Personen mit Kerzen, Eltern mit Kindern, Paare Hand in Hand, Alte und Junge, laut Protestierende und still Teilnehmende: Die Menschen, die am vierten Adventssonntag in Schweinfurt wieder bei einer unangemeldeten Versammlung auf die Straße gingen, bilden ein breites Milieu ab. Was sie eint, ist der Protest gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Wer sind diese Menschen? Diese Redaktion hat während des vergangenen Protestzugs das Gespräch mit Teilnehmenden gesucht. Die Auswahl erfolgte zufällig, die Befragung anonym. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ.
Eins vorneweg: Alle Angesprochenen gaben bereitwillig Auskunft. Es gab keine persönlichen Anfeindungen. Und im Gegensatz zur vergangenen Woche verlief der Protest dieses Mal friedlich.
Der Ablauf war jedoch der gleiche: Zuerst hielten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen auf dem Marktplatz auf. Dann formierten sie sich im Bereich der "Oberen Straße" zu einem Protestzug, der sich wie auf Kommando in Bewegung setzte, als ein Trillerpfeifenkonzert angestimmt wurde. Der Zug war mehrere hundert Meter lang. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmenden auf 3000.
Älteres Ehepaar protestiert in Schweinfurt gegen eine Impfpflicht
"Wir sind keine Corona-Leugner", sagt ein älteres Ehepaar, das sich in den Zug einreiht. Die beiden kommen aus einem Nachbarort von Schweinfurt. Sie laufen mit, weil sie die Maßnahmen der Regierung für "überzogen" halten. Beide sind über 70, beide hatten Corona, beide haben die Erkrankung gut überstanden. Sie wissen aber auch, dass es schwere Krankheitsverläufe geben kann, dass die Intensivstationen voll sind und dass manche Menschen die Krankheit nicht überleben. Und trotzdem: Eine Impfpflicht geht in ihren Augen "gar nicht".
Die Menschenmenge drängt sich durch die Fußgängerzone. Die Polizei ist mit zahlreichen Einsatzkräften und Fahrzeugen vor Ort, die den gesamten Zug begleiten. Es ertönen immer wieder Rufe nach "Friede" und "Freiheit". Eine Frau stimmt lautstark in den Sprechchor mit ein. Warum ruft sie nach Frieden? "Weil die Politik die Gesellschaft spaltet und dadurch der Friede bedroht ist", sagt die 48-Jährige. Sie ist eigens aus Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld) angereist. Auch bei den zurückliegenden Protestveranstaltungen in Schweinfurt war sie dabei. "Ich gehe für meine Kinder auf die Straße." Bei weiteren Demos werde sie wieder vor Ort sein.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) hatte zuvor eindringlich an die Menschen appelliert, nicht an den als "Spaziergängen" verharmlosten Versammlungen teilzunehmen. Aus Sicht der Stadt sind die Veranstaltungen rechtswidrig und müssen zwingend als Versammlung angemeldet werden. Sowohl der OB als auch Ordnungsreferent Jan von Lackum sind am Sonntag vor Ort, um sich ein Bild zu machen.
Rufe nach Demokratie, Friede und Freiheit auf der Demonstration
Zu sehen bekommen sie ein heterogenes Spektrum an Protestierenden, das vom besorgten Familienvater bis zum Impfgegner und Verschwörungstheoretiker reicht. "Ich bin enttäuscht, was seit Corona in diesem Land passiert", erklärt ein 42-Jähriger seine Teilnahme, während er lautstark nach Demokratie, Friede und Freiheit ruft. Er fordert damit das Recht ein, "so zu leben wie er will" – ohne Impfung, ohne Einschränkung.
Still und nachdenklich läuft eine 47-Jährige im Zug mit, sie hält ein brennendes Licht in den Händen. Als Zeichen der Mahnung gegen "Ungerechtigkeit". Sie findet es "falsch", wie mit den Ungeimpften umgegangen wird. Die Maßnahmen seien diskriminierend. Sie selbst sei ungeimpft, weil sie mehr Angst vor der Impfung als vor einer Corona-Erkrankung habe.
Der Zug ist inzwischen in der Niederwerrner Straße angekommen. Der Verkehr wird von der Polizei gestoppt, damit die Demonstrierenden passieren können. Manche Autofahrerinnen und Autofahrer stimmen mit einem Hupkonzert rhythmisch in die Sprechchöre mit ein. Bewohnerinnen und Bewohner umliegender Häuser kommen vor die Tür oder öffnen die Fenster. Manche klatschen Beifall.
Auch Kinder laufen im Protestzug in Schweinfurt mit
Auch Kinder laufen im Protestzug mit oder werden im Kinderwagen mitgeschoben. Ein 42-jähriger Familienvater hat seine neun- und fünfjährigen Töchter dabei. "Ich will meinen Kindern zeigen, dass man seine Meinung aktiv vertreten muss." Auch er bezeichnet sich nicht als Corona-Gegner, er sei nur nicht mit allen Maßnahmen einverstanden - darunter die Maskenpflicht für Kinder in der Schule. Vor allem im Sportunterricht sei das nicht hinnehmbar. Auch eine Impfpflicht lehnt er ab. "Das soll jeder selbst entscheiden können." Der 42-Jährige hat sich übrigens für die Impfung entschieden und seine Spritze schon bekommen.
