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Schweinfurt
Stellenabbau in der Produktion bei Schaeffler in Schweinfurt: 100 Arbeitsplätze in der Fertigung auf der Kippe
Der Stellenabbau bei Schaeffler schreitet voran. Das Unternehmen ist nicht ausgelastet, dennoch stößt das Ausmaß des Abbaus auf Kritik bei Arbeitnehmervertretern.
Schaeffler streicht innerhalb seiner Produktion in Schweinfurt erste Stellen. 
Foto: René Ruprecht | Schaeffler streicht innerhalb seiner Produktion in Schweinfurt erste Stellen. 
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 17.03.2025 02:35 Uhr

Intern gilt sie als Herz der Schweinfurter Produktion bei Schaeffler: In der Schmiede werden mithilfe von über 1000 Grad heißen Öfen Bauteile in der Umformung gepresst, Ringe und Radlager geschmiedet. Täglich fertigen dort rund 400 Beschäftigte im Mehrschichtbetrieb hochpräzise Komponenten für die Automobilindustrie. Jetzt drohen Einschnitte.

"Aufgrund der rückläufigen Entwicklung der Nachfrage sowie des globalen Wettbewerbs- und Preisdrucks sind die Schmiedelinien in Schweinfurt nicht ausreichend ausgelastet", bestätigt Marco Bosch, Standortsprecher von Schaeffler in Schweinfurt auf Nachfrage der Redaktion. Dies erfordere eine "Volumenanpassung in der Schmiede, Dreherei, Härterei, um kosteneffizient produzieren zu können".  Eine genaue Zahl nennt das Unternehmen nicht. Arbeitnehmervertreter berichten, dass drei von acht Produktionsanlagen bis Juni 2026 schließen. Etwa 100 Stellen fallen sozialverträglich weg, werden also nicht nachbesetzt.

Umfang und Dynamik sorgen für Furore

Die Konzernführung setzt damit um, was sie bereits im November angedeutet, aber so im Detail nicht verkündet hatte. Bis Ende 2027 sollen bei Schaeffler europaweit 4700 Arbeitsplätze wegfallen, davon 2800 in Deutschland und mindestens 500 in Schweinfurt. Der Betriebsrat rechnet mit 700 Stellen im Schweinfurter Werk. Dass davon auch die Produktion betroffen sein könnte, wurde befürchtet. Dennoch sorgen Dynamik und Umfang der Maßnahmen für Unmut.

In der Produktion bei Schaeffler wurden schon im Jahr 2024 Schichten gestrichen und Arbeitszeiten gesenkt. Jetzt sprechen Arbeitnehmervertreter gar von einer Teilstilllegung mit einem Abbau quer durch alle Altersschichten. Was vielen auch aufstößt: die Aufkündigung einer Lohnzulage von bis zu zehn Prozent in der Schmiede. Darüber hinaus überprüfe der Arbeitgeber auch die Eingruppierung der Beschäftigten.

IG Metall von Maßnahme überrascht – Konzern widerspricht

"Auch wenn der Bereich seit längerem unterausgelastet ist, kommt diese Entscheidung überraschend", erklärt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt mit Blick auf den Abbau in der Produktion. Die Maßnahme sei aus Sicht der Gewerkschaft in den Plänen vom November nicht enthalten gewesen. Rein aus Kostengründen würden Fertigungstiefe, Qualität und Know-how ‚Made in Schweinfurt‘ infrage gestellt.

Der Konzern widerspricht dieser Auffassung. Die aktuellen Maßnahmen seien kein neuer Schritt. Man überprüfe fortlaufend die Kosten und passe diese an, wo erforderlich. "Dies setzen wir nun fort und reagieren weiterhin auf das Auslaufen von Produkten der Verbrennungstechnologie und den Kostendruck in anderen Bereichen", so Standortsprecher Bosch. Der Abbau stelle den Fortbestand der Schmiede in Schweinfurt keineswegs infrage.

Unter Verweis auf den Ausbau des Kugellagerzentrums und der Keramikkugelfertigung werde es weitere Investitionen am Standort geben, sagt Bosch. "Hier sind beispielsweise die weitere Modernisierung von Fertigungsbereichen und Sozialräumen zu nennen, sowie der Ende 2024 gestartete Neubau eines Rescue Centers, das Werkfeuerwehr und betriebsärztlichen Dienst am Standort in einem modernen Gebäude zusammenführen wird." Allerdings ließen die "hohen Fix-, Personal- und Energiekosten" dem Unternehmen derzeit keine andere Möglichkeit.

Hohe Energiepreise schaden energieintensiver Produktion

Vor allem der enorme Preisdruck durch die staatlich subventionierte asiatische Stahlproduktion belastet Schaefflers Fertigung in Deutschland. Hinzu kommen die hohen Energiepreise. Die Schmiede läuft mit Gas und Strom. Ein Leerbetrieb der Öfen durch Unterauslastung treibe die Fixkosten weiter nach oben, verdeutlicht Jürgen Schenk, Betriebsratsvorsitzender von Schaeffler.

Betriebsbedingte Kündigungen sieht der Betriebsrat zwar nicht, ein tragfähiges Zukunftsbild für den Standort allerdings genauso wenig. Das Unternehmen verlagert derzeit nur ins Ausland, neue Produkte sind nicht geplant. "Wir warten jetzt noch auf die anderen Teilpakete, die folgen sollen und beraten intern über das weitere Vorgehen", so Schenk.

