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Schweinfurt
Schweinfurter Linke: Der Parteikern kündigt seinen Austritt an
Die vorderste Reihe der Schweinfurter Linken bröckelt. Wird Schweinfurt eine "Keimzelle" der neuen Wagenknecht-Partei?
Sie sehen ihre politische Zukunft nicht mehr in der Linken, sondern voraussichtlich in der neuen Partei um Sahra Wagenknecht (von links): Sinan Öztürk, Wolfgang Trüdinger, Kerstin Reichert, Robert Striesow, Bundestagsabgeordneter Klaus Ernst und Frank Jauch.
Foto: Steffen Krapf | Sie sehen ihre politische Zukunft nicht mehr in der Linken, sondern voraussichtlich in der neuen Partei um Sahra Wagenknecht (von links): Sinan Öztürk, Wolfgang Trüdinger, Kerstin Reichert, Robert Striesow, ...
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:43 Uhr

Erlebt die Schweinfurter Linke einen Exodus? Die Austrittswelle auf Bundesebene nach dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und neun weiteren Bundestagsabgeordneten, darunter Parteigründungsmitglied Klaus Ernst, macht sich gut einen Monat später auch in Schweinfurt deutlich bemerkbar. Während die Schweinfurter Bürgerinnen und Bürger am ersten Adventswochenende auf den Weihnachtsmarkt pilgerten, traf sich unweit entfernt, im Hotel Ross am Georg-Wichtermann-Platz, eine Abordnung mit MdB Ernst in dessen Wahlkreis.

Es war nicht irgendeine Runde, es war nahezu der komplette Parteikern der Schweinfurter Linken. "Wir hier sind alles Gewerkschafter", erklärte Sinan Öztürk den gemeinsamen Background der Teilnehmenden. Außer dem ehemaligen Stadtrat und Ehrenvorsitzenden der Schweinfurter Linken waren auch Frank Hertel (Spitzenkandidat bei der zurückliegenden Landtagswahl), Kerstin Reichert (ehemalige Schatzmeisterin der Linken Schweinfurt), Robert Striesow (Stadtrat und Schatzmeister der Linken Schweinfurt) und die beiden Partei-Urgesteine Frank Jauch und Wolfgang Trüdinger zugegen. Der Vorsitzende der Linken-Fraktion im Schweinfurter Stadtrat, Frank Firsching, ließ sich entschuldigen.

Alle eint künftig auch, dass sie nicht mehr Mitglied in der Linken sein werden. "Ich kann mit der Partei nicht mehr mitgehen", erklärt Stadtrat Robert Striesow. Für ihn sei alarmierend, dass Arbeiterinnen und Arbeiter nicht mehr die Linke, sondern die AfD wählen. Außerdem kritisiert er den Umgang miteinander sowie die "farblose" Bundesspitze. Striesow verlässt die Partei im Januar. Die Stadtratsfraktion um ihn und Firsching, der ebenfalls austritt, sowie Andrea Greber, die in der Linken bleibt, soll jedoch bestehen bleiben.

Vergiftetes Klima innerhalb der bayerischen Linken

Über ein vergiftetes Klima innerhalb der bayerischen Linken berichtet Kerstin Reichert. "Es ging jegliche Moral verloren", sagt Reichert mit Blick auf den zurückliegenden Landtagswahlkampf der Linken rund um Spitzenkandidatin Adelheid Rupp. "Die Partei wurde zu einem Selbstbedienungsladen gemacht", meint Sinan Öztürk verärgert. Von "Vetternwirtschaft" und "Hinterzimmerpolitik" ist die Rede.

Auch Frank Hertel, unterfränkischer Spitzenkandidat der letzten Landtagswahl, findet den Umgang innerhalb der Linken "seltsam". Überhaupt erkennt er nicht mehr viel von der Partei, in die er vor zehn Jahren eingetreten ist. "Damals war die Partei für die kleinen Leute da", meint er. Heute gebe es Strömungen in der Linken, die "grüner als die Grünen sind".

Schweinfurt gehörte bei der Parteigründung zu den Keimzellen. "Aber das Projekt ist aus unserer Sicht gestorben", erklären die jetzt Abtrünnigen mit einer Mixtur aus Wehmut und Stolz. Gut möglich, dass die versammelte Runde auch die Keimzelle einer neuen linken Partei sein könnte. Aktuell beobachte man das neue Bündnis um Sahra Wagenknecht intensiv.

Klaus Ernst berichtete aus erster Hand. "Wir wollen kontrolliert wachsen", kündigt der Ex-Parteichef der Linken an. Im Januar soll die Parteigründung folgen. "Und irgendwann gibt es dann sicherlich auch eine Stadtratsliste der neuen Partei", blickt Öztürk gespannt in die Zukunft, die so vielleicht gar nicht hätte kommen müssen, findet Klaus Ernst: "Wenn alle Kreise wie Schweinfurt gewesen wären, hätten wir das alles nicht gebraucht."

 
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  • Elvira von Falkenstein
    Es ist wirklich nicht schön, wenn man sieht, wie die AFD der Linken den Rang abgelaufen hat.
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  • Norbert Sandmann
    Ich will hier und jetzt nicht über die Linken oder die Wagenknecht-Partei urteilen, dies würde mir nicht zustehen. Ich gebe nur zu Bedenken, dass viele Kleinparteien ein Land unregierbar machen, das hatte sich bereits 1933 und vorher schmerzlich gezeigt. Den Einzigen, denen die Zersplitterung der Parteienlandschaft nützt, sind die »Rechten«. Sonderbar erscheint mir der Wechsel des Spitzkandidaten der Linken, Frank Hertel. Zuerst kandierte er für die Linken, um kurz danach seinen Austritt bekannt zu geben. Und jetzt behauptet hoffentlich niemand, er habe sich erst kürzlich zu diesem Abschnitt entschlossen, das würde ihm kaum jemand abnehmen.
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  • Roland Albert
    In diesem Artikel hier wird wiederum deutlich, dass es auch in der linken Politik nur um Machtpostionen, Postengeschachere und eigene Vorteile geht.
    Wagenknecht macht es doch vor und nun laufen sie ihr hinterher.
    Die Ansätze ihrer neuen Weggestaltung zeigen zumindest, dass die Realität die Visionen einzuholen scheint.
    Warum sollte man sowas wählen, bleibt dennoch die Frage.
    Bis die positiv in die Gänge kommen, ist die Runde rum und die Stimme verloren.
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  • Hiltrud Erhard
    Das sind heuchlerische und unehrliche Machenschaften!
    Solche Personen ohne einen Kompass haben in der Politik nichts verloren!
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  • Robert Striesow
    Sehr geehrte Frau Erhard, warum ist es heuchlerisch wenn man sich innerhalb einer Partei nicht mehr vertreten fühlt? Ist da ein Austritt nicht einfach konsequent? Es sind alles Personen, die jahrelang eine gute Arbeit geleistet haben, denen vorzuwerfen das diese Personen ohne Kompass sind, finde ich unsachlich.

    Mit freundlichen Grüßen
    Robert Striesow
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