Der Streit um die Stadttauben in Schweinfurt ist wieder auf der Agenda. Der Grund: Die Stadt hat Mitte vergangener Woche offenbar die Sondererlaubnis zum Füttern der Tauben während der Corona-Pandemie durch die Taubenhilfe "White Angels" widerrufen. Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) und einige Bürger sind darüber entsetzt. In seiner Sitzung am Dienstag, 14. Dezember, wird sich der Hauptausschuss mit dem Thema beschäftigen.
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Frage, ob die Stadt eine Ausnahme vom grundsätzlichen Fütterungsverbot in der Innenstadt machen soll oder nicht, immer wieder Thema in Ausschüssen und im Stadtrat. Zuletzt wurde der Taubenhilfe eine Fütterung an einem bestimmten Punkt in der Stadt gewährt. Außerdem ist die Stadt nach wie vor auf der Suche nach Standorten für betreute Taubenschläge in der Innenstadt.
Bereits am Donnerstag, 9. Dezember, hatte Ulrike Schneider ihren Eilantrag im Bau- und Umweltausschuss eingereicht. Dort wurde von der Verwaltung allerdings abgelehnt, den Antrag zu behandeln und auf den Hauptausschuss am 14. Dezember verwiesen, der dafür zuständig sei. Zu der Frage, warum die Fütterungs-Erlaubnis widerrufen wurde, äußerte sich die Verwaltung in der Sitzung nicht.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) sah auch keine Eilbedürftigkeit. Die Befürchtung Schneiders, die Tauben würden nun mangels Futter sterben, kommentierte er mit der Frage, ob sie fürchte, die Vögel fielen vom Himmel. Er sei sich sicher, so der OB, dass die Tauben "sich durchschlagen" werden und außerhalb der Stadt genügend Futter fänden.
Schneider fordert in ihrem Antrag, die Stadt solle "eine kontrollierte, artgerechte und regelmäßige Fütterung der Stadttauben zulassen und das Fütterungsverbot aufheben, bis ein betreuter Taubenschlag nach Vorbild des Augsburger Modells eingerichtet ist."
Sie ist entsetzt über die Haltung des Oberbürgermeisters den Tieren gegenüber. Die Corona-Pandemie beeinflusse nicht nur das Leben der Menschen, sondern auch das der Tierwelt, mit weitreichenden Folgen. Da die Innenstädte zumeist leer seien, Weihnachtsmärkte abgesagt und die Gastronomie deutlich geringer besucht, fänden die Tauben in den Straßen nicht genug zu fressen. Aus Schneiders Sicht ist "nicht zu verstehen, dass die Fütterungserlaubnis entzogen wurde"
Den indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi zitierend, erklärt Schneider: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“ Die Stadt gebe hier ein "erbärmliches Bild ab". Und das, obwohl es genügend Experten gebe, die eindeutige Empfehlungen für die Fütterung aussprechen. Insbesondere, weil aus deren Sicht Tauben keine Wildtiere, sondern verwilderte Haustiere seien.
Ein von Schneider kontaktierter Mitarbeiter des Landestierschutzbeauftragten in Berlin kritisiert die Entscheidung der Stadt. Aus dessen Sicht handelt es sich um einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Wichtig seien betreute Taubenschläge, wenn es die nicht gebe, eine kontrollierte Fütterung.
Stadtverwaltung ist seit Monaten auf der Suche nach Standorten für Taubenschläge
Ordnungsreferent Jan von Lackum hatte in den Diskussionen im Frühjahr zugesagt, in den nächsten Monaten einen Standort für einen betreuten Taubenschlag zu finden und mit der Stadttaubenhilfe ein Konzept zu erarbeiten, wie der Schlag betreut wird. Die Standortsuche ist noch nicht abgeschlossen, war auch Thema bei den Haushaltsberatungen. Ob die Stadt nun weiter gemeinsam mit der Stadttaubenhilfe eine Lösung sucht, ist offen.
Ulrike Schneider hatte im Frühjahr unterstützt von vier weiteren Fraktionen im Stadtrat den Antrag eingereicht, einen Taubenschlag zu bauen, das Fütterungsverbot während der Pandemie zu lockern und die Taubenhilfe finanziell zu unterstützen. Sie plädiert für einen Taubenschlag nach dem so genannten Augsburger Modell.
Derartige betreute Schläge gibt es in Gerolzhofen und Würzburg. "Alleine in Würzburg konnten im vergangenen Jahr 2000 Taubeneier durch Gipseier getauscht werden", so Schneider. Daran könne man sehen, dass ein Taubenschlag ein guter Weg sei, die Tauben-Population zu kontrollieren.
Die Stadt prüft ihre eigenen Liegenschaften in der Innenstadt, ob dort ein Taubenschlag installiert werden kann, bittet aber auch private Hausbesitzer sich zu melden, wenn sie bereit wären einen Taubenschlag auf ihrem Dach bauen zu lassen. Ein Vorschlag, im Dachgeschoss des Friederike-Schäfer-Heims einen betreuten Taubenschlag einzurichten, war vom Gesundheitsamt und dem Veterinäramt gebilligt worden, wurde aber im Wahlkampf 2019 durch die CSU aus politischen Gründen verworfen.
https://youtu.be/B2PH3hXSA0Y