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Schweinfurt
Schweinfurts neuer Intendant Christof Wahlefeld: "Wir bieten Theater für jede Generation"
Der Theaterleiter im Interview: Die Bilanz der ersten Spielzeit im Theater im Gemeindehaus, wann mit der Sanierung des Haupthauses begonnen wird und warum es wieder Abos gibt.
Theaterleiter Christof Wahlefeld ist zufrieden mit der vergangenen Saison in der Ersatzspielstätte im evangelischen Gemeindehaus.
Foto: Martina Mueller | Theaterleiter Christof Wahlefeld ist zufrieden mit der vergangenen Saison in der Ersatzspielstätte im evangelischen Gemeindehaus.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 02.06.2023 02:30 Uhr

Christof Wahlfeld ist zufrieden: Die Spielzeit 2022/23 ist fast vorüber, die letzte Vorstellung vor der Sommerpause steht Mitte Juni auf dem Programm. Und das Wichtigste: Die Besucherinnen und Besucher sind zurück und nehmen die Ersatzspielstätte im evangelischen Gemeindehaus sehr gut an. Ohne Abonnements gab es 2022/23 eine Auslastung von gut 64 Prozent. Mit welchen Themen der Intendant in der kommenden Spielzeit beim Publikum punkten will und warum er bewusst nicht nur "Friede, Freude, Eierkuchen" auf der Bühne zeigen will, erklärt er im Gespräch.

Herr Wahlefeld, Ihre erste komplette Spielzeit als Intendant des Schweinfurter Theaters ist fast vorbei. Gehen Sie zufrieden in die Sommerpause?

Christof Wahlefeld: Ich gehe sehr zufrieden in die Sommerpause, bin aber auch froh, dass die Spielzeit jetzt vorbei ist und es ein wenig Erholung gibt. Nach der Eröffnung am 21. Oktober mussten wir erst eine Talsohle bei den Besucherzahlen durchschreiten, die ab Dezember aufgefangen wurde. Wir hatten starke Monate und jetzt 64 Prozent Auslastung, alles im freien Verkauf und ohne Abo-Unterstützung. 

Sie sind seit Februar 2022 in Schweinfurt, was war die bisher größte Herausforderung?

Wahlefeld: Die wichtigste Herausforderung neben dem Begleiten der Sanierung war, wieder ins Spielen zu kommen. Ein Theater, das nicht spielt, ist in meinen Augen nichts wert. Also war ich in jeder freien Minute kreuz und quer durch Schweinfurt unterwegs, habe mir Orte für eine Ersatzspielstätte angeschaut. Dann hat sich die wunderbare Gelegenheit mit dem evangelischen Gemeindehaus aufgetan, was mittlerweile eine sehr gute Partnerschaft ist, die funktioniert. Der Spielplan war eine Herausforderung, normalerweise hat man zwei Jahre Vorlauf. Ich habe aber erst ab Mai 2022 Ensembles suchen können. Jetzt bin ich dabei, schon für 2024 erste Pflöcke im Programm zu setzen. Es gab während der Corona-Pandemie natürlich kein Theater, es war eine Worst-Case-Situation und es hieß auch, dass wir Vertrauen aufbauen mussten und das Publikum Vertrauen zu mir.

Theaterleiter Christof Wahlefeld im Gespräch über die Höhepunkte der neuen Spielzeit und die Herausforderungen mit der Ersatzspielstätte.
Foto: Martina Mueller | Theaterleiter Christof Wahlefeld im Gespräch über die Höhepunkte der neuen Spielzeit und die Herausforderungen mit der Ersatzspielstätte.
Was ist der Stand bei der Sanierung des Haupthauses?

Wahlefeld: Ich bin als Nutzer bei jeder Bausitzung dabei. Wir müssen viele Auskünfte geben, was wir brauchen. Die Ausschreibungen sind durch, als Erstes kommen die Abbruch- und Schutzmaßnahmen. Es wurden schon viele bauvorbereitende Maßnahmen durchgeführt. Im Haus ist jetzt Baustrom, die Wände sind alle beprobt, das Thema Verkehrsrechnerraum geklärt. Derzeit ist die Wiedereröffnung für Oktober 2026 terminiert.

Wie gut wird die Ersatzspielstätte im evangelischen Gemeindehaus angenommen?

Wahlefeld: Am Anfang gab es Skepsis und es gibt auch Menschen, die sagen, wir kommen erst wieder, wenn das große Haus eröffnet ist. Wir sind sehr stolz auf das, was wir hier geschaffen haben. Es geht um das, was auf der Bühne stattfindet und nicht unbedingt um den Raum.

Spürt man auch im Schweinfurter Theater die deutschlandweit beklagte Zurückhaltung des Publikums nach der Corona-Pandemie?

Wahlfeld: Viel geht an der Abendkasse, das spüren wir auch. Es gibt den Corona-Entwöhnungseffekt, aber auch, dass es ein bisschen dauert, bis man sich überzeugt hat als Besucher. Gott sei Dank hat das Publikum Vertrauen zu dem, was wir hier machen, und es gab viele Menschen, die uns einen Vorschuss gegeben haben, es ausprobierten und dadurch wieder andere mitzogen. Zur nächsten Spielzeit verbessern wir den Kartenverkauf, bieten wieder Abos. Wir merken aber auch, dass wir hier noch keine Routine haben, jede Vorstellung neu für uns ist und wir das Haus und die Bühne noch kennenlernen müssen.

„Ein Theater, das nicht spielt, ist in meinen Augen nichts wert.“
Christof Wahlefeld
In den Nachrichten hört man ständig Ukrainekrieg, Inflation, Energiekrise – wie schwer ist es, in solch aufgewühlten Zeiten Theater zu machen, und welche Themen sollte man setzen?

