Im vergangenen Jahr war es an Amtsgerichten, unter anderem in Schweinfurt und Würzburg, ein Massenphänomen: Am laufenden Band mussten Strafbefehle erstellt und verschickt werden für einen Straftatbestand, der jahrzehntelang so gut wie keine Rolle spielte: "Gebrauch falscher Gesundheitszeugnisse."
Gegnerinnen und Gegner des Tragens von Mund-Nasen-Schutz zur Eindämmung der Corona-Infektion ließen sich von teils weit entfernt praktizierenden Ärztinnen und Ärzten, die sie nie untersucht hatten, Bescheinigungen zur Befreiung vom Tragen der Corona-Maske ausstellen.
In der Maskengegner-Szene kursierten entsprechende Ärzte-Adressen. Eine befindet sich in Weinheim (Baden-Württemberg), eine Stadt etwa so groß wie Schweinfurt. Eine dort praktizierende Allgemeinmedizinerin verschickte auf E-Mail oder Anruf gegen Gebühr von meist fünf Euro ein Testat zur Befreiung von der Corona-Maske mit der stets gleichlautenden Begründung: "Das Tragen des Mundschutzes ist aus medizinischen Gründen kontraindiziert." Eine pauschale Aussage, der in der Regel keine vorherige Untersuchung zugrunde lag.
Gelstrafen für Nutzerinnen und Nutzer
Davon machten auch im Bereich des Amtsgerichts Schweinfurt dutzende Maskengegnerinnen und -gegner Gebrauch. Wenn sie derlei Testate etwa der Polizei zeigten und diese Verdacht schöpfte, erfolgten häufig Strafbefehle wegen des Verwendens unrichtiger Gesundheitszeugnisse mit bis zu vierstelligen Geldstrafen. Wer dagegen Einspruch einlegte, wurde meist nach einer Hauptverhandlung vor Gericht dazu verurteilt. Einen Rentner, eine Kellnerin und zwei Demonstranten aus Schweinfurt und Umgebung kostete die Maskenabstinenz am Ende zwischen 400 und 1400 Euro.
In der Leserschaft kam immer häufiger die Frage auf, ob auch die Medizinerin aus Weinheim für die Herstellung und Versendung ihrer "unrichtigen" Gefälligkeitsbescheinigungen bestraft würde. Ermittelt wurde längst gegen sie, aber wegen des großen Umfangs dauerte es eine Zeit. In diesem Frühjahr hat die Staatsanwaltschaft Mannheim dann Anklage erhoben – und seit Ende November steht die Ärztin aus dem Badischen wegen des Ausstellens von 4374 unrichtigen Gesundheitszeugnissen vor dem Schöffengericht Weinheim.
Atteste an Unbekannte
So viele Fake-Atteste soll sie ohne vorherige körperliche Untersuchung der "Patienten" an Interessentinnen und Interessenten in ganz Deutschland verschickt haben. Die meisten der Empfängerinnen und Empfänger habe sie nicht gekannt, hatte sie zum Prozessauftakt eingeräumt. Eine Praxisangestellte muss sich wegen Beihilfe zum Ausstellen falscher Gesundheitszeugnisse verantworten. Zum Prozessauftakt hatten etwa 70 Menschen für die Ärztin vor dem Gerichtsgebäude demonstriert.
Die Beweisaufnahme ist nun abgeschlossen und die Staatsanwaltschaft Mannheim hat bereits plädiert. Sie sieht ihren Anklagevorwurf als erwiesen an und fordert für die Ärztin eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren sowie ein dreijähriges Berufsverbot. An diesem Montag sollte nun auch die Verteidigung ihre Schlussanträge stellen. Nach Gerichtsangaben hatte sie ein siebenstündiges Plädoyer angekündigt, und im Anschluss war die Urteilsverkündung vorgesehen.
Doch dazu ist es nicht gekommen. Das Verfahren ist wurde laut Südwestrundfunk wegen der Erkrankung beider Verteidiger unterbrochen. Fortgesetzt werden soll es am 2. Januar.
Stattdessen wird es am Ende meiner Vermutung nach auf eine Bewährungsstrafe mit max. kurzem Berufsverbot hinauslaufen und vielleicht ein paar Tagessätze deren Höhe an dem Gewinn aus den falschen Gesundheitszeugnissen nicht herankommt. - bin gespannt wie es ausgeht. Deutsche Gerichte kann man oftmals leider nicht mehr ernst nehmen. Das wird wohl auch der Grund sein weswegen es zu solchen Auswüchsen kommt.