Betriebsrat sieht kaum Verhandlungsspielraum

Dass es zu Interessenausgleichsverhandlungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kommt, gilt als unwahrscheinlich. Der Konzern habe keine Verhandlungsmasse, meint Schenk. Bei einem Kostenunterschied von 30 bis 40 Prozent im Vergleich zu China fehle der Spielraum, um Kosten zu verteilen oder seitens der Belegschaft auf noch mehr Lohn zu verzichten. Stattdessen müssten klare Perspektiven geschaffen werden.

Derweil spielt die IG Metall den Ball Richtung Berlin. Dass die künftige Bundesregierung massive Investitionen in Infrastruktur plant, sei gut und richtig. Aber sie müsse die richtigen Impulse setzen. Und zwar so, dass die Industriestandorte in Deutschland gestärkt und damit Beschäftigung und Wertschöpfung gesichert würden, bekräftigt Thomas Höhn.

 
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  • Roland Rösch
    Denken wir doch einfach. Wenn ich in München wohne und arbeite hab ich höheren Lohn wie der in Würzburg oder Suhl lebt und arbeitet . Hier ist es mit moderaten Zöllen auszugleichen auch in Sinne der Weltwirtschaft en ausgleichen stabil zu halten.
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  • Erich Spiegel
    Die Gewerkschaft hat Kostenunzerschiede von 30 bis 40% zu China (endlich mal) festgestellt, nachdem sie sich jahrelang dumm gestellt hat. D.h. Schäfflers Wettbewerber aus China produzieren soviel günstiger. Wohlgemerkt bei gleicher Qualität. Es sollte jedem klar sein, dass es nichts mehr zu verteilen gibt. Man kann nur den Kopf schütteln wenn man liest, dass in dieser Situation die Gewerkschaft Lohnerhöhung fordert.
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  • Dietmar Eberth
    Trump erhöht in Amerika die Zölle um die Produktion wieder zurück ins Land zu holen. Sollte das Europa nicht auch machen? Zudem würde Europa dann deren Abhängigkeit von China verringern. Das dürfte der bessere Weg sein als sich bei den Lohnkosten an China anzunähern. Da kann Deutschland nur verlieren.
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  • Erich Spiegel
    Zölle sind (eigentlich) unvermeidbar bzw. der Bruch mit China. Gegen unfairen Wettbewerb haben europäische Firmen keine Chance. Auf jeden Fall sind Zölle besser als Lohnkürzungen. Die Frage ist, ob sich Europa damit durchsetzen kann (oder will). Wenn die chinesischen Diktatoren die Keule rausholen, wackeln im Kanzleramt die Wände. Fast alles kommt aus China: Windräder, Photovoltaik, Medikamente. Sogar einfache Baumarkt Artikel wie Schrauben. Ohne Katalysatoren aus China für E-Auto Batterien können europäische Hersteller keine E-Autos bauen! Bei Photovoltaik waren deutsche Firmen vor 20 Jahren führend. Dann haben chinesische Wettbewerber sie platt gemacht. Die Zölle kamen zu spät und sind inzwischen wieder aufgehoben. Die FDP war gegen Zölle. Es gibt nichts mehr zu schützen. Der letze europ. hersteller Meyer-Burger ist insolvent. Wenn China nichts mehr liefert wird es schwierig. Auf die eigene Bevölkerung nimmt die chinesische Regierung kein Rücksicht. Die ziehen ihr Ding durch.
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  • Dietmar Eberth
    Im Jahr 2024 hat Deutschland Waren im Wert von 1 556,0 Milliarden Euro exportiert und Waren im Wert von 1 316,9 Milliarden Euro importiert.

    Vermutlich wird Deutschland mit Zöllen den Überschuss beim Außenhandel nicht mehr halten können?

    Also doch mehr Lohndumping bei den deutschen Arbeitnehmern für mehr Konkurrenzfähigkeit. Und mehr Rohstoffförderung (Kohle Gas und Fracking) koste es was es wolle?
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  • Erich Spiegel
    Die Überschüsse werden zurück gehen. Deutsche Produkte sind zu teuer. Produktion im Land würde unabhängig von China machen. Eine starke Bundeswehr unabhängig von USA. Sonst wird dem Bundeskanzler irgendwann entweder in Peking ein Vertrag zum unterschreiben hingehalten. Vielleicht mus sich er sich auch den Spruch "drill baby drill" von Trumps Nachfolgern anhören. Trump ist 78, aber nach ihm ist der Spuk nicht zu Ende.
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  • Dietmar Eberth
    "Produktion im Land würde unabhängig von China machen."

    Die Zeiten sind längst vorbei und das will auch keiner mehr. Das würde nur zu drastischen Preissteigerungen führen. Da müsste Deutschland wieder ein Agrarstaat werden da wir sonst keine Rohstoffe haben.
    KEIN Land kann unabhängig sein ohne Unterdrückung seiner Bevölkerung. Dann ist Deutschland kein Einwanderungsland mehr sondern ein Land aus dem die Menschen abhauen.
    Oder kennen Sie ein Land - etwa mit der gleichen Bevölkerungsanzahl - das unabhängig ist?
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