Wahlefeld: Für mich ist der Klimawandel eine der größten Krisen, die wir in den nächsten Jahrzehnten zu bewältigen haben. Ich habe mich bewusst auf dieses Thema gesetzt, aber man merkt schon, dass bei harten Themen weniger Zuschauer kommen. Natürlich ist das schade, denn Theater sind nicht nur Orte der Unterhaltung, sondern auch der Vermittlung. Theater ist nicht unbedingt der Ort, an dem tagesaktuelle Politik verhandelt wird. Ich setze mich aber allgemein mit den Themen Krieg und Vertreibung, Umgang mit Menschen auseinander. Das ist das Interessante am Theater. Nur Friede, Freude, Eierkuchen auf der Bühne zu zeigen, wäre lahm.

Was war ihr persönlicher Programm-Höhepunkt 2022/23?

Wahlefeld: Es gibt mehrere. Bei "American Idiot" war ich an zwei Abenden sehr glücklich. Ich war glücklich bei der "Merry Fucking Christmas Party" im Museum Otto Schäfer und ich fand das Konzert "Die Spanische Stunde" einfach nur wunderbar.

"Nur Friede, Freude, Eierkuchen auf der Bühne zu zeigen, wäre lahm." 
Christof Wahlefeld
Was sind die Höhepunkte der neuen Spielzeit 2023/24, die im September beginnt?

Wahlefeld: Das Credo heißt: Theater für jede Generation. Wir bieten Kindertheater für Fünfjährige bis hin zur "Fledermaus" für das Stammpublikum. Aber es kommt auch vier Mal die "Rocky Horror Show", und es kommt Juli Zeh "Corpus Delicti". Wir haben mehrere Uraufführungen – die Rückert-Lieder von Mahler für Tenor werden speziell für Schweinfurt erarbeitet. Ich freue mich auch auf den ersten Theaterball. Viele Zuschauer hatten mir erzählt, dass sie hier früher das erste Mal getanzt haben. Es kommt das Ukulele Orchestra wieder, es kommen die Regensburger Domspatzen.

Blick in das evangelische Gemeindehaus, das bis Herbst 2026 die Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters ist.
Foto: Martina Mueller | Blick in das evangelische Gemeindehaus, das bis Herbst 2026 die Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters ist.
Das Modern-Dance-Abo war früher sehr beliebt und ein Zuschauermagnet. Gibt es da neue Angebote für die vielen Tanzfans in der Region?

Wahlefeld: Ja, da wird es viel mehr geben, sechs statt drei Stücke. Man merkt hier die lange Vorlaufzeit in der Planung, denn Modern Dance ist international. Für die Spielzeit 22/23, die ich erst ab Mai 2022 planen konnte, hörte ich ganz oft, wir würden gerne kommen, auch die Bühne ist kein Problem, aber unsere Tournee ist voll. Wir haben jetzt eine indische Gruppe, eine amerikanische. Es wird auch klassisches Ballett geben, zum Beispiel mit dem "Nussknacker".

In der vergangenen Saison gab es gar kein Abo, jetzt kommt es wieder.

Wahlefeld: In Gesprächen mit den Zuschauern gab es zwei Richtungen. Diejenigen, die die Abo-Card hatten, waren glücklich, dass sie sich ihre Stücke heraussuchen konnten. Und es gibt die Fraktion, die sagt, mir fehlt der feste Termin. Um es denen zu erleichtern, bieten wir Abo-Pakete an, unter anderem für die Senioren mit einer 14.30-Uhr-Vorstellung, ein Familien-Abo immer sonntags um 17 Uhr und ein Jugend-Abo, denn wir müssen junges Publikum ins Haus holen, damit das Theater Bestand hat. Ich glaube an die Zukunft des Theaters, denn wir sind ein Ort der Begegnung, was man in den Pausen ja immer wieder merkt, wie die Menschen innerhalb des Hauses ins Gespräch kommen.

Abo-Pakete für die Spielzeit 2023/24 im Schweinfurter Theater: Mit der Abo-Card kann man sich sein Programm zusammenstellen und vom entsprechenden Rabatt profitieren. Familien-Abo: "Rocky Horror Show" (12.11., 17 Uhr); "Swinging Christmas" (17.12., 17 Uhr); Ukulele Orchestra of Great Britain (21.1., 17 Uhr); "Eingeschlossene Gesellschaft" (25.2., 17 Uhr); "Gott" (3.3., 17 Uhr). Senioren: "Der Graf von Monte Christo" (30.9., 14.30 Uhr), "Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt" (15.10., 14.30 Uhr); "Ball im Savoy" (15.1., 14.30 Uhr); "Carmen" (17.3., 14.30 Uhr); "Sein oder nicht Sein" (22.5., 14.30 Uhr). Jugend: "Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt" (14.10., 19.30 Uhr); "Rocky Horror Show" (9.11., 19.30 Uhr); "Der Mann von La Mancha" (22.2., 19.30 Uhr), Dorfpunks (18.4., 19.30 Uhr); PE-Werner in Concert (14.6., 19.30 Uhr).

Alle Infos zum Start des Vorverkaufs für die neue Saison: www.theater-schweinfurt.de

 
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  • A.C.Greber
    Dieser Intendant ist ein wahrer Glücksgriff für die Stadt Schweinfurt. Weiter so!!!
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    @A.C.Greber:
    den Eindruck hab ich auch! Wie er sich präsentiert, wie er das Programm erklärt, welche Neuigkeiten er mit seinem Team aufnimmt scheint Hand und Fuß zu haben!
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