Es ist nicht Weltbewegendes, eher spartanisch in der Einrichtung, weiße Wände, einfache Schreibtische, Trolleys, in denen man Persönliches unterbringen kann, WLAN-Router. Die Co-Working-Places im Gründerzentrum First Floor im ersten Stock des Rückertbaus sind, ebenso wie die beiden Einzelbüros, nicht das Ergebnis großer Investitionen. In ihr Kreativzentrum hat die Stadt nicht viel investiert. Einfache Möbel, etwas Farbe, die Räume im Rückertbau standen eh leer.
Die Rechnung von Pia Jost, Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften der Stadt Schweinfurt, scheint aufzugehen. Fast alles ist vermietet, nur ein Co-Working-Place ist noch frei. Erweitern könnte man jederzeit. Und das ohne große Kosten. Erst im Rückertbau – und, falls dort nichts mehr ginge, auch in Leerständen der Innenstadt. Das Konzept First Floor ließe sich ausdehnen, sagt Jost, dann eben in den ersten Stock der Leerstände. Und davon gibt es einige.
Vor gut einem Jahr hat Jost das Konzept vom Gründerkaufhaus ihrer Vorgängerin, das Büros und Läden in dem Gebäude Rückertstraße 8 anbieten wollte, gekippt – und eine einfache Variante daraus gemacht. Gründerbüros für Kreative im Rückertbau, Shops für Gründer im Einzelhandel bei Bedarf. Gibt es den, würde die Stadt Leerstände an- und zu günstigen Preisen weitervermieten. Doch bisher ist noch nichts konkretes in Sicht. Gründungen im Einzelhandel sind eher selten, erklärt Citymanager Thomas Herrmann. Man wartet, will für die Idee noch mehr werben – und vergibt sich dabei nichts. Denn Kosten fallen erst dann an, wenn man Gründer an der Hand hat.
Ein Konzept, das auch der Stadtrat mittrug. Im Juli 2018 hatte Jost das neue Modell vorgestellt, ein halbes Jahr später zog der erste Mieter in das Kreativzentrum First Floor ein: Sandro Muhlbauer. Seine Werbeagentur hat inzwischen nicht nur eines der beiden Einzelbüros im ersten Stock des Rückertbaus, sondern auch einige Co-Working-Places gemietet; einfache Schreibtisch-Arbeitsplätze, untergebracht in derzeit zwei Räumen. Ein Raum im Rückertzentrum wäre für eine Erweiterung noch frei; ihn auszustatten kein Hexenwerk, sagt Jost.
Was Homeoffice nicht kann
Gründer von heute haben keine großen Ansprüche. Mehr als einen Laptop braucht der Kreative meistens nicht, für größere Projekte, wie beispielsweise Filme, mietet man auf Zeit Räume an. Ansonsten reichen einfache Arbeitsatmosphäre und das WLAN, das die Stadtwerke kostenlos bereitstellen. Ein großer Vorteil gegenüber dem Homeoffice sind im First Floor die beiden Besprechungsräume. Hier kann man auch einmal Kunden empfangen, das wirkt schon professioneller als im Wohnzimmer zuhause.
Andre Braun, neben einem Anbieter für IT-Lösungen der dritte Mieter im First Floor, schätzt das rund-um-sorglos-Paket aus Büro, Technik, Besprechungs- und Gemeinschaftsräumen . Die Lage mitten in der Stadt ist perfekt, sagt der 17-Jährige. Und auch der Preis stimmt. Eines allerdings hätte er sich zu seiner Gründerzeit fast noch mehr gewünscht, gibt er offen zu: den Austausch mit anderen Gründern. Von den Erfahrungen anderer profitieren zu können, ihr Knowhow zu nutzen, hatten auch Jost und Herrmann als weiteren Pluspunkt für das Kreativzentrum genannt. Und Jungunternehmer Andre Braun gibt den beiden da unumwunden Recht. Manches, sagt er, wäre ihm dann vielleicht erspart geblieben.
Andre Braun: Kreative gibt es in Schweinfurt viele
Erst 2018 hat er seine Fivee Media Group gegründet, eine Online-Marketing-Agentur mit Sitz in Würzburg. Mittlerweile hat der Gründer 100 Mitarbeiter, wie er sagt. Was er macht? Video- und Fotoproduktionen, Webentwicklung, Marketing, Influencer beraten, sie an Firmen für Werbeformate vermitteln. Denn sie, davon ist er überzeugt, haben ein riesiges Potenzial für Werbekunden. Braun war selbst Influencer, hatte auf seinem Youtube-Kanal 80 000 Follower. Das Kreativzentrum ist für ihn und Mitarbeiter seiner Firma ein zweiter Anlaufpunkt geworden. Kreative, das sagt Andre Braun, gibt es in Schweinfurt viele. Nur würden sich manche vielleicht nicht trauen, eine Firma zu gründen.
Der First Floor soll die Entscheidung leichter machen. Ein teures Büro muss man sich erst einmal leisten können. Hier verlangt die Stadt 150 Euro pro Schreibtisch pro Monat, alles inklusive: Heizung, Strom, WLAN, die Nutzung von Besprechungszimmern und Gemeinschaftsraum, in dem eine kleine Küchenzeile untergebracht ist. Die Einzelbüros kosten zehn Euro pro Quadratmeter. Ein unschlagbarer Preis, meint der Citymanager. Und das aus gutem Grund. Mit dem Angebot will die Stadt nicht verdienen, sie will Starthilfe geben, Gründer anlocken, ihnen Raum geben, sich auszutesten. Ohne große Investitionen, ohne langfristige Mietverträge. Die Kündigungszeiten sind entsprechend: einen Monat für einen Co-Working-Platz, drei Monate für ein Büro.