Polizei, das kennen viele aus dem Fernsehen. Aus Serien wie "Hubert und Staller", "Alarm für Cobra 11", zum Beispiel. "Mit der Realität hat das nichts zu tun", sagt Dienstellenleiter Markus Hauck beim Tag der offenen Tür der Polizei und der benachbarten Behörden. "Im Film verhindert keiner, dass Sie auf einen Schockanruf reinfallen. Ich habe auch noch keine Serie über Verkehrserziehung gesehen."
Deswegen der Tag der offenen Tür, mit dem Ziel, die Vielfalt der Polizeiarbeit darzustellen: von Hubschrauber über Hunde, Boote, Reiterstaffel, Blick in die Arrestzellen und einmal Platznehmen im Polizeiauto über Anti-Einbruchs-Beratung bis zu Ausbildungsinfos. Vor 40 Jahren ist die Polizei in die Mainberger Straße umgezogen. Nachbarn im Komplex, dem Technischen Ämtergebäude und der Wirsing-Villa, sind Wasserwirtschaftsamt, Staatliches Bauamt, eine Außenstelle des Arbeitsgerichts Würzburg und das Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.
Es gibt also viel anzuschauen, auszuprobieren und mitzumachen. Das Interesse ist groß. Für eine Führung durch die Dienststelle nehmen es viele in Kauf, in der Sonne anzustehen. Drinnen gibt es Infos über die Polizeiarbeit, über die Ausstattung der Polizistinnen und Polizisten. Man sieht, wie sich die Uniformen verändert haben, kann einen Blick in eine der Zellen werfen. Für Kinder eine faszinierende Sache.
Händeschütteln mit Maskottchen Lexi
Genauso wie eine Begegnung mit Lexi, dem Maskottchen der Polizei. Lexi schüttelt geduldig Hände, posiert für Selfies. Und das bei Affenhitze in einem Löwen-Plüschkostüm. Wohl einer der härtesten Jobs an diesem Tag.
Der Renner sind die Bootstouren auf dem Main mit der Wasserschutzpolizei, für die es gut gefüllte Wartelisten gibt. "Hauptsache Boot", sagt ein Kind, als die Mama fragt, ob es lieber mit dem großen oder dem kleinen Boot fahren will. Eine Frau möchte keine Schwimmweste tragen. "Ich kann doch schwimmen", sagt sie. Nützt nichts. Ohne Weste keine Bootsfahrt.
Bootstouren auf dem Main
An der Mainlände liegt die "Von Grassmann". Sie wird als Eisbrecher und als Schlepper bei Havarien eingesetzt, erklärt Schiffsführer Sascha Friedrich. Wer will, darf sich auf den Chefstuhl setzen, mal am Ruder drehen oder einfach den Blick auf die Stadt und den Main genießen.
Unten am Mainkai ist auch der beste Platz, um den Einflug des Polizeihubschraubers zu beobachten. Ein Spektakel, auf das viele gewartet haben. Hier hat dann auch die Reiterstaffel (sie ist nicht in Schweinfurt stationiert) ihren großen Auftritt.
Für einen nachdenklichen Moment sorgt Tim Schrott, als er zusammen mit den Kollegen vom Polizeieinsatztraining Situationen aus dem Alltag zeigt. Die Polizistinnen und Polizisten werden gerufen, weil jemand andere Menschen anpöbelt, weil er beim Diebstahl in einem Kaufhaus erwischt wurde oder weil sich zwei prügeln – und einer ein Messer zieht und auf die Polizisten losgeht. Solche Szenarien, der Umgang damit, werden trainiert.
"Jeder von uns hat Familie, jeder will gesund nach Hause kommen", sagt Schrott. Am Eingang des Polizeigebäudes in der Mainberger Straße haben Leute Kerzen und Blumen für den in Mannheim bei einem Einsatz getöteten Polizisten Rouven L. niedergelegt. Da wird einem schnell klar, mit welchen Risiken die Polizisten bei jedem Einsatz konfrontiert sind. Auch das ist sicher ein Ziel des Tags der offenen Tür: zeigen, was die Polizistinnen und Polizisten leisten und ihrem Einsatz Respekt entgegenzubringen.
Das Team Einsatztraining bekommt viel Applaus, schließlich ist das auch eine reife schauspielerische Leistung, wie einer den betrunkenen Schläger mit dem Messer spielt und die anderen ihn beruhigen wollen und festnehmen. Daraus kann man auch etwas lernen. Es ist nicht hilfreich, auf den Satz "Beruhigen Sie sich doch" zu antworten und "Beruhig dich erst mal selber" und noch eine Beschimpfung hinterherzuschicken. Danach zeigt Hund Henry, wie er hilft, einen Übeltäter zu stellen. Das geht auch sehr schnell und effektiv.
Auch in den anderen Behörden gab es viel zu entdecken und auszuprobieren. Einen Schneeflugsimulator zum Beispiel. Eine Entdeckung ganz anderer Art vermittelt hat Adrian Meyer-Spelbrink vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung. Er zeigt auf seinem PC den Bayern-Atlas, einen kostenfreien Kartendienst mit topografischen Karten. Luftbildern, historischen Karte und 3-D-Darstellungen von Gebäuden und Gelände. Zu finden ist das Angebot unter www.bayernatlas.de "Viele kennen das Angebot nicht", sagt er. Stimmt.
Ein Stück Industriegeschichte: Die Wirsing-Villa
Was viele sicher auch nicht kennen: die Wirsing-Villa, die versteckt im Ämterkomplex liegt und eine Außenstelle des Arbeitsgerichts Würzburg beherbergt. Rechtspflegerin Martina Barth, in ihrer Freizeit Gästeführerin als Magd Minna, schildert bei einer Führung die Geschichte des Gebäudes. Pauline Wirsing ließ sie 1908 für ihre Familie bauen. Architekt war der Schweinfurter Theodor Fischer, einer der bekanntesten Architekten seiner Zeit.
Pauline Wirsing stammte aus der Industriellen-Familie Kraus. Die Firma Kraus produzierte ab 1896 auf dem heutigen Behörden-Gelände Seifen, Soda, Glyzerin. Die Firma ist verschwunden, die Villa verfiel, sollte abgerissen werden. 1978 wurde sie in die Denkmalliste aufgenommen. "Das war eine totale Ruine". Jetzt ist hier eines der schönsten Gerichte Bayerns, sagt Martina Barth.