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Schweinfurt
"Silberlocke" Bodo Ramelow macht Wahlkampf für die Linke: "Solidarität wird nicht an der Börse gehandelt."
Der Ex-Ministerpräsident von Thüringen hat eine klare Botschaft im Naturfreundehaus. Nicht aufgeben. Solidarisch sein. Und nichts mit Faschisten machen.
Bodo Ramelow, Ex-Ministerpräsident von Thüringen, macht Wahlkampf für die Linke in Schweinfurt. Neben ihm Direktkandidatin Agnes Conrad. 
Foto: Heiko Becker | Bodo Ramelow, Ex-Ministerpräsident von Thüringen, macht Wahlkampf für die Linke in Schweinfurt. Neben ihm Direktkandidatin Agnes Conrad. 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 17.02.2025 02:31 Uhr

Aufbruchstimmung herrscht bei der Linken. Das liegt unter anderem auch an Bodo Ramelow. Ramelow war zehn Jahre Ministerpräsident in Thüringen, der erste und einzige Linke an der Spitze eines Bundeslandes.  Zusammen mit den Linke-Legenden Gregor Gysi und Dietmar Bartsch kämpft Ramelow für den Einzug der Linken ins Parlament bei der Bundestagswahl. "Silberlocken" nennen sich die drei humorvoll.

Beim Ramelows Wahlkampfauftritt im Naturfreundehaus im Schweinfurt steht auf dem Rednerpult "Silberlocken rocken".  Zum alten Eisen zählen sich die drei nicht, meint Ramelow. Man bringe schließlich einige Erfahrung mit. Er fühlt seine Partei von einer Welle, einer Woge getragen. "Es macht Spaß, als Seniorenexpress mit dabei zu sein."

Totgesagt sei die Linke gewesen, meint Linken-Kreisvorsitzender Wolfgang Gutgesell bei der Begrüßung. Doch: "Wir sind wieder da. Und wie wir wieder da sind!" Dafür gibt es viel Applaus. Einige Neugierige sind da, die wohl Bodo Ramelow mal live erleben wollen. Der Großteil der Zuhörer und Zuhörerinnen aber hat der Linke die Treue gehalten, als andere zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gewechselt sind.

Um so besser ist die Stimmung, wenn es jetzt wieder aufwärtszugehen scheint. Direktkandidatin Agnes Conrad spricht von einem Mitgliederzuwachs in Schweinfurt. Bodo Ramelow sagt, am 18. Januar habe die Linke 16.060 Mitglieder gehabt. "Heute sind es 80.300."

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Ramelow hat eigentlich ein Heimspiel vor diesem Publikum. Trotzdem legt er mit Leidenschaft dar, warum die Linke wichtig ist, warum sie wieder ins Parlament muss. Ramelow zitiert einen Slogan aus dem Wahlkampf. "Alle wollen regieren. Wir wollen verändern."  

Kämpfen bis zum Wahltag

Bis zum Wahltag, dem 23. Februar, wird gekämpft, sagt er. Und seiner Meinung nach gibt es einige Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt. Für allgemeines, wie Miteinander, Solidarität, Rücksicht, Chancengleichheit. Gegen Hass, gegen Konzerne, die Betriebe "einfach wegschmeißen". Oder gegen Milliardäre, die kaum Steuern zahlen.

Konkret geht es Ramelow zum Beispiel um Mobilitätsgarantien für die Bürgerinnen und Bürger. Heißt im Klartext: Egal, wo man wohnt, sollte man auf öffentliche Verkehrsmittel und auch auf ein Straßennetz zurückgreifen können. "Ich kämpfe nicht gegen das Auto."  

"Mit Faschisten macht man nichts"
Bodo Ramelow, Ex-Ministerpräsident von Thüringen

Die Normalisierung des Faschismus. Dagegen kämpft Ramelow mit ganzem Herzen. Oft hat er dies in den letzten Tagen auf der Silberlocken-Mission gesagt. In Schweinfurt formuliert er das anders. "Mit Faschisten macht man nichts."

Worum es ihm nicht geht: Eine Neiddebatte. Es gehe vielmehr um die Bedingungen für das gesellschaftliche Leben. Schon der Apostel Paulus habe gesagt, Eigentum sei für die Gemeinschaft da. Dafür gibt es viel Applaus. Ramelow erzählt von einer Nudelfabrik in Erfurt, die jetzt Lidl-Gründer Dieter Schwarz gekauft habe. Der Schwarz-Konzern könne jetzt den Zulieferern Bedingungen diktieren. "Es muss eine politische Kraft geben, die so etwas thematisiert."  Unsere Gesellschaft sollte nicht an der Börse gehandelt werden, meint Ramelow und legt nach: "Solidarität wird nicht an der Börse gehandelt."

Eine Bürgerversicherung, in die jeder einzahlt, sei wichtig. Auch Vermögenserträge sollten dafür mit einbezogen werden. Und eines sollte die Politik schaffen: dass jeder Mensch in Würde altern kann. Dafür sollte man die Pflege staatlich finanzieren.

Bürgerversicherung und Kindersicherung

Doch auch der Start ins Leben ist Ramelow wichtig. Stichwort Kindergrundsicherung. Armut grenze aus. Ramelow kann es nicht nachvollziehen, warum jemand, der so viel verdient wie ein Ministerpräsident, einen höheren Kinderfreibetrag habe als eine alleinerziehende Mutter.  

Was wünscht er sich von Politikerinnen und Politikern? Klare Ansagen, klare Themen, Schwung.  Das eigene Ego sollte nicht wichtiger sein, als der Wunsch zu verändern. "Es geht darum, dass ich Politik mache. Nicht darum, dass ich ein Amt habe."

Vor allem der Hass, die Polarisierung, macht Ramelow Sorge. Diese Polarisierung führe zu immer mehr Gewalt, nicht nur von rechts. Warum sind die Social-Media-Plattformen, auf denen der Hass im Internet verbreitet wird, nicht haftbar, fragt er? "Die sollten dafür sorgen, dass dieser Dreck nicht stattfindet." Stattdessen würden sie Angst erzeugen wollen. Hass und Angst sieht Ramelow als zwei Seiten einer Medaille. Gelebte Solidarität ist seiner Meinung nach auch hier gefragt. "Nicht wegschauen", appelliert er und zitiert den Bürgerrechtler Wolf Biermann: "Lass Dich nicht verhärten in dieser harten Zeit".

Zivilcourage und Solidarität: das ist auch für Agnes Conrad wichtig. Sie erinnert an das parteiübergreifende Bündnis "Schweinfurt ist bunt", das sich unter anderem auch gegen rechtsextreme Bewegungen wie "Der Dritte Weg" stellt. 

Wie geht's jetzt weiter mit der Linken? Die DGB-Songgruppe weiß die Antwort mit einer Umtextung des Neue-Deutsche -Welle-Hits "Codo". "Wir steigen aus dem Mediengrab in den Bundestag", heißt es in der neuen Version. Natürlich im "Sauseschritt über die Fünf-Prozent-Hürde". Und mit Silberlocken-Power.

 
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