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Schweinfurt
Raus aus der Villa, rein in die Ex-Kaserne: Schweinfurter Museum Otto Schäfer plant die große Veränderung
Der Umzug der Sammlung aufs Gelände der ehemaligen Ledward-Kaserne verspricht innovative Ausstellungsmöglichkeiten und flexible Raumgestaltung. Was der Museumsleiter plant.
'Wir sind in der Lage, uns selbst eine ordentliche Zukunft zu schaffen.' Jan Soldin, Leiter des  Museums Otto Schäfer in Schweinfurt, plant große Veränderungen.
Foto: Mathias Wiedemann | "Wir sind in der Lage, uns selbst eine ordentliche Zukunft zu schaffen." Jan Soldin, Leiter des  Museums Otto Schäfer in Schweinfurt, plant große Veränderungen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 04.03.2025 02:40 Uhr

Das Gerücht war in Schweinfurt schon eine Weile im Umlauf, jetzt ist es bestätigt: Das Museum Otto Schäfer (MOS) wird seinen Sitz in der Judithstraße 16 aufgeben. "Im Grunde gibt es diese Überlegungen seit mehreren Jahren", sagt Museumsleiter Jan Soldin. Denn das bisherige Haus, eine umgebaute Privatvilla, sei nie als Museum gedacht gewesen. 

Tatsächlich hieß das 1991 eröffnete Haus in den ersten Jahren "Bibliothek Otto Schäfer" - ein Hinweis auf die erste Priorität des Namensgebers: Otto Schäfer (1912-2000) kam es vor allem auf Erhaltung und Erforschung seiner Sammlung an. 2017 übergab sein Sohn Otto G. Schäfer (1937-2017) das Gebäude samt Sammlung plus ein Geldvermögen im siebenstelligen Bereich an die Otto Schäfer Stiftung der Stadt Schweinfurt. 

Die 'Kulturvilla Museum Otto Schäfer' ist ein eleganter Bau mit atriumartigem Innenhof - doch als Museum nicht besonders gut geeignet.
Foto: Martina Müller | Die "Kulturvilla Museum Otto Schäfer" ist ein eleganter Bau mit atriumartigem Innenhof - doch als Museum nicht besonders gut geeignet.

Der Industrielle Otto Schäfer (FAG Kugelfischer), Halbbruder des Bildersammlers Georg Schäfer (1896-1975), hatte ein Leben lang illustrierte Bücher und Druckgrafik vom 15. bis 20. Jahrhundert zusammengetragen und so etwa die bedeutendste Privatsammlung von Albrecht-Dürer-Blättern überhaupt geschaffen.

Albrecht Dürers berühmtes Rhinozeros auf einem Holzschnitt von 1515 ist selbstverständlich auch Teil der Sammlung Otto Schäfer.
Foto: Michael Bucher | Albrecht Dürers berühmtes Rhinozeros auf einem Holzschnitt von 1515 ist selbstverständlich auch Teil der Sammlung Otto Schäfer.

Die Sammlung illustrierter Bücher enthält knapp 1000 Titel, darunter über 500 Ausgaben aus dem 16. Jahrhundert und weit über 200 aus dem 15. Jahrhundert wie Blockbücher und Einblattdrucke. Etliche Drucke gelten als Unikat. Hinzu kommen Erstausgaben deutscher Literatur und eine umfassende Fachbibliothek.

Das Flachdach verursacht immer wieder Wasserschäden, Licht- und Klimatechnik sind veraltet

Das Gebäude in der Judithstraße 16, das heute unter dem Namen "Kulturvilla Museum Otto Schäfer" firmiert, wurde in den 1960er Jahren als Wohnhaus für Otto G. Schäfer errichtet und 1990/91 zum Museum mit Depoträumen, Lesesaal und Verwaltungstrakt umgebaut. Nun ist die Villa endgültig in die Jahre gekommen. Das Flachdach verursacht immer wieder Wasserschäden, Licht- und Klimatechnik sind veraltet. Außerdem entsprechen die Fluchtwege nicht mehr den Vorschriften.

Generalsanierung oder Umzug, lautete also die Frage. Bei einer Generalsanierung hätte das Haus seinen Bestandsschutz verloren, sagt Jan Soldin. Das hätte "einen Rattenschwanz" (Soldin) weiterer Arbeiten nach sich gezogen, etwa in Sachen Brandschutz.

Der Raum für Sonderausstellungen: Die starre Struktur der Regale und Vitrinen im Schweinfurter Museum Otto Schäfer macht es schwer, besondere Präsentationen zu konzipieren.
Foto: Anand Anders | Der Raum für Sonderausstellungen: Die starre Struktur der Regale und Vitrinen im Schweinfurter Museum Otto Schäfer macht es schwer, besondere Präsentationen zu konzipieren.

Also ging man auf die Suche nach einem geeigneten neuen Gebäude, sagt der Museumsleiter. Alle Optionen in der Innenstadt habe man verwerfen müssen. Fündig wurde man auf dem Gelände der ehemaligen Ledward-Kaserne. Das Areal ist seit dem Abzug der US-Army ein riesiges Entwicklungsgebiet. Einige Gebäude der ehemaligen Panzerkaserne der Wehrmacht, errichtet Mitte der 1930er Jahre, sind bereits verschwunden und durch Neubauten ersetzt, etwa für die Technische Hochschule.

Für andere Bauten haben sich neue Nutzungen gefunden, im Gebäude Ledward 212 bietet jetzt die  Musikschule einen Teil ihrer Fächer an. Der äußerlich identische Bau 213 gleich nebenan im Johann-Modler-Weg könnte der neue Sitz des Museums Otto Schäfer werden.

