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Schweinfurt
Schweinfurts Stadtrat entscheidet: Willy-Sachs-Stadion wird umbenannt
Mit knapper Mehrheit entschied der Schweinfurter Stadtrat, dass Willy Sachs aus der Ehrenbürgerliste gestrichen und das Stadion umbenannt wird. Was waren die Gründe?
Das Willy-Sachs-Stadion in Schweinfurt wird künftig nur noch Sachs-Stadion heißen. Das hat der Stadtrat entschieden.
Foto: Bayerischer Turnverband | Das Willy-Sachs-Stadion in Schweinfurt wird künftig nur noch Sachs-Stadion heißen. Das hat der Stadtrat entschieden.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:51 Uhr

Am 9. November 2020 wurde der fraktionsübergreifende Antrag, Willy Sachs die Ehrenbürgerwürde zu entziehen und das von ihm 1936 gestiftete Stadion an der Niederwerrner Straße zukünftig "Sachs-Stadion" zu nennen, eingereicht. Am 29. Juni traf der Schweinfurter Stadtrat nun eine historische Entscheidung: Der Antrag wurde angenommen.

Seit vielen Jahren gibt es die Forderung, das Handeln des 1958 gestorbenen Großindustriellen Willy Sachs, Sohn des Firmengründers Ernst Sachs, während des Nationalsozialismus genauer zu betrachten und in der Konsequenz, ihn aus der Liste der Ehrenbürger zu streichen. Während die Diskussion über das Thema vor allem im Winter von Polarisierung bestimmt war, fand nun eine sehr fundierte, sachliche, auch von Gegensätzen geprägte Diskussion im Stadtrat statt. 

Die Entscheidung war relativ knapp und kam auch zustande, weil einzelne Mitglieder der CSU-Fraktion mit den Befürwortern des von Julia Stürmer-Hawlitschek (SPD) und Adi Schön (Freie Wähler) gestellten Antrags stimmten. Mit 22:20 Stimmen wurde nach knapp eineinhalbstündiger Diskussion entschieden, Willy Sachs von der laut OB auf der Webseite der Stadt zu findenden Liste der bisher 32 Ehrenbürger seit 1822 zu streichen. Die Ehrenbürgerwürde posthum abzuerkennen, ist grundsätzlich gar nicht möglich, da sie mit dem Tod der jeweiligen Person ohnehin erlischt. 

"Willy Sachs ist weder hinsichtlich seiner persönlichen Entwicklung noch seiner politischen Einstellung ein Vorbild."
Professor Dr. Andreas Dornheim.

25:17 lautete das Ergebnis der Abstimmung darüber, das Willy-Sachs-Stadion zukünftig nur noch "Sachs-Stadion" zu nennen, um damit der Leistung der Unternehmerfamilie Sachs für die Stadt Schweinfurt gerecht zu werden. Darüber hinaus soll eine Informationstafel am Stadion aufgestellt werden, die über das Leben von Willy Sachs informiert, auf seine unbestrittenen Verdienste für die Stadt, aber auch seine umstrittene Rolle während des Nationalsozialismus hinweist. Wie der Name Willy, in goldfarbenen Lettern an der Wand links am Haupteingang des Stadions abgebildet, nun entfernt wird, ist momentan offen. Lösungen dafür sollen Kunsthistoriker entwickeln.

Willy Sachs (Zweiter von rechts) bei der Eröffnung des von ihm gestifteten Stadions 1936 mit den Ehrengästen Heinrich Himmler und Hermann Göring (2. und 3. von links).
Foto: Sachs Archiv | Willy Sachs (Zweiter von rechts) bei der Eröffnung des von ihm gestifteten Stadions 1936 mit den Ehrengästen Heinrich Himmler und Hermann Göring (2. und 3. von links).

Einer der Auslöser für die neue Diskussion war auch das vom an der Universität Bamberg lehrenden Historiker Professor Dr. Andreas Dornheim herausgegebene Buch "Sachs - Mobilität und Motorisierung", das 2015 erschien. Dornheim hatte Zugang zu den Sachs-Archiven und beleuchtet in einem ausführlichen Kapitel auch das Leben von Willy Sachs und gezielt dessen Rolle während des Nationalsozialismus, aber auch sein Frauenbild, sein Handeln in der Firma, seine Spenden an die NSDAP, seine Rolle in der SS und vieles mehr.

Julia Stürmer-Hawlitschek hatte Dornheim auch aktuell gebeten, noch einmal eine Einschätzung zu geben, die an die Stadträte im Vorfeld der Sitzung verteilt wurde und die eindeutig ausfällt: "Willy Sachs ist weder hinsichtlich seiner persönlichen Entwicklung noch seiner politischen Einstellung ein Vorbild." Für Stürmer-Hawlitschek ging es vor allem darum, "Haltung zu zeigen, nicht Geschichte auszulöschen, sondern einen verantwortungsvollen Umgang und Beitrag zu unserer Schweinfurter Erinnerungskultur zu leisten."

