
Trockenschäden, Schädlingsbefall, Klimawandel. Diese miteinander verknüpften Schlagworte sorgen neben anderen akuten Herausforderungen dafür, dass Forstleuten die Zeit davonläuft im Bemühen, die heimischen Wälder so umzugestalten, dass sie überlebensfähig bleiben. Was sie in dem Schlamassel überhaupt nicht gebrauchen können, sind kleinstparzellierte Waldstücke, die kaum sinnvoll zu bewirtschaften und in der Folge oft extrem ungepflegt sind.
Im Bereich von Lindach möchten die Verantwortlichen dem entgegentreten. Sie haben sich zu einer Waldneuordnung entschlossen. Analog zur weithin bekannten Flurneuordnung, die verstreut liegende Feldflächen zu größeren Einheiten zusammenfasst, geht es dabei unter Federführung des Amts für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken darum, den Wald nachhaltig umzubauen.
Hierfür arbeiten das ALE und die Teilnehmergemeinschaft "Lindach 2" zusammen. Es geht um ein 53 Hektar großes Gebiet, von dem 43 Hektar Waldfläche sind. In erster Linie geht es dort nach Angaben des ALE darum, der Vielzahl kleiner und kleinster Grundstücke einen angepassten Zuschnitt zu geben und diese mit geeigneten Wegen neu zu erschließen. So sollen die künftigen Parzellen wirtschaftlich betrieben werden können.
Es geht um Alter, Qualität und Holzmenge
Um dieses Ziel zu erreichen, steht nun der nächste bedeutende Schritt an: die Holzwertermittlung. Um vorzustellen, was da passiert, hat das ALE Vertreter der Teilnehmergemeinschaft und der Gemeinde vor wenigen Tagen zu einem Ortstermin mit Ruppert Wolf eingeladen. Der Forstsachverständige ist damit beauftragt, Alter, Qualität und die Menge des Holzes in dem von der Waldneuordnung betroffenen Gebiet zu ermitteln.

Während des Besuchs in der Waldabteilung "Schorn" wird auf den ersten Blick klar: Wolfs Arbeit gleicht einer Sisyphos-Aufgabe. Den Wert des Waldbesitzes exakt festzustellen, erscheint angesichts der stellenweise dicht an dicht stehenden Bäume als schier hoffnungsloses Unterfangen. Doch ganz so ist es nicht, wie Wolf erläutert. Natürlich ist es für ihn unmöglich, auf 43 Hektar jeden einzelnen Baum zu begutachten. Hierfür dürfte ein Menschenleben kaum ausreichen. Doch mithilfe forstlicher Methoden ließen sich ausreichende Grundlagen für eine zuverlässige Wertangabe schaffen.
Dazu setzt Wolf Entfernungs- und Höhenmesser ein, um die Wuchshöhe von Bäumen zu ermitteln. Sein Augenmerk gilt Bäumen, die möglichst gut dem Durchschnitt des vorhandenen Baumbestands entsprechen. Anhand dieser könne er für den Gesamtbestand belastbare Werte hochrechnen.

Im Einsatz sind Kompass und Maßband
Da es auch innerhalb vergleichsweise kleiner Waldabteilungen bessere und schlechtere Bereiche gibt, arbeitet der Sachverständige mit begrenzten Bewertungseinheiten. Diese vermisst er mit einem Präzisionskompass und im Schrittmaß. Per Maßband stellt er stichprobenartig den Stammdurchmesser einzelner Bäume fest.
Für die Frage des vorhandenen Holzwertes spielt die Holzqualität eine wichtige Rolle. Handelt es sich um Bäume, die hochwertiges Stammholz liefern können, oder um Holz, aus dem nur Paletten oder Faserplatten hergestellt werden können. Oder taugt das Holz – wenn überhaupt – nur als Brennholz.
"Der Wald taugt nichts", stellt einer aus der Runde fest. Diesem Urteil möchte mit Blick auf die vielen abgestorbenen Bäume, vor allem Kiefern, hier in der Abteilung "Schorn" kaum jemand widersprechen. Doch ein Bauchgefühl reicht nicht. Dieses mit Zahlen zu hinterlegen, ist nun Aufgabe des Sachverständigen.

Auf Basis seiner Ergebnisse wird der ermittelte Holzwert unter den beteiligten Grundeigentümerinnen und -eigentümern verteilt, heißt es seitens des ALE, das Projektleiter Helmut Hemrich vertritt. Die Verteilung erfolge in der Regel proportional zur Größe der jeweiligen Flächen und unter Berücksichtigung der Qualität und Menge des darauf stehenden Holzes.
Nachteile werden mit Geld ausgeglichen
Sollte sich durch die Neuordnung des Waldes die Verteilung des Holzwertes verschieben, so können Ausgleichszahlungen vorgenommen werden. "Diese dienen dazu, eventuelle Nachteile für einzelne Grundeigentümer auszugleichen", heißt es seitens des ALE.

Das etwa 83.000 Euro teure Projekt wird vom Freistaat zu 77 Prozent gefördert. "Lindach 2" zählt zu den rund 30 Waldneuordnungen, die das ALE Unterfranken derzeit betreut. Mit den Maßnahmen verbindet die Behörde die Hoffnung, in dem neu geordneten Gebiet die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes und des Landschaftsbildes zu wahren. Dies sei laut dem ALE auch deshalb wichtig, weil das neu zu ordnende Gebiet als regionaler Klimaschutzwald kartiert ist.
Ob dies wirklich gelingt, weiß niemand. Denn wie Wolf im Einklang mit den meisten Forstleuten feststellen muss: Bisher gültige Erfahrungswerte in der Forstwirtschaft "erodiert der Klimawandel gerade weg". Der Umbau der Wälder mit sogenannten Zukunftsbäumen gleiche einem Experimentierfeld. Primär geht es jetzt vor allem darum, den Wald zu erhalten – irgendwie, mit allen Mitteln.