Unter seiner Kapuze trägt Marius Mergenthal in der Rolle des Titelhelden Robin Hood eine warme Mütze. Schließlich ist es bei der Probe für das Abenteuerstück "Robin Hood" auf der Freilichtbühne ziemlich kalt. Aber soweit es geht versuchen die Sömmersdorfer Schauspieler in diesen Corona-Zeiten im Freien zu üben, bislang unter 2G plus-Bedingungen, seit dem Wochenende unter 3G. Für den Verein Fränkische Passionsspiele bedeutet Corona einen hohen Mehraufwand und nervliche Belastung: von der Organisation der Testung über coronabedingte Ausfälle bis zur Koordination der 70 Spieler.
Auch bei Minusgraden geht es hinaus auf die Bühne
Auch Little John, Bruder Tuck, der Musikant und die Geächteten haben sich in dieser Szene unter ihren Kostümen mit dicken Jacken und Pullis ausgestattet. Sie sollen aber frühzeitig lernen, sich in ihren Spielgewändern zu bewegen, um sich in ihrer Rolle zu finden, gibt Regisseurin Silvia Kirchhof den Darstellern vor. Die Gerolzhöfer Theatermacherin wechselt jetzt bei den Wochenend-Proben mit verschiedenen Kleingruppen häufiger von der warmen Robert-Seemann-Halle auch bei Minusgraden hinaus auf die Bühne.
Vorsicht und Umsicht lassen die ehrenamtlichen Verantwortlichen des Vereins seit Probenbeginn im Oktober gelten, erklärt Co-Vorsitzender Norbert Mergenthal. "Wir wollen in diesem Sommer spielen", gibt er die Haltung aller Mitwirkenden aus dem Ort wider, zumal das Theaterstück schon von 2021 auf dieses Jahr verschoben werden musste.
Um eventuelle Ansteckungen zu vermeiden, hatte der Vorstand daher schon vor der gesetzlichen Vorgabe von zusätzlichen Covid-Tests – 2G plus – für jeden Probentag die Spieler getestet. Und auch jetzt empfiehlt er allen Geboosterten und Genesenen, weiterhin das vereinseigene Schnelltestangebot wahrzunehmen.
Logistik für die Corona-Tests war eine Herausforderung
Die Logistik dafür war eine Herausforderung: Testkits waren zeitweise nicht vorrätig, dank der Unterstützung aus dem Euerbacher Laborhaus Scheller wurde Abhilfe geschaffen. Mit Hilfe der Mitspielerin und Apothekerin Lisa Schneider sowie ihres Arbeitgebers, der Wernecker Werntal-Apotheke, bietet der Verein in seiner Geschäftsstelle zertifizierte Schnelltestungen an. "Seit Dezember kommt man nur mit Test in den Probenraum", erläutert Mergenthal.
Einen kleinen Einblick in die Welt des Robin Hood gibt dieses Video
Eine Herausforderung war schon zu Probenbeginn im Herbst, dass ein paar Spieler nicht geimpft waren. "Wir bilden hier den Durchschnitt ab, wie überall", meint Co-Vorsitzender Johannes Gessner. Einige sagten ab, für die eine Nachbesetzung gefunden werden musste. "Aber es waren keine Hauptrollen dabei". Mit allen Ungeimpften führte der Vorstand Einzelgespräche. "Wir wollen keine zwei Lager bei uns", erklärt Co-Vorsitzender Dieter Mergenthal, "aber wir müssen die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen".
Weil es seit Jahresbeginn auch wegen eines Corona-Ausbruchs im örtlichen Kindergarten immer wieder Infizierte oder Quarantäne-Betroffene unter den Spielern gibt, mussten zwei geplante Probenwochenenden ausfallen. "Von 17 Probentagen mussten wir vier absagen", erklärt Norbert Mergenthal. Er bastelt derzeit an zusätzlichen Terminen, über den Probenplan hinaus, um das Versäumte nachzuholen.
Eigene App informiert die Truppe über Proben oder Ausfälle
Um alle Mitspieler über Probentermine, eventuelle Ausfälle oder Testzeiten zeit- und aufwandsparend zu informieren und um deren Antworten schnell und übersichtlich zu erhalten, nutzt das Ensemble eine spezielle App. Mergenthal modifizierte sie anwendungsfreundlich für die Sömmersdorfer Bedürfnisse.
"Unsere Regisseurin dreht jetzt auch von den Probenszenen kurze Videos und wir stellen sie in die App, so dass die Spieler zuhause damit ihren Text lernen können", erklärt der Co-Vorsitzende die technische Neuheit. "Wir sind wegen Corona in der Digitalisierung in Sömmersdorf gut vorangekommen", lacht Johannes Gessner.
Nervig: Ständig wechselnde gesetzliche Vorgaben
Trotzdem kostet das Virus Vorstand und Spielern viele Nerven: Etwa wenn sie sich über ständig veränderte gesetzliche Vorgaben informieren müssen, wenn klare Aussagen zum Umgang mit Johnson & Johnson-Geimpften aus dem Gesundheitsministerium auf sich warten lassen, wenn sie auf Freitestungs-Ansagen aus dem Gesundheitsamt harren oder wenn unklar ist, ob sie beim Proben Maske aufsetzen müssen.
"Wenn es die künstlerische Leistung erfordert, müssen wir keine Maske tragen", hat der Vorstand beim Regionalmanagement des Landkreises nachgefragt. Über dessen Unterstützung sind die ehrenamtlichen Sömmersdorfer dankbar.
Auch Kampfchoreographien werden geübt
Gerade beim aktuellen Training zu den Kampfchoreographien sei eine Maske nicht möglich, erklärt Christian Büdel, der seit Jahren hobbymäßig im Verein "Historisches Fechten" alte Kampfkunst trainiert und sie den Mitspielern beibringt. Sollte die Maske über die Augen rutschen, sei dies gefährlich. "Die Sicherheit steht über allem".
Norbert Mergenthal weiß, dass andere vergleichbare Bühnen vom hohen zusätzlichen Aufwand bei Logistik und Tests abgeschreckt wurden und keine Aufführungen mit so vielen Darstellern in diesem Jahr anbieten. "Unser Ziel ist es, im Sommer endlich wieder auf unserer Bühne zu stehen und ein tolles Schauspiel zu bieten".