Das Willy-Sachs-Stadion heißt zukünftig nur noch 'Sachs-Stadion'. Das entschied der Stadtrat am Dienstag in seiner Sitzung, in der auch beschlossen wurde, Willy Sachs von der Liste der Ehrenbürger der Stadt wegen seiner Nazi-Vergangenheit zu streichen.
Foto: Nicolas Bettinger | Das Willy-Sachs-Stadion heißt zukünftig nur noch "Sachs-Stadion". Das entschied der Stadtrat am Dienstag in seiner Sitzung, in der auch beschlossen wurde, Willy Sachs von der Liste der Ehrenbürger der Stadt wegen ...

Stadtarchivar Müller erstellte Gutachten im Auftrag des Oberbürgermeisters

Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) hatte schon im Winter ein ausführliches Gutachten bei Stadtarchivar Dr. Uwe Müller in Auftrag gegeben, der die historischen Fakten zusammenfasste und auch die Diskussion seit Anfang der 1980er-Jahre bis heute zum Thema skizzierte.

Das Willy-Sachs-Stadion auf einem historischen Foto von 1936. Erbaut wurde es von Architekt Paul Bonatz und seinem Schwiegersohn Kurt Dübbers, eingeweiht am 40. Geburtstag des Stiftes Willy Sachs, am 23. Juli 1936.
Foto: Hans Uhlenhut | Das Willy-Sachs-Stadion auf einem historischen Foto von 1936. Erbaut wurde es von Architekt Paul Bonatz und seinem Schwiegersohn Kurt Dübbers, eingeweiht am 40. Geburtstag des Stiftes Willy Sachs, am 23. Juli 1936.

In seiner Stellungnahme ging Müller unter anderem auf die Frage ein, warum Willy Sachs die Ehrenbürgerwürde an seinem 40. Geburtstag, am 23. Juli 1936, verliehen wurde – nämlich für die Stiftung des dann nach ihm benannten Stadions. Er ging auch darauf ein, warum der Schweinfurter Stadtrat 1946 entschied, Sachs die Ehrenbürgerwürde nicht zu entziehen, als man direkt nach dem Krieg Adolf Hitler wieder von der Ehrenbürgerliste strich.

"Eine angemessene Würdigung der Person Willy Sachs kann nur auf dem Hintergrund der Zeitumstände erfolgen und nicht ex post nach heutigen politischen und moralischen Kriterien."
Stadtarchivar Dr. Uwe Müller.

Müller betonte, aus seiner Sicht sei eine "von moralischem Rigorismus und Emotionen geprägte Debatte um die Begriffe 'überzeugter Nationalsozialist' oder 'Mitläufer' vor dem Hintergrund des aktuellen Kenntnisstandes nicht zielführend". Sachs' Weltbild sei von "großer politischer und menschlicher Naivität" geprägt gewesen. Der Stadtarchivar erklärte: "Eine angemessene Würdigung der Person Willy Sachs kann nur auf dem Hintergrund der Zeitumstände erfolgen und nicht ex post nach heutigen politischen und moralischen Kriterien." 

Oberbürgermeister und CSU für aktive Erinnerung statt Namens-Tilgung

Die Verwaltung hatte als Konsequenz aus Müllers Gutachten vorgeschlagen, sowohl die Ehrenbürgerliste als auch den Stadionnamen zu belassen, dafür aber eine ausführliche Informationstafel am Stadion aufzustellen. Oberbürgermeister Sebastian Remelé erklärte, natürlich tauge Willy Sachs nicht als Vorbild, er sei Opportunist und Nutznießer des Nationalsozialismus gewesen. Er sei aber auf der anderen Seite auch ein Wohltäter für die Stadt gewesen.

Aus Sicht des OB, unterstützt vom CSU-Fraktionsvorsitzenden Stefan Funk sowie den CSU-Räten Bernd Weiß und Stefanie Stockinger-von Lackum, unterdrückt gerade die Umbenennung des Stadions die Auseinandersetzung mit der Person und der Geschichte. "Geschichte lässt sich nicht korrigierend löschen, sondern man muss Lehren daraus ziehen. Man sollte sich an der Person Willy Sachs mit ihren Schwächen und Stärken reiben", so Remelé. Aus seiner Sicht werde durch die Namensstreichung aus der Ehrenbürgerliste "ein sachlicher Diskurs im Keim erstickt." Auch AfD-Stadtrat Sebastian Madeiski schloss sich dem Verwaltungs-Vorschlag an.

CSU-Fraktionschef Stefan Funk sprach von einer Gratwanderung: Man müsse natürlich das "verwerfliche Handeln und die zweifelhaften Taten von Willy Sachs" verurteilen, müsse aber auch die Stiftung des Stadions und die anderen Wohltaten für die Stadt entsprechend würdigen.

Opposition verweist auf historische Fakten und fehlende Vorbildfunktion

Der Ansicht des OB schloss sich die Mehrheit des Gremiums nicht an. In vielen Beiträgen wurde noch einmal sachlich auf die historischen Fakten Bezug genommen, um darzulegen, warum Willy Sachs kein Ehrenbürger sein sollte. Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) brachte es so auf den Punkt: "Wir sollten Erinnerungskultur leben, aber nicht die Täter ehren."

