Kulturamtsleiter Christian Federolf-Kreppel hatte sich einiges an Arbeit gemacht, nachgehört, wie es bei den Museen, der Stadtbibliothek, der Volkshochschule, der Musikschule und im Stadtarchiv läuft. Die gute Nachricht: es geht nach den Öffnungen leicht aufwärts. Ausnahme: Die Stadtbibliothek, die während der Krise sogar Zuwächse verzeichnet hat, auch Dank der Aktion "Bücherei to go". Schlecht beziehungsweise gar nichts läuft im Theater, aber da musste Federolf-Kreppel nicht groß nachfragen. Schließlich ist er selbst Leiter des Theaters. Mitte März wurde der Spielbetrieb eingestellt, 50 Vorstellungen und 15 000 Karten mussten angewickelt werden. Nur 20 Prozent der Kunden wollten ihr Geld zurück, fast die Hälfte spendete ihren Kartenwert dem Theater. Ähnlich lief es auch bei der Musikschule, die ihre Unterrichtsgebühren für die Zeit der Schließung storniert hat. Ein Teil der Eltern oder älteren Schüler zahlte dennoch oder spendete. Gelder, die bei den Einrichtungen bleiben, so der Kulturamtsleiter im Schul- und Kulturausschuss am Dienstag.
Das ist die positive Erfahrung. Überwiegen dürfte aber für den Kulturamtsleiter die negative. Auch, was das Theater betrifft, dessen Sanierung zwar lange geplant ist, aber angesichts der dramatisch einbrechenden Einnahmen der Stadt genauso zur Diskussion steht wie das Kulturforum. Wie alle Großprojekte der Stadt werde die Generalsanierung auf den Prüfstand kommen, so der Kulturamtsleiter. Bis Ende Juli rechnet er mit belastbaren Zahlen für zwei Varianten: Eine Sanierung in drei Bauabschnitten mit verkürzten Spielzeiten oder eine Sanierung in einem Rutsch, was günstiger sei. Man hofft auf Zuschüsse, 75 Prozent habe Ministerpräsident Söder in Aussicht gestellt. Die Zeit drängt. Ohne Generalsanierung wird das Theater der Stadt Schweinfurt spätestens 2022 aufgrund der erheblichen Mängel dicht gemacht. Einsparmöglichkeiten würden auch für das Kulturforum geprüft, was konzeptionelle Auswirkungen haben werde, so Federolf-Kreppel.
Und die Freie Kultur? Dass es ihr in weiten Teilen schlecht geht, ist kein Geheimnis. Während die Chöre wieder langsam proben können und auch das KuK inzwischen geöffnet ist, die Disharmonie die ersten Veranstaltungen nach der Zwangspause anbietet, geht im Stattbahnhof beispielsweise noch kaum etwas. Andere, große und kleine Veranstalter, oder auch freie Musiker sehen noch kaum Perspektiven.
Um Künstler aus der Region zu unterstützen, hatte der KulturPackt Schweinfurt eine Spendenaktion gestartet und 18 000 Euro gesammelt. Über 32 600 Euro brachte eine andere Initiative: Der Erlös des Schweinfurter "Nicht-Festivals" geht an Schweinfurter Kulturakteure. Eine Unterstützung vonseiten der Stadt gab es dafür nicht, so SPD-Stadtrat Ralf Hofmann. Er sieht die freie Kultur durch die Krise in Gefahr. Und ist sich in einem mit dem Kulturamtsleiter einig: gegenseitige Schuldzuweisungen in der Krise bringen niemandem etwas. Und doch wird die Enttäuschung auf beiden Seiten greifbar.
Räte fordern konkrete Hilfen
Der Kulturamtsleiter, der das Gefühl hat, man spreche mehr über ihn als mit ihm auf der einen Seite; und SPD-Stadtrat Ralf Hofmann auf der anderen, der sich für die freie Kultur einsetzt und meint, man suche das Gespräch, doch Resultate daraus gebe es nicht. Auch Freie-Wähler-Stadtrat Adi Schön sieht die Rolle der Stadt kritisch, fragt, "was die Stadt konkret gemacht" habe. Auch er vermisst die Initiative des Kulturamts für die Freie Kultur. Stattdessen komme aus dem Rathaus das Signal, man müsse sparen. Um Schweinfurts herausragende Kulturlandschaft zu erhalten, müsse man den Kulturtreibenden "konkret helfen", fordert auch Hubert Seggewiß (SPD). Und manchmal, so sagt Ralf Hofmann, gehe es auch einfach darum, ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Beispielsweise bei der "Night of Light", die an die schwierige Situation der Veranstalter erinnerte. Andere Städte machten mit, leuchteten ihr Rathaus rot an. In Schweinfurt gab es das nicht. Stattdessen leuchteten Stattbahnhof, Disharmonie oder auch die DDC Factory, wo es bald Veranstaltungen geben wird, die auch lokalen Künstlern eine Plattform geben. Und damit die Chance, aufzutreten.
Kritik von zwei Seiten: das Kulturprofil hätte mehr möglich gemacht
Immer wieder wird in der Diskussion das Stichwort Kulturprofil genannt. Eineinhalb Jahre war an dem Konzept gearbeitet worden, das Chancen und Risiken für die städtische und die freie Kulturszene aufzeigt. Auch die freie Kultur habe daran mitgearbeitet, sich einiges erwartet, doch umgesetzt wurde nichts, so Hofmann. Damit sei ein tiefer gehendes Zerwürfnis entstanden. Unzufrieden ist offenbar auch der Kulturamtsleiter. Das Kulturprofil habe mehr möglich gemacht, hätte anders vorangetrieben werden können, so seine Kritik in Richtung Stadtrat. Gegenseitige Wertschätzung mahnen beide Seiten an. Am 16. Juli soll es ein Treffen mit "wichtigen Akteuren" der Kulturszene geben, zu dem Kulturamt und der Kulturreferent der Stadt, Sebastian Remelé, einladen. Bei der außerplanmäßig angesetzten und von Stadträten eingeforderten Sitzung des Schul- und Kulturausschusses war er aus terminlichen Gründen nicht dabei, wie eine Nachfrage im Rathaus ergab. Am 16. Juli wird es Ralf Hofmann nicht sein. Er hat keine Einladung bekommen.