat anerkannte Fahrgastprognose mit mindestens 1000 Reisendenkilometern pro Werktag; 2. Die Infrastruktur der Strecke wird ohne (!) Zuschuss des Freistaats in einen Zustand versetzt, der einen attraktiven Zugverkehr ermöglicht; 3. Ein Eisenbahnunternehmen betreibt die Strecke dauerhaft zu einem Preis, der nicht teurer ist als die Deutsche Bahn; 4. Die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen verpflichten sich vorab vertraglich, ein mit dem Freistaat abgestimmtes Buskonzept im Bereich der Eisenbahnstrecke umzusetzen, das insbesondere keinen parallelen Busverkehr neben der Schiene mehr zulässt (konkret müsste die Buslinie 8160 gestrichen werden).

Unmissverständliche Wortwahl

In ihrem Schreiben macht die Regierung von Mittelfranken unmissverständlich Druck und setzt den beiden Landratsämtern sogar eine Frist. In dem der Redaktion vorliegenden Brief an das Landratsamt Kitzingen heißt es wörtlich: "Daher erwarten wird eine Gremienentscheidung zur Frage der Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Reaktivierung mit der damit verbundenen vorbehaltlosen Anerkennung der Reaktivierungskriterien des Freistaates Bayern in der nächsten Kreistagssitzung, die nach unserer Kenntnis für den 9. Dezember 2019 angesetzt ist." 

Das Landratsamt Kitzingen hat reagiert und das Thema Steigerwaldbahn tatsächlich auf die Tagesordnung der Kreistag-Sitzung vom 9. Dezember genommen. Die Verwaltung hat auch bereits einen Beschlussvorschlag vorformuliert: "Der Kreistag beschließt die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Reaktivierung der Bahnstrecke (...) mit der damit verbundenen vorbehaltlosen Anerkennung der vier Reaktivierungskriterien des Freistaats Bayern".

Auch das Landratsamt Schweinfurt will nun einen entsprechenden Beschluss in die Wege leiten. Hier soll sich der Kreistag in seiner Sitzung am 12. Dezember ebenfalls mit dem Thema befassen. Der Beschlussvorschlag ist noch nicht bekannt, dürfte aber ähnlich ausfallen wie in Kitzingen. 

Breite Zustimmung erwartet

Sowohl im Kreistag Kitzingen, als auch im Kreistag in Schweinfurt wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet. Aus CSU-Kreisen ist zu erfahren, dass man die notwendigen Beschlüsse selbstverständlich mittragen werde, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen und eine belastbare Diskussionsgrundlage zu haben. Gleichwohl geht die CSU in beiden Landkreisen davon aus, dass die Fahrgastprognose für die Strecke wohl zu gering ausfallen wird und dass zweitens sich kein privates Eisenbahnunternehmen finden wird, dass auf eigene Kosten und ohne staatlichen Zuschuss die schon lange brach liegende Strecke der Steigerwaldbahn mit einem Millionenaufwand ertüchtigt – bei einer nur sehr geringen Aussicht, die investierten Kosten jemals wieder hereinzubringen. 

Lesen Sie morgen: Darum kam es zu der Hängepartie. Die Landkreise ließen erst prüfen, ob für sie eine vorbehaltlose Pflicht zur Kostenübernahme der Bahn-Reaktivierung besteht.

