Am 19. November 1958 setzte Willy Sachs auf Gut Rechenau mit einem Pistolenschuss in den Mund seinem Leben ein Ende. Er, der sich gern "der Stier vom Inntal" nennen ließ, war schwer zucker- und herzkrank, wohl auch depressiv, vier Wochen später sollte in München eine Anzeige wegen Abtreibung verhandelt werden.
Willy Sachs kam als einziges Kind von Betti und Ernst Sachs am 23. Juli 1896 zur Welt. Als der sehr sozial eingestellte Vater 1932 kurz vor der Eröffnung des von ihm gestifteten Bades an Leukämie erkrankt stirbt, ist der Sohn auf die Übernahme des Unternehmens schlecht vorbereitet. Seine schulischen Leistungen waren eher durchschnittlich, einen Abschluss gab es bei der Würzburger Privatschule Adam, die bei der Familie Sachs verschuldet war. Es folgten Praktika, unter anderem bei Bosch. Als sich Willy um ein Offizierspatent bewarb, soll er sich fälschlicherweise als Abiturient ausgegeben haben. Beim Militär hieß es, "er neigt zur Bequemlichkeit".
1925 hatte er, vom Vater eingefädelt, die 17-jährige Elinor von Opel geheiratet. Die Opels waren die größten Automobilhersteller Deutschlands. Das Paar zählte zu den reichsten Deutschen. Auf Fotos schaut die kulturell interessierte Frau alles andere als glücklich aus. 1929 wird Ernst Wilhelm, 1932 Fritz Günther, den sie später nur noch Gunter nennen werden, geboren. Die Ehe ist nicht glücklich.
Millionenspende an die NSDAP
Willy, der "Bayern Willy", liebt es rustikal, hält es mit der ehelichen Treue nicht so genau. Er tritt der NSDAP bei, macht Karriere bei der SS und bringt es bis zum Obersturmbannführer. Er spendet der Partei über eine Million Reichsmark, ist mit dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, SS-Reichsführer Heinrich Himmler und dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich, befreundet. Heydrich war im nationalsozialistischen Terrorregime der Hauptorganisator des Holocaust, dem über sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Gemeinsam mit Himmler, Göring und Heydrich ging Willy Sachs auf die Jagd. Als 1936 das von ihm, dem großzügigen Mäzen des Sportvereins FC 05, für eine Million Reichsmark gestiftete Stadion eingeweiht wird, sind die Nazigrößen zu Gast. Der 40-Jährige wird Ehrenbürger der Stadt. Bei der Hochzeit Görings mit Emmy Sonnemann steht Willy Sachs auf der Gästeliste. Er trägt den Titel eines schwedischen Konsuls, den sein Vater beim Verkauf der Wälzlagersparte an SKF 1929 herausgehandelt hatte.
Wegen seiner Nähe zur Partei und zum Regime wurde wiederholt von der Schweinfurter "Initiative gegen das Vergessen" und unter anderem auch von der Süddeutschen Zeitung eine Umbenennung des Stadions und die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde gefordert. Dazu meldete sich schließlich Sohn Gunter zu Wort. Er verteidigt den Vater als politisch eher unbedarft. "Wenn ich nit mitgelaufen wär, hätte mer heute kei Fabrik mehr", zitiert er ihn.
Als Mitläufer eingestuft
Schon 1948 war er nach zweijähriger Internierung von der Spruchkammer als Mitläufer eingestuft worden. Dabei gab sein Anwalt an, er habe Juden vor Verfolgung geschützt. Antisemitische Äußerungen sind von Willy Sachs nicht bekannt. Dagegen spricht, dass er dem jüdischen Ingenieur Max Goldschmidt ein Kupplungspatent weit unter Wert abgekauft hat.
Die Historiker Andreas Dornheim ("Sachs. Mobilität und Motorisierung", Hoffmann und Campe) und Daniel Schmitz nennen Sachs einen überzeugten Nationalsozialisten. Aus dem "roten" habe er einen "braunen" Betrieb machen wollen. In der Schweinfurter Öffentlichkeit fand der Vorstoß, Sachs die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen, keine Resonanz. Der Popularität des großzügigen, jovialen, trinkfesten und feierwütigen Willys konnten die Vorwürfe nichts anhaben.
