
Es wurde gejubelt, gefeiert, umarmt: Während im Ratssaal und auf den Wahlpartys der anderen Parteien Frust und Sorge dominierten, trauten viele bei den Linken im Bürger- und Kulturverein Oberndorf ihren Augen nicht. Bundesweit hatte die Partei 8,7 Prozent quasi aus dem Stand erreicht.
In Schweinfurt holten die Linken mit Spitzenkandidatin Agnes Conrad 7,5 Prozent – ein Ergebnis, das offenbar niemand erwartet hatte. Rund 5,2 Prozent der Zweitstimmen entfielen auf die 27-Jährige. Angesichts des Zustands der Partei im Vorjahr war das überraschend. Der langjährige Streit mit Sahra Wagenknecht und die Austritte wichtiger lokaler Parteimitglieder wie Klaus Ernst und Frank Firsching hatten den Kreisverband Schweinfurt vor die Zerreißprobe gestellt. Doch er hielt stand.
Die Schweinfurter Linke feiert ihre Auferstehung
Spätestens seit dieser Bundestagswahl ist davon kaum noch etwas zu spüren. Gut 50 Menschen kamen in die Alte Feuerwache – deutlich mehr, als erwartet, sagt Conrad am Wahlabend. An den Wänden prangen Plakate mit der Aufschrift "Zusammenhalt". Kinder, Ältere, Frauen und Männer – sie alle wollten bei Pizza, Bier oder Wasser den Abend gemeinsam verbringen.
Auch Klara Rottenberger aus Schwebheim war dabei. Die 22-Jährige, Mitgliederbeauftragte der Linken, hatte in den vergangenen Wochen alle Hände voll zu tun. An manchen Tagen meldeten sich mehr als drei neue Mitglieder. "Das war großartig – vor allem, weil wir direkt mit den Neuen ins Gespräch kamen", sagt sie.
Migrationskurs der Grünen schreckte Neuzugänge ab
Besonders aus dem Umfeld der Grünen spürten die Linken Zulauf. Viele hätten das Gefühl, die Grünen hätten zentrale Themen wie Rente, Miete und Klimaschutz vernachlässigt, erklärt Rottenberger. "Während die anderen über Migration sprachen, ging es den neuen Mitgliedern vor allem um soziale Fragen." Die Zahlen bestätigen das: In den letzten Wochen verzeichnete der Kreisverband 40 Neuzugänge, vor allem junge Menschen.
Einer von ihnen ist Jonas Pavel. Der 25-Jährige sympathisierte nach eigenen Angaben lange mit den Grünen und zog sogar in Betracht, dem neu gegründeten Kreisverband in Gerolzhofen beizutreten. Doch der harte Kurs der Partei in der Migrationspolitik schreckte ihn in den letzten Wochen ab. "Die Linke habe ihm die Hoffnung zurückgebracht, dass durch sie eine Gesellschaft des Zusammenhalts entsteht."
Angesichts der vielen Probleme der Partei schien die Kandidatur der neuen Kreisvorsitzenden und ehemaligen Mitarbeiterin von Klaus Ernst lange aussichtslos. Doch spätestens am nächsten Morgen war die politische Auferstehung perfekt. "Ich freue mich riesig", erklärt eine spürbar überwältigte Conrad am Tag nach der Wahl. Als die offizielle Mitteilung der Bundeswahlleiterin sie zwischen vier und fünf Uhr früh erreicht, schläft die 27-Jährige noch tief. "Jetzt beginne ich es langsam zu begreifen." Mit dem siebten Platz auf der bayerischen Landesliste zieht Conrad damit als Nachfolgerin von Ernst in den Bundestag ein.
Erfolg dank vieler fleißiger Helfer
"Das ist ein Ergebnis, das wir so in Bayern noch nicht gesehen haben", sagt Conrad. Die Linke habe vor allem mit ihren Kernthemen überzeugt. Sie lobt die Helferinnen und Helfer, die in den letzten Wochen und Monaten Großes geleistet hätten. Auch das Engagement vieler neuer Mitglieder habe den Erfolg erst möglich gemacht. Conrad, die sich selbst eher als pessimistischen Menschen beschreibt, sagt, sie habe im vergangenen Jahr durchweg gute Laune gehabt. Nun hoffe sie, dass das so bleibt und "das Beste eintritt".
In Schweinfurt will die Linke ihr Parteibüro in der Hadergasse künftig noch intensiver nutzen. Schon jetzt unterstützt die Partei Bürgerinnen und Bürger bei der Überprüfung ihrer Nebenkostenabrechnungen. Mit dem sogenannten Heizkostencheck hat sie bundesweit bei jeder vierten eingereichten Rechnung Fehler aufgedeckt und den Betroffenen Geld zurückgebracht. "Wer Hilfe braucht, kann zu unseren Öffnungszeiten jederzeit vorbeikommen", betont Conrad.
Agnes Conrad blickt wehmütig auf das Ergebnis
Aber dennoch: trotz des Erfolgs mischt sich auch Wehmut in die Freude der Schweinfurterin. Der Rechtsruck in der Bundesrepublik habe letztlich dazu beigetragen, dass sie den Einzug in den Bundestag feiern könne, sagt Conrad. "Das ist eine große Herausforderung, aber ich werde sie annehmen", bekräftigt sie.
Und das muss sie auch schon bald: Bereits am Dienstag steht der erste Termin in Berlin an. Gegen 11 Uhr treffen sich dort die neu gewählten Abgeordneten bei der Bundeswahlleitung. Neben Conrad werden sieben weitere Parlamentarier der Linken aus Bayern in der nächsten Legislaturperiode im Berliner Reichstagsgebäude sitzen. Ebenfalls mit dabei ist der Würzburger Direktkandidat Aaron Valent als der zweite unterfränkische Linken-Abgeordnete.
Politisch jedenfalls läuft sich die 27-Jährige schon warm. Angesichts der Sparpläne von CDU-Chef Friedrich Merz müsse die Linke möglichst laut bleiben und dagegenhalten, damit die Menschen nicht ihrer Grundlagen beraubt werden. "Wir müssen jedem Menschen seine Würde erhalten."
Unsere Demokratie kommt immer mehr in die Zange. Zum Glück blieb der BSW draussen
Die Linke ist eine demokratisch legitimierte Partei, mehr als 8 % der Wahlberechtigten haben dieser Partei ihre Stimme gegeben!
Wie hier die "Demokratie in die Zange" kommen soll, wird wohl immer Ihr Geheimnis bleiben!
Im Gegensatz zu den - offensichtlich von Ihnen präferierten - konservativen Parteien verliert die Linke die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht aus den Augen, macht nicht mit bei der unsäglichen Sozialneid- und Migrationsdebatte und versucht immer wieder den Irrsinn der "Schuldenbremse" deutlich zu machen und diese abzuschaffen!
Hoffentlich wird die Linke ihre politische Kraft nutzen, um Merz und den anderen "Leistungsträgern" wie Dobrindt, Spahn und Konsorten - die ihre Unfähigkeit ja in der Vergangenheit weiß Gott mehr als deutlich unter Beweis gestellt haben - fachkundige Opposition entgegen zu setzen! Wenn das Ihre "Zange" ist, dann ist diese bei der zu erwartenden "Regierung" wohl der letzte Funken Hoffnung!
Aufs falsche Pferd gesetzt