Der Protestzug hat sich kurzzeitig zweigeteilt. Kleinere Gruppen sondern sich ab, schließen sich im weiteren Verlauf aber wieder der großen Masse an. Ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn kommt angefahren. Schnell weichen die Demonstrierenden nach links und rechts aus, bilden eine Rettungsgasse, der Krankenwagen kann ungehindert passieren.
Auch Beschäftigte des Leopoldina-Krankenhauses laufen mit
Auch eine Ärztin ist unter den Protestierenden, "weil ich will, dass die Impfentscheidung eine eigene bleiben soll". Sie spricht für die Ungeimpften des medizinischen Personals im städtischen Leopoldina-Krankenhaus. "Viele von uns haben massive Existenzängste." Auch sie fürchte um ihre berufliche Zukunft, wenn die Impfpflicht für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen wie angekündigt Mitte März kommt. Gemeinsam gehe man nun auf die Straße, um dagegen zu protestieren. Mit vier Gruppen à fünf Personen war das "Leo" im Protestzug vertreten.
Nach knapp zwei Stunden treffen die Demonstrierenden wieder am Marktplatz ein. Der Zug löst sich auf. Die Polizei teilt im Nachgang mit, dass auch an diesem Sonntag wieder Personalien von Versammlungsteilnehmern erhoben wurden, die nach polizeilicher Erkenntnis dem rechtsextremistischen Lager zuzuordnen sind. Daher der Appell an die Bevölkerung: "Distanzieren Sie sich von Krawallmachern und Straftätern! Lassen Sie sich nicht von Rechtsextremisten, Reichsbürgern oder Antisemiten vereinnahmen!"
Nehmt euch bitte die Freiheit und sucht euch einen anderen Arbeitsplatz. Niemand wird in diesem Land gezwungen, in einem Krankenhaus zu arbeiten und von dem Geld zu leben, dass ganz überwiegend von Menschen aufgebracht wird, die eure EInstellung nicht gut finden. Mir graut bei der Vorstellung, vielleicht einmal von solchen Egoisten und Verweigerern von Maßnahmen, die sich wissenschaftlich als sinnvoll erwiesen haben, behandelt oder gepflegt zu werden.
So viele wie noch nie in einer Woche!
Es ist und bleibt eine Minderheit von der wir uns nicht unser Leben vorschreiben lassen sollten.
Kurze Frage an die Main Post.
Warum wurde die Kommentar-Funktion in diesem *Artikel nicht freigeschalten.
Danke für eine Antwort hier als Kommentar. Interessiert sicher auch andere Leser.
* https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/corona-proteste-in-schweinfurt-ueber-1000-menschen-zogen-durch-die-innenstadt-art-10703014
AfD-Landtagsabgeordneter Grimmer an Corona gestorben
Berichte über die Coronapandemie bezeichnete er als »Panikmache« – und äußerte sich positiv über die laxen Gegenmaßnahmen in Schweden. Nun ist der baden-württembergische AfD-Abgeordnete Bernd Grimmer an Covid-19 gestorben.
Quelle:Spiegel Online.
Leider endet Corona nicht nur mit Schnupfen und einer Erkältung.
Ich fürchte, der Begriff „Demokratie“ wird mehr und mehr missverstanden …
Pluralismus ist eine Säule der Demokratie – und damit die Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Meinungen und Interessen in einer demokratischen Gesellschaft zivilisiert ablaufen kann, müssen alle das Mehrheitsprinzip akzeptieren.
Menschen müssen ihre Meinung äußern dürfen – aber Demokratie bedeutet erst mal nur, dass sie gehört werden. Es gibt keinen Anspruch darauf, die eigene Meinung durchzusetzen.
Wenn sich eine Mehrheit anders entscheidet, als eine Minderheit das fordert, dann ist das gelebte Demokratie – und nicht das Fehlen derselben.
Es bleibt also wirklich kein anderer Weg, als ihnen über die Maßnahmen die Konsequenzen ihres Handelns aufzuzeigen … wie bei kleinen Kindern, die besonderen Schutz brauchen, weil sie die Risiken einfach nicht selbst einschätzen können. Aber während Kinder in der Regel nur sich selbst gefährden, geht von diesen Menschen eine echte Gefahr für die Gesellschaft aus.
Wenn sich Selbstüberschätzung mit Egoismus paart und auf kognitive Verzerrung trifft, dann entsteht selten Gutes. In diesem Fall ist eine unfassbar zynische Ignoranz gegenüber den Corana-Folgen, von denen sowohl Individuen, aber auch die gesamte Gesellschaft betroffen sind.
Schade. Ich hatte gehofft, wir wären schon weiter …