Wenn sich der Schweinfurter Stadtrat alljährlich im November trifft, um mehrere Tage über den Haushalt des nächsten Jahres zu debattieren, gibt es ein wiederkehrendes Ritual: Der Hinweis insbesondere aus den Reihen der CSU darauf, dass der ständige Anstieg der Zahl der Mitarbeitenden auf Dauer finanziell nicht leistbar ist. Richtig ist: In neun Jahren seit 2015 wuchs die Zahl der Planstellen von 850 auf 1031,5 zum 1. Januar 2024. Doch sind auch wirklich alle Stellen besetzt?
Die Antwort lautet nein. Und der Blick auf die Zahlen aus der Personalabteilung unter der neuen Leiterin Sabine Schröder zeigt, dass sich der Trend zum Mangel an Fachkräften in ganz Deutschland auch seit längerem in der öffentlichen Verwaltung zeigt. Von den 1031,5 Planstellen sind nämlich derzeit nur 958 besetzt, wobei die Stadt ständig die vakanten Stellen ausschreibt. Die 73,5 unbesetzten Stellen entsprechen rund 0,7 Prozent auf die Planstellen bezogen. Bis 2020 lag die Zahl der unbesetzten Stellen etwa bei 50, im Jahr 2021 waren es nur 35,5, doch danach öffnete sich die Schere auf den heutigen Wert.
Über 30 Prozent des städtischen Haushaltes sind Personalkosten
Einen Spareffekt gibt es für die Stadt dennoch nicht. Im Haushalt sind die Mittel eingestellt, die der Planung bei Besetzung aller Stellen entsprechen würden. Derzeit 82,3 Millionen Euro, mehr als 30 Prozent des Gesamthaushaltes. Doch warum wächst die Zahl der Stellen kontinuierlich? "In den vergangenen Jahren sind vor allem verschiedene Aufgaben, die Bund und Freistaat auf die Kommunen übertragen haben, dazu gekommen", erklärt Personalamtsleiterin Schröder.
Betroffen ist vor allem das Referat V von Sozialreferent Jürgen Montag, das mit 323 Planstellen die meisten der Referate hat. Als Beispiele genannt seien unter anderem ständig neue Gesetze und Verordnungen, das Wohngeld, die Digitalisierung, die Betreuung der aus der Ukraine vor dem russischen Angriffskrieg Geflüchteten oder das Jobcenter der Stadt. Mehr Stellen zu schaffen, ist also kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit zur Erfüllung staatlicher Aufgaben, die alle Kommunen betrifft. Aber auch die Belastung der Mitarbeitenden in den anderen Referaten ist groß.
Um genügend Mitarbeitende zu finden, tut die Stadt schon sehr viel. Die Zahl der Auszubildenden wurde verdoppelt auf jetzt zwölf. Doch selbst die zu finden, ist nicht einfach, weil es schlicht nicht mehr so viele Bewerbungen gibt wie in früheren Jahren. Ein anderes Thema, das viele Arbeitgeber betrifft: Ein Bewerber oder eine Bewerberin hat eigentlich zugesagt, unterschreibt dann aber doch nicht den Vertrag.
Kommunen müssen bei den Bewerbern als Arbeitgeber für sich werben
Sabine Schröder sieht die Verwaltung in Schweinfurt zwar grundsätzlich gut aufgestellt: Es gibt einen Tarifvertrag mit klaren Eingruppierungen und gleichem Gehalt für beide Geschlechter, es gibt Zusatzleistungen wie Jobrad, vergünstigte ÖPNV-Tickets oder in Planung Corporate Benefits. Dennoch geht es vor allem darum, sich bewusst zu machen, dass sich der Arbeitsmarkt stark verändert hat, betont die Personalamtsleiterin: "Wir sind die Bewerber für das Personal".
Sprich: Kommunen müssen lernen, für sich zu werben; müssen zeigen, warum man hier und nicht woanders arbeiten soll, selbst wenn dort höhere Gehälter gezahlt werden. Für die Stadtverwaltung in Schweinfurt zu arbeiten, ist aus Sicht von Sabine Schröder nicht nur wegen der vielfältigen Aufgabenbereiche interessant. Sie betont auch: "Das Arbeitsklima bei uns ist sehr gut, vor allem die Hilfsbereitschaft untereinander."
Insbesondere in kleineren Gemeinden auf dem Land hat der Personalmangel auch schon dazu geführt, dass Rathäuser geschlossen bleiben mussten oder die Wartezeiten zur Bearbeitung eines Antrags für die Bürgerinnen und Bürger länger wurden. In Schweinfurt ist das bisher nicht der Fall, ist Schröder froh und auch "optimistisch", dass es in den nächsten Jahren nicht so kommt.