Wie er es nicht machen will, das hat Hans Hatos, der neue Leiter der Sanierungsstelle, in einem Büchlein aus dem Jahr 1908 gefunden. Damals drohte das Rathaus bei Vergehen gegen die Vorgaben des Denkmalschutzes und die der Stadtverschönerung mit der Baupolizei und mit saftigen Geld- und überdies mit Freiheitsstrafen. Hatos will "den Leuten zuhören und sie begeistern", denn nur so gelinge die Altstadtsanierung und damit die Belebung der Innenstadt, sagt Hatos im Gespräch mit der Redaktion. Begeistern muss der Leiter der Stabsstelle (Nachfolger von Richard Riegler) jetzt vor allem die Anwohner und die Eigentümer des neuen Sanierungsgebiets zwischen Niederwerrner Straße und Schopperstraße, zwischen Friedhof- und Auenstraße. Hatos ist seit zwei Jahrzehnten mit der Erneuerung der Schweinfurter Altstadt befasst und war bislang für das Städtebaurecht und den Denkmalschutz zuständig.
Leuchtturmprojekte aus den letzten Monaten und Jahren sind für Hatos der Graben 27, der sich zwischen Bauerngasse und Martin-Luther-Platz von einer Lagerstätte zur Wohnzone gemausert hat, oder etwa das "Studentische Wohnen" in der Neuen Gasse 15. Wie auch Baureferent Ralf Brettin setzt Hatos auf das Wohnen in der City – damit die Bürgersteige nicht mehr länger mit Ladenschluss hochgeklappt werden – und auf "Bestandserhaltung vor Neubau auf der grünen Wiese". Dass sich das bauliche Erbe in das Stadtleben integrieren lasse, dafür führen beide auch das soziale Wohnprojekt in der Bauerngasse 40 an.
Wohnraum schafft ebenfalls der aktuell laufende Umbau des Stammhauses an der Ecke Rückertstraße/Brückenstraße gleich gegenüber vom Rathaus. Ausgezogen sind dort Arztpraxen. Ebenfalls von Gewerbe auf Wohnen wird das Anwesen Bauerngasse 107 (ehemals Wilder Mann) durch einen privaten Investor umgestellt, den die Stadt mit dem mittlerweile bundesweit bekannten "Schweinfurter Modell" unter die Arme gegriffen hat. Die Stadt hatte das Objekt gekauft, untersucht, gravierende Baumängel beseitigt und unter den Vorgaben des Denkmalschutzes einen Sanierungsvorschlag ausgearbeitet, ehe ein Interessent gesucht und das Gebäude verkauft wurde. Ähnliche Projekte gibt es immer wieder in der Innenstadt, aktuell in der Rückertstraße 18.
Mit der "Neutorvorstadt" zwischen Schopper- und Niederwerrner Straße wurde in der Gründerzeit die bis dahin von der Stadtmauer gesetzte Bebauungsgrenze gesprengt. Heute gelten dort etliche Gewerbegrundstücke als nicht oder fehl genutzt. Das mit den vorbereitenden Untersuchungen für ein Sanierungsgebiet beauftragte Büro "UmbauStadt" (Weimar) wird Missstände, Stärken und Perspektiven für eine verstärkte Wohnnutzung prüfen und aufzeigen, wie sich Flächen entsiegeln und begrünen lassen, wie sich die "geschichtsvollen" Gebäude (so Brettin) nutzen lassen. Dafür brauche es Zeit, vielleicht auch zehn Jahre bis umgebaut werde, so der Referent.
Zur vollen Zufriedenheit von Brettin und Hatos läuft die Ortserneuerung in Oberndorf. Für Oktober ist der Einzug der ersten Mieter in den Neubau der Neuen Mitte Oberndorf angekündigt. Dort entstehen 15 Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen. Für den Schwarzen Adler in direkter Nachbarschaft an der Hauptstraße glaubt das Rathaus wieder einmal einen Investor gefunden zu haben. Beim Notar war man allerdings noch nicht. Ein dickes Lob geht an den Eigentümer der Hauptstraße 38, der vorbildlich saniert habe. Brettin: "In die lange leerstehenden Bauernhöfe zieht Leben ein." Saniert ist seit einigen Jahren das Nachbargrundstück mit der Nummer 40, gerichtet wird das Anwesen 36.
Im Corona-Jahr 2020 öffnet die Stadt am Tag des offenen Denkmals (13. September) kein besonderes Denkmal. Präsentiert werden jedoch drei Filme im Internet (unter Stadt Schweinfurt, Tag des offenen Denkmals). Informiert wird über die Sanierung des Samtturms, über den Jungfernkuss am Alten Friedhof und über die Sanierung des Gebäudes der früheren Gaststätte Wilder Mann.
Am Ball bleibt die Sanierungsstelle bei der Erstellung des Kellerkatasters. Aktuell wird der Bereich der Burggasse (Zürch) erforscht. Dort würden Teile der Stadtgeschichte unter der Erde liegen, meint Hatos, der die Arbeit bei Karin Fuchs in "sehr engagierten und sehr kompetenten" Händen weiß. Vermutet wird an der Burggasse der Standort der ehemaligen Burg der Henneberger.
Bm. Wirth machte ich einst den Vorschlag, die Niederwerrner Str.-Nord zwischen Friedhof- und Auenstr. zum Sanierungsgebiet zu erklären, für eine sukzessive, hohe Boulevard-Bebauung, bis an die Hochhausgrenze (7 OG). Oben mit stufenartig zurückgesetzten Terrassenwohnungen nach Pariser Vorbild. Bei diesem Vergleich mosern vmtl. viele Schweinfurter - aber das sah ich vor einigen Jahren in der 25.000-Einwohnerstadt Lindau an einer vielbefahrenen Straße. Ein Bauträger sagte mir: oben sind die begehrtesten Wohnungen, aber die Stadt verbietet uns hoch zu bauen. In der Niederwerrner Str. sieht man unten auf die Autos und oben auf den Steigerwald! Zudem fahren hier viele Fremde durch: ein Stadtring sollte auch repräsentieren! Außerhalb der Gründerzeithäuser könnte man, sofern möglich, die Baulinie zurücksetzen, mit einer weiteren Baumallee, dahinter einer schmalen Einbahnstraße mit beidseitigem Parken (Boulevardprinzip) und dahinter einem Gehsteig zum Flanieren.
Mit vmtl. vielen Eigentümern ist das wohl unmöglich, in einem Stück umzusetzen. Die Taktik ist hier alles entscheidend! Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte: zuerst sollte ein attraktiver Rahmenplan erstellt werden, mit möglichen Bauabschnitten, der die enorme Erhöhung der Wertschöpfung zeigt: Wohnungen unten mit Blick auf den langgezogenen Park, mit Parken vor der Haustüre (Autos als Schallschutz!), oben mit Terrassenwohnungen, mit Blick auf den Steigerwald. Das ist für Eigentümer/Bauträger/Mieter viel interessanter, als direkt an der Straße Lücken zu schließen, mit Häuschen mit 3 OG, in denen ich nicht wohnen möchte .