Der Gang durch das Schweinfurter Alexander-von-Humboldt-Gymnasium während einer Pause ist bezeichnend. Kinder stehen in der Schlange des Essensverkaufs, während sie ihre Gesichter hinter OP-Masken verstecken. Schilder in den Fluren weisen auf ein "Rechts-Geh-Gebot" hin, um durch einen möglichst geordneten Fußverkehr unnötige Kontakte zu vermeiden.
Die jugendliche Leichtigkeit, das unbeschwerte Herumtollen der Schülerinnen und Schüler, es ist dieser Tage noch nicht vollständig zurückgekehrt. Und doch ist all das besser als noch im vergangenen Schuljahr, als Corona monatelang den Präsenzunterricht verhinderte. Doch wie gut funktioniert Unterricht wirklich, sechs Wochen nach Beginn des neuen Schuljahres?
Mehr als 1100 Schülerinnen und Schüler besuchen das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, kurz AvH, etwa 100 Lehrkräfte unterrichten dort. Schulleiter Klemens Alfen blickt auf bewegte Monate zurück, zu denen Quarantänemaßnahmen, Distanzunterricht und schließlich die Rückkehr in den Schulalltag gehörten. "Es sind wirklich deutliche Lücken entstanden, es gibt viel Nachholbedarf", betont Alfen. Und er sagt: "Wir sind auf einem guten Weg, aber es wird noch Jahre dauern, bis wir wirklich wieder in der Normalität angekommen sind."
Massive Defizite durch Distanzunterricht entstanden
Neben massiven Defiziten, etwa was das Erlernen von Fremdsprachen oder Mathematik angeht, hätten viele Schülerinnen und Schüler noch immer mit psychischen Problemen zu kämpfen. "Viele müssen erst wieder in die soziale Wirklichkeit zurückfinden", so Alfen. Auch grundlegende Arbeitsweisen, wie ruhig auf dem Stuhl sitzen, sich im Unterricht melden oder Stifte und Bücher organisieren, müsse gerade bei den Jüngeren teilweise neu erlernt werden. Die Corona-Pandemie habe sowohl beim Bildungsstand als auch bei sozialen Komponenten tiefe Spuren hinterlassen.
Neben all dem Nachholbedarf stellen die pandemiebedingten Einschränkungen Schüler und Lehrkräfte weiter vor große Herausforderungen. So müssten alle Kinder und Jugendliche alle zwei Tage auf das Virus getestet werden, Maskenpflicht im Schulgebäude (nicht am Sitzplatz), Händewaschen vor Unterrichtsbeginn, Abstandsregeln, Lüften, und und und. "Die Schüler machen super mit, manche tragen sogar auch am Platz noch freiwillig eine Maske", so Alfen. Dennoch seien die Auflagen manchmal schwer zu argumentieren, wenn man bedenke, dass gleichzeitig etwa 80 000 Menschen wieder in ein Fußballstadion dürfen.
"In Klassenzimmern teilweise irrsinnig kalt"
Nichtsdestotrotz ist der Schulleiter froh, dass man wieder Präsenzunterricht anbieten könne. Dabei helfen etwa die 52 Luftreinigungsgeräte, die das AvH als erste Schweinfurter Schule bereits zu Schuljahresbeginn im Einsatz hatte. Hierbei kümmerte man sich eigenständig um die Bestellung und umging damit eine zeitaufwendige europaweite Ausschreibung. Lehrer Matthias Rascher, der sich um die Organisation kümmerte, spricht von sehr hilfreichen und zuverlässigen Geräten. Allerdings weiß auch er, dass die Filter das Lüften nicht ersetzen. Und dies sei gerade in den anstehenden Wintermonaten problematisch.
"In unseren Klassenzimmern ist es aufgrund des vielen Lüftens teilweise irrsinnig kalt", so Rascher. Viele Schülerinnen und Schüler seien mittlerweile anfällig für Erkältungen. Dies und weitere coronabedingte Einschränkungen machten den Schulalltag besonders herausfordernd. "Gleichzeitig haben wir aber jetzt auch den Auftrag, möglichst viel nachzuholen", erklärt Schulleiter Alfen. Man sei also im Spannungsfeld zwischen extremen Einschränkungen und der Erwartung, die Defizite der vergangenen Monate zusätzlich aufzuarbeiten.
