Am zweiten Verhandlungstag erschien der 52-Jährige aus der Rhön, der laut Anklage im Juli letzten Jahres seine Ex-Partnerin in deren Haus in einem Dorf nahe Bad Neustadt/Saale nachts massiv angegriffen und ihr mit Töten und "Entsorgen" gedroht haben soll, immerhin rechtzeitig vor dem Landgericht. "Ich bin begeistert, dass der Angeklagte heute pünktlich gebracht wurde", freute sich die Kammervorsitzende. Der Zuschauerraum war vollbesetzt.
Zunächst schilderte eine Polizeibeamtin der Inspektion Bad Neustadt das Drama der Trennung des Angeklagten von seiner Partnerin, in deren Haus beide 14 Jahre lang zusammengelebt hatten. Er habe danach ein Nebengebäude bewohnt, seine Ex-Gefährtin aber zunehmend abwertend behandelt. "Ein großer Streitpunkt war, dass es ihr Haus war, wo der doch so viel Arbeit reingehängt habe." Eskaliert sei die Situation mit dem Gerichtsbeschluss mit absolutem Kontaktverbot, der ihm unter anderem ein Betreten des Anwesens verbot, nachdem er sie im Juni 2022 körperlich attackiert und sie Anzeige erstattet hatte.
Neun Verstöße gegen Gesetz
"Allein ich habe neun Verstöße von ihm gegen das Gewaltschutzgesetz bearbeitet", so die Beamtin. "Er akzeptierte einfach nicht, dass es nicht sein Haus war und er nicht mehr rein durfte." Ständig habe er Vorwände gefunden, um dort aufzutauchen. Seine 53-jährige Ex-Partnerin habe "fast täglich in großer Verzweiflung bei mir angerufen, dass sie keine Ruhe vor ihm hat und nicht mehr schlafen kann", so die Polizeizeugin. Seit der Trennung sei er sprunghaft, aggressiv und abwertend ihr gegenüber. Vorher sei er nie gewalttätig gewesen.
Wie berichtet, drang der Angeklagte Ende Juli letzten Jahres nachts gegen 2 Uhr mit Gewalt in das Haus seiner Ex ein, drohte ihr nach deren Aussage damit, sie zu töten und zu "entsorgen". Er habe ihr den Mund zugehalten und den Hals zugedrückt. Sie hatte jedoch Geräusche gehört und noch vor seinem Eindringen die Polizei alarmiert. "Halt bloß die Fresse", habe der Angeklagte verlangt. Die Beamten aber kamen mit drei Streifenwagen, traten auf die Hilferufe der 53-Jährigen sofort die Haustür ein und nahmen den Mann fest. Seither sitzt er in Schweinfurt in Untersuchungshaft.
"Nicht alle Tassen im Schrank?"
Am ersten Verhandlungstag schilderten ein Nachbar und ein halbes Dutzend Polizisten aggressive verbale Ausraster und Drohgebärden des Angeklagten, auch beim Jubiläumsfest seines Motorradclubs Anfang Mai. Beim Clubfest erteilte ihm der Präsident einen Platzverweis. Nun war der MC-Präsident selbst als Zeuge geladen, weil der 52-Jährige Mitte Juli 2022 nachts gegen 2.20 Uhr bei ihm auftauchte und ihm laut Anklage beim Türöffnen einen Campingstuhl ans Kinn geschlagen haben soll.
Jetzt sagte er, sein guter Freundes könne ihn auch versehentlich mit dem Helm getroffen haben, falls dieser über den Gartenstuhl gestolpert sei. Die Partnerin des Präsidenten war weniger gnädig. "Hast du nicht alle Tassen im Schrank?", habe sie dem Angeklagten entgegen geschleudert.
Dann wurden knapp zwei Stunden lang Chat-Nachrichten zwischen dem Angeklagten und mehreren anderen Personen verlesen. Unter anderem wurde ihm demnach geraten, die Schuld an seiner Lage nicht immer nur bei anderen zu suchen und sich professionelle Hilfe zu holen. Oder: "Ich bin durch die Hölle gegangen, jetzt geht sie, ganz einfach." Gemeint: Seine Ex-Partnerin. Wegen Rufmords werde er sie anzeigen. Und: "Wenn ich kaputt geh', geht sie mit."
Angeklagter voll schuldfähig
Laut der Rechtsmedizinerin konnte die Attacke des Angeklagten nachts im Haus seiner Ex-Gefährtin – angeklagt als versuchter Totschlag – grundsätzlich lebensbedrohliche Folgen haben. Sie habe aber nicht über Bewusstlosigkeit berichtet, weshalb keine akute Lebensgefahr bestand. Die psychiatrische Sachverständige sagte, bei beiden Attacken des Angeklagten auf die Ex-Partnerin könne wegen Alkoholisierung von eingeschränkter Impulskontrolle ausgegangen werden, nicht aber von Schuldunfähigkeit.