1935 zieht Elinor aus den Kapriolen und möglicherweise auch aus politischen Gründen die Konsequenzen, geht mit den beiden Söhnen in die Schweiz. Im Scheidungsverfahren werden beide als schuldig angesehen. Um die Kinder entbrennt eine heftige Auseinandersetzung, in der Willy Sachs diplomatische Hilfe von seinen Nazi-Freunden bekommt. Ein Entführungsversuch der SS scheitert kläglich. Schließlich kann sich der Vater vor Gericht teilweise durchsetzen, er erhält das Sorgerecht für Ernst Wilhelm, der 1940 auch zu ihm nach Schweinfurt kommt.
Das operative Geschäft im Unternehmen überlässt Willy Sachs den Direktoren. Vor allem Heinz Kaiser, Rudolf Baier und Michael Schlegelmilch. Von 1932 bis 1938 wächst die Firma von rund 2000 auf über 7100 Mitarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg beschäftigt Fichtel & Sachs rund 4000 Fremd- und Zwangsarbeiter. Diese können den Verlust der zum Militär eingezogenen Mitarbeiter jedoch nicht ausgleichen. Obwohl das Unternehmen unter anderem Kupplungen für Panzer herstellt und in die Munitionsproduktion einsteigt, geht der Umsatz deutlich zurück. Bei den Bombenangriffen der Alliierten werden die Fabriken schwer getroffen zu 67 Prozent zerstört.
Chef des Aufsichtsrates
Willy Sachs wird vom US-Militär inhaftiert. Nach der Beendigung des Spruchkammerverfahrens kehrt er nicht in den Vorstand des Unternehmens, dem er seit 1923 angehörte, zurück, sondern wird Chef des Aufsichtsrats. Die 1950er Jahre waren auch für Fichtel & Sachs die Zeit des kräftigen Aufschwungs. In den Jahren 1954, 1955 und 1959 wuchs die Belegschaft jeweils um 1000 Mitarbeiter. 1959 standen knapp 8000 auf den Lohnlisten. Profitiert hat das Unternehmen in dieser Zeit von der verstärkt einsetzenden Motorisierung. Die Sachs-Motoren boomen. Mit dem Saxomat bringt F&S eine halbautomatische Kupplung auf den Markt. Erster Kunde ist Daimler-Benz. Die großen Hoffnungen, die in ihn gesetzt wurden, konnten jedoch nicht erfüllt werden.
Willy Sachs heiratet 1938 Ursula Mayer, eine Nachbarin aus Oberaudorf, 1949 wird die Ehe geschieden. Auf dem 600 Hektar großen Jagdrevier Rechenau ist er mit der Haushälterin Katharina Hirnböck liiert. Aus der Beziehung stammt Sohn Peter. Die meiste Zeit verbringt Willy Sachs in Oberbayern. Nur im Herbst und Winter zieht es ihn zeitweise in die Heimat, wo er dann Stammgast in der Weinstube Gösswein ist und in Hausen auf die Jagd geht.
Als er sich 1958 das Leben nimmt, ist im Schweinfurter Tagblatt vom einem "tragischen Unglücksfall" zu lesen.
Sachs-Stadion. Bin dafür. Ernst Sachs hat sehr viel für Schweinfurt getan. Ihm zu Ehren sollte das so heißen. Es wurde schließlich von Ihm realisiert. Er ist halt kurz vor Eröffnung gestorben.
Hätte er nicht das nach ihm benannte Stadion gestiftet (speziell für die Schnüdel) wäre die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde schon längst geschehen!
Nach allem was man heute weiß und was bekannt ist hat er die Ehrenbürgerwürde nie verdient - nicht nur aufgrund seiner "Nazi-Kumpeleien" sondern auch aufgrund seines weiteren "Lebensstils".
Drei Möglichkeiten sind denkbar und alle drei schlecht:
1. Stadion nicht unbennen
2. Stadion umbenennen - Jedoch sollte man ein Geschenk nicht weiternutzen, wenn man den Stifter ablehnt
3. Radikallösung: Stadion abbrechen und unter anderem Namen neu bauen - Es steht aber unter Denkmalschutz. Zudem wäre es volkswirtschaftlich & ökologisch unsinnig, den Sportpark einschließlich Nebenplätze, die W. Sachs auch stiftete, einzuebnen.
Die Umbenennung der Carl-Diem-Halle in Würzburg, die als Vorbild öfters angeführt wurde, kann man damit nicht vergleichen. Sie wurde nicht von Diem gestiftet und erst 1981 eröffnet. Die Stadt Schweinfurt sollte dieses unlösbare Problem nach außen kommunizieren - das wohl jeder verstehen würde.
Für viele überwiegen die Positiva.