Als ein echtes Abenteuer entpuppt sich das geplante Sommertheater "Robin Hood. Eine Legende" für den Verein Fränkische Passionsspiele Sömmersdorf. War man dort noch lange optimistisch, dass sich die Corona-bedingt eingeschränkte Situation bessert, so zog der Verein jetzt nach einer nüchternen Analyse die Reißleine: Die für diesen Sommer geplante Aufführung des aufwändigen Abenteuerstücks auf der Freilichtbühne wird abgesagt und in das nächste Jahr verschoben.
Vereinsvorstand und -beirat fällten nach ausführlicher Diskussion die mehrheitliche und oft erwartete Entscheidung, das Theaterstück erst im Sommer 2022 aufzuführen, erklärt Dieter Mergenthal, einer der drei ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden. Das Datum steht noch nicht fest.
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Im vergangenen Herbst habe man noch die Hoffnung gehabt, dass sich durch den Lockdown bis Weihnachten die Situation entspannt. Schließlich waren ab Mitte Januar die Proben für Robin Hood angesetzt. Dann kam die Lockdown-Verlängerung und -Verschärfung. Drei Probenwochenenden wurden daraufhin in den Februar verschoben und können jetzt wieder nicht stattfinden. "Jedenfalls nicht so, wie wir uns das vorstellen", ergänzt Co-Vorsitzender Norbert Mergenthal.
Die knapp 80 Spieler aus dem Ensemble der Fränkischen Passionsspiele hatten sich sehr darauf gefreut, wieder einmal gemeinsam auf und hinter der Bühne zu stehen. Sie haben aber auch den Anspruch, die gewohnte und vom Publikum honorierte Qualität abzuliefern. Was nur mit intensiven Proben möglich ist. "Wenn 18 Spieler Kampfszenen üben sollen, dann müssen sie sich auch näher kommen" – was aktuell aber nicht erlaubt ist.
Auf Abstand, nur mit einzelnen Personen und mit FFP2-Maske zu proben, sei auch für die beiden Regisseure Marion Beyer und Hermann J. Vief keine Option. "Mit Maske sieht man ja die Mimik nicht", gibt Dieter Mergenthal deren Einstellung wider.
Auch die Sicherheit und Gesundheit der Darsteller habe man im Blick. Zum einen wegen einer potentiellen Ansteckungsgefahr, zum anderen, wenn sie mangels Übung nicht gut genug vorbereitet auf die Bühne gehen würden. So müssen beispielsweise acht Sömmersdorfer Männer als Soldaten des Sheriffs oder als Geächtete durch den Sherwood Forest reiten, was aber sechs von ihnen erst noch lernen müssen.
Reitunterricht ist im Moment nicht möglich
Auch Johannes Gessner, ebenfalls Co-Vereinsvorsitzender, hat für seine Rolle als böser Guy von Gisborn begonnen, Reitunterricht zu nehmen. "Ich war noch nie auf einem Pferd gesessen", erzählt er, "das ist leider nicht so einfach, man braucht viel Gefühl und das lernt man erst durch viele Reitstunden." Seit Dezember darf er sich aber – wegen Corona-bedingter Vorschrift – nicht mehr auf das Tier setzen, sondern es nur noch führen. "Ich wäre ohne viel mehr Übung im Sommer nicht in der Lage, souverän auf die Bühne zu reiten", weiß er.
An die 2500 Tickets sind für die geplanten sechs Vorstellungen im Juli und August bereits reserviert worden, allerdings noch ohne Vorab-Bezahlung. "Unsere Kunden werden wir jetzt alle informieren", sagt Norbert Mergenthal. Er hatte mit seinen Kollegen extra die besondere Systematik des Ticketverkaufs erarbeitet, neue AGBs geschrieben – Arbeit und Zeit, die die ehrenamtlichen Vorsitzenden wie vieles weitere nun umsonst erledigt haben.
Mit AHA-Regeln – Abstand, Hygiene, Atemmasken – hatte der Passionsspielverein im September die Verleihung des Deutschen Amateur-Theaterpreises unter dem Zuschauerdach der Freilichtbühne erlebt. Von daher hatte der Vorstand gehofft, dass von den 2000 Sitzplätzen bei dem geforderten Abstand etwa 400 bis 500 bei "Robin Hood" hätten besetzt werden können. Aber ob ein licht besetzter Zuschauerraum für die gewohnte Stimmung und Atmosphäre gesorgt hätte, da bestünden bei den Spielern Zweifel, erklärt Mergenthal. Vom finanziellen Aspekt ganz zu schweigen.
Problematisch wäre auch die Regelung in der Pause gewesen: Lange Abstands-Schlangen vor den Toiletten? Kein Beieinanderstehen an den Tischen, um miteinander die besonderen, auf das Theaterstück abgestimmten Speisen zu sich zu nehmen? "Das alles wäre nur mit Mehraufwand und zusätzlichen Investitionen möglich."
20 000 Euro laufende Kosten pro Jahr
Mit der Spielabsage fallen dem Verein heuer die Einnahmen weg. Etwa 20 000 Euro laufende Kosten fallen jährlich an, erklärt Dieter Mergenthal: für die Unterhaltung der ganzen Anlage samt Halle, für Strom, Wasser, Heizung, Versicherung.
Auswirkungen hat die Verschiebung auch auf die finanzielle Situation der professionellen Regisseure, des Bühnenbildners André Putzmann, für die fünf Musiker, zwei davon freiberufliche, für Techniker oder Caterer. "Uns tut das auch weh", erklärt Norbert Mergenthal.
In der nächsten Zeit wird sich der Vereinsvorstand auch mit dem Zeitpunkt der nächsten Passionsspiele beschäftigen, die nach dem fünfjährigen Rhythmus eigentlich 2023 wieder stattfinden würden, nur ein Jahr nach Robin Hood. "Wir werden die Argumente sauber abwägen und entscheiden", sagt Gessner. Auch wie es mit der dringenden Sanierung oder einem eventuellen Neubau der Robert-Seemann-Halle, ursprünglich für 2024 angepeilt, weitergeht, muss noch geklärt werden.
Obwohl die drei Vorsitzenden wie ihre Mitspieler traurig über die aktuelle Situation sind, wollen sie sich die Freude auf das Theaterabenteuer 2022 bewahren. "Seit ich das Textbuch habe, habe ich Lust auf mehr bekommen", lächelt "Little John"-Darsteller Norbert Mergenthal.