
Mit der Ankündigung des ersten alkoholfreien Weinfests in Deutschland schaffte es das junge Unternehmen Senzowine GmbH bundesweit in die Schlagzeilen. Am 9. Mai soll in Schweinfurt an der Peterstirn "nüchtern Geschichte" geschrieben werden. Seither sieht sich das Unternehmen mit Anfeindungen konfrontiert und wurde sogar Opfer einer im Internet verbreiteten Fake-News.
Der Beitrag war letztlich keine 24 Stunden online. Das rechtspopulistische Onlinemedium "Nius", um den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, veröffentlichte einen Beitrag mit der Schlagzeile "Aus Rücksicht vor Gläubigen. Erstes alkoholfreies Weinfest in Schweinfurt". Eine Falschbehauptung, die sich quer durch die Sozialen Medien vielfach verbreitet hat.
Aussage wurde aus dem Zusammenhang gerissen
Luca Dahms, einem der Unternehmer der Senzowine GmbH, bleibt im Rückblick nur das Kopfschütteln. Eine von ihm vor über einem Jahr in einem Podcast getätigte Aussage sei in dem besagten Nius-Artikel derart verdreht und aus dem Kontext gerissen verwendet worden. Damals sei es lediglich darum gegangen, dass eben auch für Menschen, die aus religiösen Gründen keinen Alkohol trinken, ihr Produkt interessant sei.
"Da stand, dass wir uns vor den Muslimen im Land niederknien würden und so ein Quatsch", regt sich Dahms auf. "Was wir machen ist ein alkoholfreies Fest, um unsere eigene Marke, die alkoholfreie Weine herstellt, zu promoten." Natürlich sei es ein positiver Nebeneffekt, dass man mit einem alkoholfreien Wein Schwangere und eben Gläubige, die keinen Alkohol trinken, erreichen zu können, so Dahms. Das Fest hat allerdings weder einen religiösen Hintergrund, noch stecke dahinter irgendeine politische Botschaft.
Warum der Beitrag auf Nius wieder offline ging, weiß Dahms nicht. Sein Unternehmen ging dagegen weder selbst noch durch einen Anwalt vor. "Es ist wirklich erschütternd", sagt er über den Fake-News-Artikel. "Aber das ist wohl das perfekte Beispiel für Rechtspopulismus." Auch die Nachrichtenagentur "AFP" kam in ihrem Faktencheck zum Ergebnis, dass die Behauptungen von Nius "frei erfunden" waren.
Nicht mit so einem "Shitstorm" in den Sozialen Medien gerechnet
Dahms und seine Mitstreiter rechneten nicht mit einem derartigen "Shitstorm" in den Sozialen Medien, auch wenn ihnen schon klar war, dass man in einem gewissen Ausmaß polarisieren wird. "Dass alleine eine Headline, in der 'alkoholfreies Weinfest' steht, tausende Kommentare erzeugt, die wütend und persönlich angegriffen davon sind, war schon erschreckend für uns", erklärt Dahms. Von zehn Kommentaren seien neun negativ gewesen. Dabei schließe man mit dem Fest doch niemanden aus, wundert er sich über die feindseligen Reaktionen.
"Wir wollen einfach ein schönes Fest feiern. Was da nebenher alles passiert, dagegen können wir nichts tun." Die Resonanz im angelaufenen Ticketverkauf für das Event ist dennoch gut. "Diejenigen, die es verstehen, freuen sich darauf", freut sich auch Dahms, der augenzwinkernd noch eine Spitze platziert: "Ein Tag ohne Alkohol muss für den Deutschen auch mal gehen."
Als ursprünglicher Pionier des alkoholfreien Weins in Deutschland gilt übrigens der Winzer Carl Jung, der im Weinkeller des Familienunternehmens ein Verfahren zur Entalkoholisierung entwickelt hatte. "Ich weiß nicht, wie viel Gegenwehr er damals bekommen hat", sagt Dahms und lacht, "wenn das heute noch so ein Riesenproblem in der Gesellschaft darstellt." Immerhin musste sich Jung damals nicht mit tausenden Reaktionen im Internet herumärgern.
Vielleicht mag man aber auch den Besuchern ermöglichen zu feiern ohne "angeheiterten" Verhaltensauffälligkeiten ausgesetzt zu sein?
Lieber Gruß Martin Dobat