Alfen wünscht sich deshalb mehr Anerkennung "von oben". Das Kultusministerium müsse erkennen, dass Schulen diesen Spagat nur mit zusätzlichen Lehrerstunden bewältigen können. So könnten neue Lehrkräfte eingesetzt werden, um etwa Zusatzunterricht in Englisch oder Mathematik anzubieten. Man könne dafür Lehrkräfte einstellen, die man in einigen Jahren ohnehin für die Umstellung auf G9 benötige. "Dieser Ansatz scheitert aber daran, dass diese Lehrer auch jetzt schon Geld kosten würden", bedauert Alfen.
Corona hat die Digitalisierung vorangetrieben
Doch trotz der tiefen Blessuren, die das Schulwesen durch die Pandemie davongetragen hat, entstand aus der Krise auch etwas Positives. "In Sachen Digitalisierung haben wir einen Quantensprung gemacht", betont Alfen. Benedikt Friedrich, Lehrer und Systembetreuer für IT und Digitalisierung am AvH, spricht in diesem Zusammenhang von einem "Mehrwert, der aus dem Distanzunterricht heraus" entstanden sei.
So habe man seit diesem Schuljahr im ganzen Schulgebäude, in jedem Klassenzimmer, WLAN, allen Lehrkräften stünden Dienstlaptops zur Verfügung und auch für Schülerinnen und Schüler gebe es die Möglichkeit, mit Tablets zu arbeiten. Diese könnten von Lehrkräften an Schüler ausgegeben werden und anschließend etwa für Arbeitsaufträge oder Internetrecherchen genutzt werden. "So etwas war vorher unmöglich, weil einfach das Netzwerk nicht da war", erklärt Friedrich. Alle Geräte würden von Lehrerinnen und Lehrern sowie von der Schülerschaft sehr gut angenommen. Durch das digitale Arbeiten könne man sich nicht nun teilweise das Ausdrucken von Unterlagen sparen, auch der verantwortungsvolle Umgang mit mobilen Geräten könne erlernt werden.
Schulhefte durch Tablets ersetzen
Mittlerweile habe man der Mittel- und Oberstufe sogar angeboten, ihre herkömmlichen Schulhefte durch Tablets zu ersetzen. Auch Hausaufgaben könnten teilweise digital abgegeben werden. Vor allem aber sei der digitale Fortschritt, so Schulleiter Klemens Alfen, für den man sich auch bei der Stadt Schweinfurt bedanken will, für Lehrerinnen und Lehrer eine Entlastung. Noch im vergangenen Jahr mussten diese ihre eigenen Geräte nutzen und in Zeiten des Distanzunterrichtes von zuhause aus arbeiten.
Nun könnten die Klassenzimmer als "Art Arbeitszimmer" genutzt werden. Im Falle einer möglichen Rückkehr in den Distanzunterricht, könnten die Lehrkräfte dann problemlos auch aus dem Klassenzimmer heraus in das Wohnzimmer der Kinder streamen. Von einer Rückkehr in den Distanzunterricht will Alfen aber nicht sprechen. "Wir gehen jetzt mal hoffnungsfroh in die Zukunft." Um weniger Tests für Schüler durchführen zu müssen und um "mehr Rückenwind" für den Präsenzunterricht zu bekommen, hofft der Schulleiter zudem auf eine noch größere Impfbereitschaft.
Viele Schulen haben ihre Luftfilter nur Dank der Eigeninitiative von Elternbeirat, engagierten Lehrern/Lehrerinnen und Schulleiter/innen bekommen.
Warum wird nicht mal über die Auswirkungen in einer Schule für Kinder mit Behinderungen berichtet? Die Kinder sind vollkommen vergessen - stehen doch Gymnasiasten immer in erster Reihe....Fangt doch mal unten an und nicht immer oben
Ein ganzer Absatz im Artikel ist dem Thema Luftreiniger gewidmet.