Während draußen Närrinnen und Narren in bunter Verkleidung schon zum Schweinfurter Faschingszug strömen, vernimmt drinnen im Gerichtssaal 6 des Landgerichts Schweinfurt ein 52-Jähriger aus der Rhön ein Urteil, das ihn nicht heiter stimmen kann: Drei Jahre und neun Monate Haft.
Die Große Strafkammer spricht ihn schuldig der mehrfachen vorsätzlichen Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und Beleidigung, des Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen Polizeibeamte sowie zahlreicher Verstöße gegen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz.
Alleine für die brutalste und in ihren Folgen für seine Ex-Lebensgefährtin schwerwiegendste Tat verhängte die Kammer eine Einzelstrafe von dreieinhalb Jahren. Die Vorsitzende sah es als erwiesen an, dass der Mann ein halbes Jahr nach der Trennung von seiner 53-jährigen Partnerin Ende Juli 2022 heimlich und widerrechtlich mitten in der Nacht in deren Haus in einem Dorf bei Bad Neustadt/Saale eindrang, sie ordinär beleidigte und ihr drohte, sie zu "entsorgen". Ferner habe er ihr den Mund zugehalten, sie zumindest kurzzeitig gewürgt und sich mit vollem Körpergewicht auf die zierliche Frau geworfen. Zuvor alarmierte Polizisten traten die Tür ein, um ihr Leben zu retten.
Die Partnerin wochenlang terrorisiert
Das Würgen und der Körperdruck seien schon potenziell lebensbedrohlich, zitierte die Vorsitzende aus dem Gutachten der Rechtsmedizinerin. Für einen versuchten Totschlag, wie angeklagt, habe die Beweisaufnahme aber keine sicheren Hinweise erbracht, ein Vorsatz sei nicht erkennbar gewesen. Das Gericht sah zwar lediglich vorsätzliche Körperverletzung als erwiesen an – aber mit enormen Folgen für das Opfer. Nachts im eigenen Haus "überfallen, überwältigt und bedroht zu werden", habe eine Traumatisierung bewirkt, "die über das übliche Maß hinaus geht". Wochenlang habe der Angeklagte seine Ex-Partnerin "terrorisiert" und sich über alles hinweggesetzt, so die Kammervorsitzende.
Eine Polizistin hatte allein neun Verstöße des Angeklagten gegen die Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz bezeugt, die ihm unter anderem verbot, sich im Anwesen seiner Ex aufzuhalten. Bis heute ist sie nicht voll arbeitsfähig und in psychologischer Behandlung. Doch auch ein Nachbar spürte im Sommer letzten Jahres die Aggression des 53-Jährigen, Mitglied einer Rockergruppe in der Rhön. Mit "Zerschneiden" seiner Familie habe er gedroht.
Beim Jubiläum seines Motorradclubs leistete er nach einem Platzverweis Widerstand gegen Polizisten bei seiner Fesselung. Den Club-Präsidenten suchte er – ebenfalls mitten in der Nacht – in seinem Haus heim und verpasste ihm einen Schlag, dass er umfiel. Warum blieb unklar, der Club-Präsident, sein Freund, legte keinen Wert auf Strafverfolgung. Die Tat wurde dennoch mitverurteilt.
Beleidigung der Zuhörerschaft
Der Staatsanwalt war vom Vorwurf des versuchten Totschlag abgerückt, hatte auf eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung plädiert und eine Gesamtstrafe von fünfeinhalb Jahren. Der Anwalt der Nebenklägerin schloss sich an und wertete die Behauptung des Angeklagten, er habe bei seinem nächtlichen Einbruch in das Wohnhaus seiner Mandantin aus Sorge um ihre Sicherheit eine defekte Stromleitung reparieren wollen, als "Beleidigung der Zuhörerschaft". Und: "Er hatte nicht einmal die Größe, sich dafür zu entschuldigen."
Die beiden Verteidiger sahen im Hauptvorwurf lediglich einfache Körperverletzungen als erwiesen an. Sie stellten keinen Antrag zur Strafhöhe, aber einen zur Aussetzung des Haftbefehls, auch wenn die Strafe nicht im bewährungsfähigen Bereich (höchstens zwei Jahre) liege. Dem ist die Kammer nicht gefolgt. Ihr Beschluss: Der Haftbefehl bleibt in Kraft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, dagegen ist Revision möglich.