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Schweinfurt
Schweinfurt hebt Hebesätze zur Grundsteuer deutlich an: Für wen es jetzt teurer, für wen es günstiger wird
Der Stadtrat hat den Grundsteuer-Hebesatz festgesetzt. Der liegt jetzt deutlich höher. Warum der Beschluss ein "Stochern im Nebel" ist und der Satz weiter steigen könnte.
Die Grundsteuerreform ist auch in der Stadt Schweinfurt angekommen. Jetzt hat der Stadtrat neue Hebesätze beschlossen. Ob die ausreichend sind, bleibt abzuwarten.
Foto: René Ruprecht | Die Grundsteuerreform ist auch in der Stadt Schweinfurt angekommen. Jetzt hat der Stadtrat neue Hebesätze beschlossen. Ob die ausreichend sind, bleibt abzuwarten.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 25.11.2024 02:32 Uhr

Die Grundsteuer-Hebesätze in Schweinfurt werden deutlich angehoben. Das hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses mehrheitlich mit einer Gegenstimme beschlossen. Nach Würzburg und Aschaffenburg hat damit eine weitere unterfränkische Stadt ihren Hebesatz für die Grundsteuer B deutlich erhöht, während viele ländliche Gemeinden diesen eher senken.

Hintergrund der Entscheidung ist die bundesweite Grundsteuerreform, die 2025 in Kraft treten soll. Demnach müssen alle Kommunen bis spätestens Ende des Jahres ihre Grundsteuerhebesätze neu beschließen. Selbst wenn diese unverändert bleiben. Dem ist nun auch die Stadt Schweinfurt nachgekommen.

Ab kommendem Jahr soll der Schweinfurter Hebesatz für die Grundsteuer B statt bei bislang 385 Prozent nun bei 480 Prozent liegen. Das bedeutet eine Steigerung um 95 Prozentpunkte. Betroffen sind von der Grundsteuer B alle unbebauten und bebauten Grundstücke außerhalb der Forst- und Landwirtschaft. Doch der Beschluss sei ein "Stochern im Nebel", beklagten gleich mehrere Stimmen im Haupt- und Finanzausschuss.

Datengrundlage bislang "mehr als suboptimal"

Auslöser für den Unmut, den zunächst Stadtrat Peter Hofmann (SPD) zum Ausdruck brachte, ist die Datenlage, auf deren Grundlage der Beschluss gefasst wird. Die sei bislang "mehr als suboptimal, um es mal vorsichtig zu formulieren", stimmte auch Finanzreferentin Anna Barbara Keck zu.

Zur Erklärung: Die Neufestsetzung der Hebesätze richtet sich nach den bisher von den Finanzämtern mitgeteilten Grundsteuermessbeträgen. Diese legen den steuerlichen Wert eines Grundstücks oder einer Immobilie fest und sind, multipliziert mit dem Prozentwert des Hebesatzes der jeweiligen Kommune, maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Höhe der tatsächlich zu zahlenden Grundsteuer. Wurde der individuelle Grundsteuermessbetrag in Schweinfurt bislang also mit 3,85 multipliziert, wird er ab 2025 nun stattdessen mal 4,8 gerechnet.

Schweinfurt hebt Hebesätze zur Grundsteuer deutlich an: Für wen es jetzt teurer, für wen es günstiger wird

Allerdings hat Bayern für die Berechnung der Messbeträge einen Sonderweg gewählt: ein standardisiertes Flächenmodell. Damit sind künftig allein Grundstücksgröße sowie Wohn- und Nutzfläche entscheidend für die Berechnung – unabhängig von Ort, Lage und Alter des Objekts. Zudem hat der Freistaat die Kommunen dazu angehalten, die Reform aufkommensneutral umzusetzen. Das heißt, die Einnahmen der Kommunen sollen sich auf demselben Niveau bewegen wie zuvor im alten Berechnungsmodell. Dass man das auch in Schweinfurt so umsetzen wolle, sei vom Stadtrat bereits im Oktober 2019 beschlossen worden, erinnerte Keck.

