Sie verstecken sich im hohen Gras; und wenn die Mähmaschine näher kommt, erstarren sie statt zu fliehen. Nach wie vor bedeutet die Mähsaison in Deutschland jedes Jahr für viele Rehkitze den Tod. In Feldern und Wiesen sind sie für Landwirtinnen und Landwirte kaum zu erkennen. Wenn sie von den Mähmaschinen erfasst werden, kommt Hilfe meist zu spät.
Im Landkreis Schweinfurt ist die Mahd bereits seit Anfang Mai in vollem Gange; die Gefahr für heimische Rehkitze, die sich häufig im hohen Gras verstecken, damit aktuell besonders hoch. Möglichst viele der Tiere zu retten – das haben sich Steffen Zänker und seine Kolleginnen und Kollegen von der Kitzrettung in Stadtlauringen zur Aufgabe gemacht.
Von Stadtlauringen bis in die Haßberge und nach Thüringen
Als Mitglieder des Vereins Kitzrettung Unterfranken e.V. sind die rund zehn Ehrenamtlichen ab Beginn der Mahd Anfang Mai fast täglich auf Feldern und Wiesen der Region im Einsatz. Von Stadtlauringen bis an den Ellertshäuser See, in Richtung Haßberge und sogar in das Randgebiet zu Thüringen – für die Helferinnen und Helfer eine anstrengende Zeit.
"Letzte Woche war ich an sechs Tagen unterwegs, bin jeden Morgen um vier Uhr aufgestanden. Wir können es uns ja nicht aussuchen; wenn gemäht wird, müssen wir raus", sagt Steffen Zänker. Gemeinsam mit einem Freund hat er die neue Ortsgruppe in Stadtlauringen gegründet. Mit dem Verein stehe er aufgrund seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Jäger aber schon länger in Kontakt.
"Ich bin Jagdpächter und habe jetzt mein erstes eigenes Revier in Stadtlauringen gepachtet. Da kümmert man sich natürlich auch um das Wild in seinem Revier. Und die Kitzrettung ist da eines der ersten Themen, mit denen man sich auseinandersetzt", sagt der Schweinfurter.
Besonders relevant sei das Thema aber vor allem für Landwirtinnen und Landwirte. Denn viele Rehgeißen "setzen" ihre Kitze gut versteckt in deren Wiesen und Felder. Das Problem: Zu Beginn haben Rehkitze noch keinen Fluchtinstinkt.
Eigentlich aus gutem Grund, erklärt Steffen Zänker: "Wenn ein Fuchs oder Wolf vorbeikommt, kann es sein, dass er das Kitz nicht bemerkt, weil es in den ersten Lebenswochen noch keinen Eigengeruch hat. Würde das Kitz aufspringen und wegrennen, hätte es keine Chance."
Drückinstinkt wird Kitzen zum Verhängnis
Ursprünglich ein cleverer Schachzug der Natur, kann dieser sogenannte Drückinstinkt während der Mahd für die Kitze jedoch zur ernsthaften Gefahr werden. "Ihr Instinkt zwingt sie quasi dazu, liegen zu bleiben. Auch wenn die Gefahr, in diesem Fall das Mähwerk, ganz nah ist", sagt Zänker. Viele Kitze fänden so jährlich den Tod.
Das will die Rehkitzrettung ändern. Immer wieder sprechen Helferinnen und Helfer deshalb Landwirtinnen und Landwirte in der Region an, machen auf ihre ehrenamtliche Arbeit aufmerksam.
Ihr Angebot: Mit Drohnen fliegt die Gruppe Flächen unmittelbar vor der Mahd ab, hält mit Wärmebildkameras Ausschau nach versteckten Jungtieren und bringt diese in Sicherheit. Auch Junghasen oder Bodenbrüter retten sie vor den Maschinen. Letztere markieren die Retterinnen und Retter mit Pfosten, so könne dieser Bereich bei der Mahd ausgespart werden.
In der Früh um 4.30 Uhr geht es für die Kitzrettung los
Meist beginnen die mehrstündigen Einsätze der Gruppe bereits gegen 4.30 Uhr am Morgen. Dann ist der Boden noch kühl und die Tiere sind auf der Wärmebildkamera der Drohne gut zu erkennen. "Da sieht man wirklich jede Maus", sagt Zänker und lacht.
Bisher laufe die Saison gut. Aufgrund des nassen Frühjahrs befänden sich weniger Kitze als sonst in den Wiesen. "Sobald es aber ein paar Tage nicht geregnet hat, finden wir manchmal acht oder noch mehr Kitze pro Tag", sagt Zänker.
Für die Landwirtinnen und Landwirte sind die Einsätze der Kitzrettung kostenlos. "Wir machen alles ehrenamtlich. Aber natürlich freuen wir uns über jede Spende an den Verein", so Zänker. Denn die Ausrüstung sei teuer. Um die 7000 Euro koste die Gesamtausstattung bestehend aus Drohne, Kameras, Funkgeräten und Ersatzakkus.
Zum Glück sei die Unterstützung im Landkreis groß. Viele Menschen aus Jagd und Landwirtschaft hätten sich mit Spenden beteiligt. "Die Rückmeldungen sind wirklich positiv. Die Landwirte bedanken und freuen sich, dass wir ihnen das anbieten können", so Zänker.
Die gute Zusammenarbeit sei besonders wichtig, meint er: "Wir sind darauf angewiesen, dass Landwirte uns Bescheid sagen, wo wir suchen müssen und wo sie mähen wollen. Das ist entscheidend, sonst haben wir bei den vielen Flächen keine Chance." Auch hofft die Gruppe weiterhin auf Spenden, um noch mehr Drohnen finanzieren und damit effektiver arbeiten zu können.
"Kitzrettung ist ein wirklich wichtiges Thema", appelliert Steffen Zänker. "Niemand möchte, dass ein Kitz angemäht wird."
ein sehr interessanter Bericht, ich hoffen die Drohnenretter lesen ihn und hoffentlich auch mancher Landwirt. Gerade im Zeitalter der Drohnen könnten man relativ genau überprüfen wie gut diese Methode nutzt!
Ich denke die Drohnenretter führen genau Statistik wie viele Kitze sie pro Hektar und pro Wiese retten.