 
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  • I. E.
    ÖPNV hat sehr viel mit der Bahn zu tun!
    Der Bus braucht z.B. doppelt so lange von GEO nach SW, wie eine eventuelle Bahn. Und es ist nun mal aus zahlreichen Beispielen, Untersuchungen ganz praktisch erwiesen: Wenn ich jemanden zum Umsteigen auf den ÖPNV bringen will, muss das auch zeitlich einen Vorteil bringen. Der Bus tut das nicht!
    Eine ordentliche Bahnverbindung als Achse SW-GEO(-KT) - mit einem gut vertakteten Zubringer-Busverkehr, DAS und NICHTS ANDERES hat sich vielerorts als Zugpferd und Anreiz erwiesen, dass Menschen umgestiegen sind vom Privat-PKW auf die Öffentlichen!
    Und der Satz: "Selbst in den Großstädten ist der überwiegende ÖPNV auf Busse angewiesen"- ist schlichtweg FALSCH!
    Schauen Sie sich doch mal die Zahlen des MVV in München an.
    Dort werden im Jahr 545 Millionen Passagiere befördert. Auf die U-Bahn und die S-Bahn (also die BAHN!!!) entfallen davon 410 Millionen - auf die Busse gerade mal 135 Millionen (also 70% Bahn - und 30% Bus!) Bitte nichts durcheinander bringen
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  • H. B.
    Unabhängig ideologischen Geplänkel. In naher Zukunft wird es für Kleinstädte wie Gerolzhofen, Prichsenstadt usw ein gravierender Standortnachteil sein, wenn kein Bahnanschluss vorhanden ist. Ich kenne Menschen, die gezielt in Kommunen mit Bahnhof bauen. Und das sind keine Grünen.
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  • H. E.
    Quatsch! Die bauen da wo es Bauland gibt!
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  • R. S.
    Ihre Logik ist verblüffend. In Platz, Geroda, Schildeck und Gefäll (Hochrhön) gibt es billiges Bauland. Und warum baut da niemand?
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  • A. F.
    Die merken dann schon irgendwann das Sie aufs falsche Pferd gesetzt haben.
    Ich weiss von was ich rede kann hier 25 Jahre rückwärts blicken.
    Wohne selber in einer Gemeinde mit Bahnanschluss, habe viele Bekannte die nur wegen dem Bauplatzpreis in kleineren Dörfer gebaut haben. Die meisten haben es bereut. Keine Geschäfte kein Arzt die Kinder für die schule nur schlechte Busverbindungen.
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  • I. E.
    Bauland gibt's inzwischen überall!
    Und dann überlegt man sich halt, wo hab ich die günstigsten Bedingungen.
    Das war jahrelang die Frage: Was für Internet habt ihr im Ort? Und in den Orten, wo es da nichts Ordentliches gab, ist über Jahre nichts oder so gut wie nichts gebaut worden!
    Und genauso sind auch Anschlüsse an den ÖPNV ein Standortfaktor, und zwar einer, der in Zukunft massiv wichtiger werden wird!
    Haben Sie die Nachricht heute mitbekommen: Das Umweltbundesamt fordert, dass Diesel PRO LITER um 0,70€ teurer werden soll! Bei einem Tank mit 50 Liter Fassungsvermögen sind das 35 Euro pro Tanken mehr!
    Da schreit dann jeder nach einer ordentlichen ÖPNV-Verbindung (die Möglichkeit dazu wird uns in der Region gerade radikal kaputt gemacht)
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  • H. M.
    Was hat ÖPNV mit der Bahn zu tun?

    Selbst in den Großstädten ist der überwiegende ÖPNV auf Busse angewiesen.

    Also, Bahnstrecken zwischen München und Berlin und Busse zwischen Boxtehute und Löffelsterz.

    Gruß
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  • J. M.
    Am besten direkt an die Bahnlinie mit eigener Haltestelle.
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  • H. E.
    Was tot ist soll tot bleiben!
    Auch unter den Pseudodiskussionen wird es niemals einen nur annähernd wirtschaftlichen Betrieb geben!
    Da helfen auch keine Parolen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes!
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  • M. S.
    Der Logik nach müsste man sehr viel Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen sofort stilllegen.
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  • I. E.
    Es hat ja auch lange genug gedauert, bis die Politik auf diesen Trick gekommen ist - "wir haben ja nix dagegen, aber es will ja keiner!"
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  • M. B.
    Das ist aus meiner Sicht eine politische Glanzleistung. Am Ende kannst du niemanden dafür verantwortlich machen. Weder Gemeinde-, Kreis-, Landes-, oder Bundespolitik. Niemand hat die Absicht die Steigerwaldbahn zu deaktivieren. Einfach fantastisch wie Politik funktioniert.
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  • F. K.
    Es hatte ja auch niemand die Absicht, eine Mauer zu bauen 🙄
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