Rund 20.000 Grundsteuerobjekte in Schweinfurt

Um die finanziellen Auswirkungen der Reform abschätzen zu können und auf Grundlage dessen die neuen Hebesätze zu beschließen, bräuchte es demnach die Daten der Messbeträge für die knapp über 20.000 Schweinfurter Grundsteuerobjekte. Doch die hat das Finanzamt bislang offenbar noch immer nicht vollständig vorgelegt. "Wir haben leider das Problem, dass viele Grundlagenermittlungen noch sehr fehlerhaft und unvollständig sind. Die Datenlage ist immer noch nicht abschließend", so die Finanzreferentin.

So lägen für die Grundsteuer B erst etwa 80 Prozent, für die Grundsteuer A etwa 50 Prozent der Bescheide vor. Das gehe jedoch vielen bayerischen Gemeinden so, erklärte Sebastian Remelé. "Ja, in gewisser Weise stochern wir hier im Nebel – allerdings tun wir das mit ganz Bayern gemeinsam", so der Oberbürgermeister.

Die Hebesatz-Erhöhung auf 480 Prozent sei deshalb laut Keck lediglich "ein vorläufiger Wert". Ob dieser ausreiche, um die Aufkommensneutralität zu wahren, ließe sich frühestens Ende 2025 abschätzen. Eine erneute Überprüfung und gegebenenfalls ein "Nachjustieren" blieben also möglich, so Keck. Auch, weil in den neuen Satz bislang "kein signifikanter Sicherheitspuffer" zugunsten der Stadt eingerechnet sei.

Für wen wird es teurer, für wen günstiger?

Das handhabten nicht alle unterfränkischen Städte und Gemeinden so, ergänzte Remelé. "Es gibt Kommunen, die nutzen das auch, um ihre Einnahmensituation zu verbessern. Das tun wir nicht", stellte er klar. Dennoch bleibe die Grundsteuer mit zuletzt 11,7 Millionen Euro aus der Grundsteuer B und rund 25.000 Euro aus der Grundsteuer A auch für die Stadt Schweinfurt eine verlässliche und wichtige Einnahmequelle.

Ein Unsicherheitsfaktor bleibe jedoch die nicht abzuschätzende Zahl an Ermäßigungs- bzw. Erlassanträgen. Die gäben Eigentümerinnen und Eigentümern die Möglichkeit, eine künftig womöglich "deutlich höhere Grundsteuer entsprechend abzufedern", so Keck. Zu spüren bekämen die Erhöhung in Schweinfurt nämlich voraussichtlich vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer großer Grundstücke, Gartengrundstücke und großer älterer Gebäude.

"Hochwertige Wohnobjekte" in guter Lage und Wohnungen in Wohnanlagen würden hingegen tendenziell günstiger. "Das heißt, es kommt zu einer Verschiebung der Steuerlast unter den Grundsteuerpflichtigen", erklärte Keck. Bei Gewerbeobjekten käme es auf den Einzelfall an, hier lasse sich keine allgemeine Tendenz erkennen.

 
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  • Dieter Hartwig
    Alles undurchsichtig.Wenn es aufkommensneutral hätte sein sollen bräuchte man keine Anhebung der Hebesatz und hätte alles beim alten belassen können
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  • Dietmar Eberth
    "Wenn es aufkommensneutral hätte sein sollen bräuchte man keine Anhebung der Hebesatz"

    Oder man will Ungerechtigkeiten beseitigen oder Anreize (zb Modernisierung oder zu Bauen) schaffen?
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  • Frank Widmaier
    eher Anreize zum Zwangsverkauf.
    habe vorhin wieder einen Artikel über Häuser in München gelesen, die vererbt werden und die Erben wegen der Erbschaftssteuer jetzt Kredite benötigen, wenn sie nicht verkaufen wollen.

    Auch diese Reform wird mMn auf lange Sicht den Druck erhöhen...

    Aber auch in unserer Region kann es Härtefälle geben. Warten wir mal weitere Meldungen ab
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