Peter Hofmann (SPD) verwies unter anderem auf die im Dornheim-Buch klar herausgearbeiteten Details zu Sachs' Frauenbild und die gescheiterte Entführung seiner beiden Kinder aus der Schweiz mit Hilfe der SS in den 1930er-Jahren: "Ist so jemand es wert, in der Ehrenbürgerliste aufgeführt zu werden?". Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) betonte, Willy Sachs als Mitläufer einzustufen und sein Handeln so zu entschuldigen, sei nicht angebracht: "Jedes Regime krankt so sehr an den Mitläufern wie an seiner verdorbenen Spitze." Unterstützt wurde sie dabei auch von Adi Schön (Freie Wähler).

 
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  • eboehrer@gmx.de
    Die Aberkennung erfolgte nur, weil 2 Räte nicht anwesend waren. Und diese Stimmen haben gefehlt, damit Willy Sachs Ehrenbürger und der Stadionname geblieben wären. Wem gehörten diese Stimmen?
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  • rainbird
    Ich sehe hier parallelen zu Würzburg. Da hieß es auch früher noch Carl Diem Halle. Jetzt heißt sie inzwischen s. Oliver.
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  • robert.erhard@gmx.de
    Es ist doch zweifelhaft wie die Biografie von Dornheim eine Bewertung vornimmt oder die politische Gesinnung Dornheims widerspiegelt. Ebenso ist die Aussage von Herrn Hofmann ein politischer Strohhalm, die Bedeutungslosigkeit der SPD zu verhindern versucht und daher wie ein Mitläufer wirkt! Wie ist denn sein Frauenbild?
    Man kann geteilter Meinung sein über das Wirken von Sachs, aber Fakt ist doch, dass SCHWEINFURT ohne Sachs nichts wäre.
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  • Walger14591609
    Genau! Und der Adolf hat doch auch die tollen Autobahnen gebaut! Echt jetzt.

    Muss schon jeder selbst wissen, mit wem oder was er sich gemein macht. Aber dann auch damit leben, dass man ihn dementsprechend verortet.
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  • eboehrer@gmx.de
    an gardner: Ihr Kommentar ist geschmacklos. Da besser gar nichts schreiben.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Ihre Meinung!
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  • Walger14591609
    Wahrscheinlich wollte Christel einfach nur kundtun, dass ihr der sehr witzige Kommentar nicht schmeckt. Und über Geschmack lässt sicht bekanntlich endlos trefflich streiten. Oder man lässt es einfach bleiben.
    Wo ist eigentlich der wunderhübsche Beitrag 'Willy Sachs wird nun zu Willy sucks' geblieben? War da wer wieder mal zu empfindlich?
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  • Reinshagen153@t-online.de
    "Wie der Name Willy, in goldfarbenen Lettern an der Wand links am Haupteingang des Stadions abgebildet, nun entfernt wird, ist momentan offen."

    Wie ideenlos ist diese Aussage! Das ist doch eine Steilvorlage für die modere Kunst!

    VORSCHLAG: Begehbare Verhüllung der goldenen Schrift und des Denkmals von Willy Sachs, mit innenliegenden Dokumentationszentrum. Statt einer knausrigen "Informationstafel", die überhaupt nicht der Tragweite gerecht würde! Bei der Einweihung des Stadions war Heinrich Himmler anwesend, der nichts geringeres wollte, als das Volk Gottes komplett zu ermorden!

    Das wäre, i Ggs. zum Reichstag etc., die ersten Verhüllung in der Welt, die Sinn machte! Statt der sinnlosen Aktionen der modernen "Kunst", die nun schon seit den 60er Jahren Betonwürfel aufstellt, Stahlträger in den Boden einrammt, Einkaufswagen auftürmt und damit Kulturorte und Städte verschandelt.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Nur so eine Idee:
    GUNTER SACHS STADION -
    die Spielstätte für Playboys.
    Hat doch was ...🤣
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  • a.neinh79@gmx.de
    Wow.....toll mehr fällt mir da nicht ein......
    Wie lange hiess das Stadion so und niemanden hat es gestört.
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  • norbert.zirnsak@igmetall.de
    Ein großer Tag für alle, die seit den 1980er Jahren daran gearbeitet haben, die Geschichte des Willy Sachs ins rechte Licht zu rücken. Ein großer Erfolg für Klaus Hofmann, der diesen Tag leider nicht mehr miterleben durfte.
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  • wstu
    Wenigstens "Sachs Stadion" ist doppelte Moral, nicht Fisch und nicht Fleisch - HÜ oder HOTT
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  • frankaw
    Schämt euch..!
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  • Walger14591609
    Wieso?
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  • wstu
    Armes Schweinfurt, wenn Ihr keine anderen Probleme hättet, habt Ihr 70 Jahre geschlafen ?
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  • schroek1@web.de
    Sie hätten es gerne, dass bei diesem Thema Schweinfurt weiter geschlafen hätte?
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