
Es war ein besonderer Moment für ganz Weinfranken, der Jubel entsprechend riesig: Erstmals nach 15 Jahren errang 2023 wieder eine Fränkin die Krone der Deutschen Weinkönigin. Beim finalen Entscheid setzte Eva Brockmann sich gegen alle Mitbewerberinnen durch und triumphierte bei der Wahl in Neustadt an der Weinstraße.
Seitdem sind elf Monate vergangenen, und die studierte Önologin aus Haibach (Lkrs. Aschaffenburg) hat viele Reisen in alle deutschen Anbaugebiete und ins Ausland unternommen. Häufiger antreffen kann man die 25-Jährige derzeit allerdings nicht in ihrem Heimatort und auch nicht bei offiziellen Terminen, Empfängen und Festen.
Die Liebe führte sie in den Steigerwald
Die Wahrscheinlichkeit, der Weinhoheit zu begegnen, ist am größten in der Marktgemeinde Oberschwarzach (Lkrs. Schweinfurt), konkret in dem gerade einmal 37 Einwohner und Einwohnerinnen zählenden Ortsteil Kammerforst. Und meist ist sie nicht alleine unterwegs.

An einem heißen August-Sommertag trifft die Redaktion sie in einem schön angelegten Garten, an einem Schatten spendenden Platz im Weingut Pfister. Neben ihr sitzt Juniorchef Lukas Pfister. Beide wirken sichtlich gelöst. Es ist ihnen überhaupt nicht unangenehm, über ihr Privatleben zu sprechen; auch deshalb haben sie sich auf das Treffen eingelassen.
Die Frage, warum die Weinkönigin sich oft in der Gemeinde im Steigerwald aufhält, beantwortet sie kurz und prägnant: "Hierher verschlagen hat mich die Liebe", sagt sie im selbstbewussten Ton und mit jenem sympathischen Lächeln, das man von ihren Auftritten kennt; nicht ohne einen leicht prüfenden Blick zu ihrem ein Jahr älteren Freund zu werfen. Zurück kommt das erwartete Strahlen.

Kennengelernt haben sich die beiden in ihrer gemeinsamen Berufsschulzeit in Ochsenfurt. Doch gefunkt hat es erst im Vorjahr, nachdem Pfister seinen Winzermeister gemacht hatte und sie nach ihrem Studium zunächst als Fränkische Weinkönigin unterwegs war.
Bald wird sie die 38. Einwohnerin in dem kleinen Ort
Im Laufe der Monate kam sie dann immer häufiger in die Heimat der Weinlage des Kammerforster Teufels. So richtig umgezogen sei sie zwar noch nicht, sagt sie, "aber ich verbringe meine ganze freie Zeit mittlerweile hier." Was fehlt, ist eigentlich nur die Ummeldung auf dem Papier, damit sie ganz offiziell zur 38. Bürgerin des Örtchens wird.
Das soll bald geschehen, denn eines weiß Eva Brockmann ganz genau: Dass sie sich im Steigerwald wohlfühlt und hier bleiben möchte. Nach den vielen und schönen Reisen freue sie sich endlich darauf, "meinen Platz zu finden".
Kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit bleibt ihr die Asienreise mit Stationen in Tokio, Shanghai und Peking besonders in Erinnerung. Beeindruckt haben sie zudem die deutschen Weinregionen, obwohl es recht stressig war: In acht Monaten besuchte sie alle 13 Anbaugebiete. Auch der Empfang in ihrer bisherigen Heimat am Untermain, kurz nach der Wahl, sei ein ganz bewegender Moment gewesen.

Aus den Gesprächen mit vielen Winzerinnen und Winzern habe sie eine Menge gelernt, meint die studierte Weinfachfrau. Gut 30.000 Kilometer ist sie mit ihrem gesponserten Kleinwagen im Auftrag der Bundes-Weinkrone unterwegs gewesen, bei 200 Terminen war sie präsent. Die Flug-Kilometer sind darin gar nicht eingerechnet.
In Kammerforst entstand ihr erster eigener Wein
Ab und an hat sie durchschnaufen können und ist nach Kammerforst zurückgekehrt. Im Weingut der Eltern ihres Lebensgefährten hat sie dann auch angepackt, dafür ist sich die Hoheit nicht zu schade: zum Beispiel beim Rebschnitt, bei Weinproben oder einfach nur beim Rasenmähen.
Vor einigen Wochen präsentierte Brockmann ihren ersten eigenen Wein. Er heißt schlicht "Eva in der Flasche". Wie viele ihrer Amtsvorgängerinnen darf sie einen Krönungswein vermarkten, ganz offiziell mit Erlaubnis des Deutschen Weininstituts.
Es ist zugleich ein erstes Wein-Gemeinschaftswerk zusammen mit ihrem Freund geworden, worauf beide stolz sind. Entschieden hat die Hoheit sich für einen Riesling, die "Königin der weißen Rebsorten"; wobei zu ihren Lieblingsweinen der Silvaner gehöre, schiebt sie schnell hinterher. Zufälligerweise ergab die Traubenmenge exakt 750 Flaschen für den Wein der 75. Deutschen Weinkönigin.

Auf das nahende Ende ihrer Regentschaft am 27. September blickt sie mit einem "lachenden und weinenden Auge". Neulich, bei einem Vorbereitungsseminar für die neuen Kandidatinnen, sei sie schon traurig gewesen. Da hat sie gespürt: Es ist der Startschuss für das Finale. Andererseits fällt ihr der Abschied leichter, weil sie schöne Erlebnisse mitnimmt und um einen "grandiosen Jahrgang" weiß, der ihr nachfolgen wird.
Weinkönigin ist gerade auf Jobsuche
Wer sind aus ihrer Sicht die Favoritinnen für die nächste Wahl? Schafft vielleicht sogar ihre Franken-Nachfolgerin Lisa Lehritter das Kunststück, die deutsche Krone ebenfalls zu holen? Mit der für eine Majestät gebotenen Distanz hält sie sich mit eindeutigen Aussagen zurück: "Ich drücke allen die Daumen", lautet ihr knapper Kommentar.
Von ihrer eigenen Zukunft hat sie bereits ein klares Bild. Eine neue Heimat und ihre Liebe hat sie bekanntlich gefunden. Im Weingut ihres Freundes will sie zwar ab und zu mithelfen, doch vorerst möchte Brockmann beruflich "auf eigenen Füßen stehen". Derzeit ist sie auf der Suche nach einem Angestellten-Job in der Weinbranche.
Dass eine Önologin und dazu noch Weinkönigin attraktiv auf dem Arbeitsmarkt sein dürfte, daraus macht sie keinen Hehl. Einige Angebote lägen ihr vor. Gut vorstellen kann sie sich, nebenbei auch Moderationen von Veranstaltungen zu übernehmen.

Trotz ihrer Bodenständigkeit ist die selbstbewusste Fränkin aufgeschlossen für Neues. Dazu zählen etwa alkoholfreie Weine. Sie sei davon "vollends begeistert". Nicht verstehen kann sie die Kritiker, die verächtlich von Traubensaft sprechen.
Aus eigener Erfahrung weiß sie nur zu gut: "Ich bin oft genug Fahrerin. Und es ist schön, wenn man trotzdem mit einem Wein anstoßen kann." Ihr Freund Lukas nickt zustimmend. Auch in dieser Hinsicht passen die beiden anscheinend gut zusammen.