Das war revolutionär“, sagt der geschichtskundige Schweinfurter Peter Hofmann und muss ein bisschen schmunzeln. Schmunzeln deshalb, weil er es vor dem geistigen Auge regelrecht vor sich sieht. All die Aufregung. All die Begeisterung. Beides galt den Pferden, die mit klappernden Hufen durch die Stadt schritten – und eine Straßenbahn auf Schienen zogen.
„Schweinfurt hatte die erste kommunale Straßenbahn in Bayern“, sagt der Buchautor. „Das war wirklich ein Hit. Anfangs kamen die Leute sogar aus dem Umland nach Schweinfurt – nicht etwa, weil sie etwas zu erledigen hatten, sondern nur, um einmal mit der Straßenbahn zu fahren.“ Heute erinnert noch der Schriftzug Gaststätte Straßenbahn an einem Gebäude in der Rückertstraße in der Innenstadt an diese abenteuerlichen Zeiten. Eröffnet wurde die Straßenbahn in Schweinfurt am 5. Mai 1895: 30 Mal am Tag zogen die Pferde den Personenwagen zwischen dem Mühltor und dem heutigen Hauptbahnhof hin und her und überbrückten damit etwa zwei Kilometer.
Peter Hofmann wäre nicht Peter Hofmann, wenn er den Verlauf der Straßenbahn nicht genauestens recherchiert hätte: „Die Trasse führte vom Bahnhof durch die Hauptbahnhofstraße, den Steinweg – heute Schultesstraße –, die Spitalstraße, den Marktplatz bis in die Rückertstraße und endete am Gaswerk außerhalb der Stadtbefestigung in der Nähe des schon damals nicht mehr existenten Mühltores, wo eine Wagenhalle mit zwei Gleisen und der Pferdestall mit sechs Boxen stand.“ Das alte Kutscher-Haus der Schweinfurter Pferdestraßenbahn gibt es noch heute, es gehört der Studentenverbindung Moeno Ripuaria.
Erste Weltkrieg: Es mangelte an Material und Personal
Wie überall in Deutschland brachte der Erste Weltkrieg auch für die Schweinfurter Straßenbahn Probleme mit sich – es mangelte an Material und auch an Personal. In zahlreichen anderen Städten waren die Straßenbahnen im Ersten Weltkrieg bereits elektrifiziert, dazu kam es aber in Schweinfurt nie, was sich während der Kriegszeiten als Vorteil erwies. Dadurch war der Materialmangel nicht so eklatant wie in anderen Gebieten.
Und hinsichtlich der Personalknappheit halfen die Damen aus. Eine von ihnen, genauer gesagt, die letzte, war Babette Stegner. „Sie war zunächst vor dem Ersten Weltkrieg bei einer Familie Ballinger als Kindermädchen und Verkäuferin tätig. Während des Ersten Weltkriegs wurde sie dann als Pferdebahnschaffnerin in Schweinfurt dienstverpflichtet und verrichtete diese Aufgabe stetig bis zur Einstellung der Bahn“, hat Peter Hofmann herausgefunden.
Schaffnerin: "Die schönste in meinem Leben"
„Zu ihrem 70. Geburtstag gab sie ein Interview, in dem sie sagte, dass die Zeit bei der Straßenbahn die schönste in ihrem Leben gewesen sei und dass sie fast täglich Blumen bekommen habe“, berichtet Hofmann und zitiert das Schweinfurter Tagblatt, dem Babette Stegner sagte, dass sie die Blumen „auch von Regierungsräten und anderen hohen Herren, die damals noch keine Autos besaßen und somit die Schweinfurter Straßenbahn gerne nutzten“ bekommen habe.
„Frau Stegner war bis zum Ende der Pferdebahn eine sehr zuverlässige und beliebte Schaffnerin“, bescheinigt ihr Hofmann. „Mit der Einstellung der Bahn ging ein sehr schönes Kapitel in ihrem Leben zu Ende.“ Denn knapp 26 Jahre nach der Eröffnung war es mit der Straßenbahn in Schweinfurt 1921 auch schon wieder vorbei. „Krisenzeiten“, nennt Hofmann als Begründung und spielt damit auf die nach Ende des Ersten Weltkriegs beginnende Inflation an. Am 31. Januar 1921 zogen zum letzten Mal Pferde die Wagen der Straßenbahn durch die Stadt.
Es folgten vier Jahre, in denen die Schweinfurter auf öffentliche Verkehrsmittel verzichten mussten, dann, am 11. Februar 1925, kam der Omnibus in die Stadt – zunächst nur als privates Unternehmen, ab 1. Juli 1927 war er in städtischer Hand. Davon, dass einmal eine Straßenbahn mit echten PS durch Schweinfurt fuhr, ist heute kaum noch etwas zu sehen. Etwa 1960 verschwanden auch die letzten Schienenreste in der Rückertstraße. Nur der Schriftzug erinnert hier noch daran, dass die Schweinfurter einst von echten Pferden durch ihre Stadt transportiert wurden.
So geht's zum Gasthaus Straßenbahn
Es steht in der Rückertstraße 14. Das alte Kutscher-Haus ist am Ende der Rückertstraße gegenüber der Einfahrt zum Parkhaus Rückertzentrum.
Das Buch „Schweinfurter Geheimnisse“ ist in Kooperation zwischen der Main-Post und dem Bast Medien Verlag erschienen. Das Buch (Hardcover) kostet 19,90 Euro, hat 192 Seiten und ist durchgehend bebildert. Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag: bestellungen@bast-medien.de (versandkostenfrei). ISBN: 978-3-946581-81-9
Und überhaupt, das Werk "Schweinfurter Geheimnisse" enttäuscht mich. Es ist stellenweise grottenschlecht recherchiert.