"Unsere Verantwortung ist es, die Sammlung  zu erhalten, und nicht die Judithstraße ständig zu sanieren."
Jan Soldin, Leiter des Museums Otto Schäfer in Schweinfurt

Der Bauzustand in der Judithstraße sei nur einer von vielen Gründen, die für einen Umzug sprechen, sagt Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher Soldin. In der Villa gibt es kaum Wandfläche, um Bilder aufzuhängen. Die Exemplare der Dauerausstellung zur Druckkunst sind einzeln in Vitrinen präsentiert, die wiederum in die verglasten Bücherregale integriert sind. So ist es praktisch unmöglich, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen.

Es gibt viel Fläche, aber wenig davon ist nutzbar, weil die Grundrisse unpraktisch sind. Es gibt keinen richtigen Vortragsraum, bei Veranstaltungen müssen die Stühle mühsam herangeschleppt werden.

Dem Museumsleiter schwebt eine Kombination aus Schau-Depot und Ausstellung vor

Nachteile, die sich alle in einem Quasi-Neubau beheben ließen. Das Erdgeschoss von Bau 213, im Eigentum der Stadt Schweinfurt, könnte mit einer Grundfläche von rund 700 Quadratmetern nach den Vorstellungen des Museums umgebaut werden. Die massive Bauweise mit dicken Außenmauern und nur einer tragenden Wand in Inneren erlaube größtmögliche Flexibilität bei der Raumgestaltung, sagt Jan Soldin.

In Südkorea, wohin das Schweinfurter Museum 2024 seine Dürer-Sammlung ausgeliehen hatte, fand Jan Soldin (links) fortschrittlichere Präsentationsmöglichkeiten vor als im eigenen Haus.
Foto: Chin Im | In Südkorea, wohin das Schweinfurter Museum 2024 seine Dürer-Sammlung ausgeliehen hatte, fand Jan Soldin (links) fortschrittlichere Präsentationsmöglichkeiten vor als im eigenen Haus.

Dem Museumsleiter schweben offene Räume und eine Kombination aus Schau-Depot und Ausstellung vor: die Einbände der wertvollen Folianten als eindrucksvoller Hintergrund, dazu große Vitrinen, in denen sich mit unterschiedlichen Medien die Geschichte der Druckkunst erzählen ließe. 

"Natürlich werden wir immer ein Orchideenmuseum bleiben", sagt Soldin. "Aber wir haben einiges zu bieten." Das zeige etwa die Tatsache, dass die Dürer-Sammlung schon im Frankfurter Städel, im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und in Südkorea zu Gast war. 2026 wird sie dann in voller Schönheit im Museum Georg Schäfer zu sehen sein.

Blick von oben auf die ehemalige Ledward-Kaserne. Im Bau 212 (vorne) ist die Musikschule untergebracht, das Museum könnte im Bau 213 links daneben einziehen.
Foto: Anand Anders | Blick von oben auf die ehemalige Ledward-Kaserne. Im Bau 212 (vorne) ist die Musikschule untergebracht, das Museum könnte im Bau 213 links daneben einziehen.

Endgültig besiegelt sind Umbau und Umzug zwar noch nicht. "Die Stiftung hat aber beschlossen, das Gebäude konkret ins Auge zu fassen und auf Herz und Nieren zu prüfen", sagt der Museumsleiter. Derzeit seien Architekten, Statiker, Sicherheits- und Brandexperten dabei, Machbarkeit und Kosten zu eruieren. "Wir müssen uns das ja auch leisten können." Sollten die Prüfungen positiv ausfallen, werde sich "in den nächsten fünf Jahren" etwas tun.

Bezahlt werden soll der Umzug mit Fördermitteln und einem Griff ins Stiftungsvermögen, das sich schnell wieder erholen soll. Soldin rechnet mit einem Betrag "im niedrigen siebenstelligen Bereich". Gleichzeitig werde ein Wertgutachten für die Judithstraße erstellt - ein Verkauf oder eine Vermietung könnte bei der Finanzierung des Umzugs helfen.

Jan Soldin weiß, dass es Schweinfurter gibt, die am alten Standort hängen. Die Familie Schäfer, vertreten im Kuratorium der Stiftung, habe aber keinerlei Einwände gegen ein neues Kapitel für das Museum. "Otto Schäfer hat uns die Sammlung geschenkt. Unsere Verantwortung ist es, sie zu erhalten, und nicht die Judithstraße ständig zu sanieren."

Der neue Standort eröffne nun die Chance, das Museum aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln weiterzubetreiben: "Wir sind in der Lage, uns selbst eine ordentliche Zukunft zu schaffen."

 
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  • Fred Reinshagen
    Super. Mit Musikschule & Museum ergäbe das einen Kulturboulevard. Geplante Mensa, TH Zentralbibliothek & Fraunhofer Institut könnten die Sache gut ergänzen, zu einer Hochschul-Allee, einer "Fränkischen Ludwigstraße".

    Nur hinfahren kann man nicht! Das große Areal blieb ein toter Hinterhof, am Rand mit Großparkplätzen - Stadtplanung von gestern aus den 60ern, statt neuer Urbanität!

    Eine Fahrbahn nördlich entlang der Carus Allee mit & Längsparken unter Bäumen und ggf. Stadtbus via Kessler Field brächte Leben! Warum will man das große Areal schwer erreichbar belassen und im Hinterhof verstecken?

    Wovor hat man Angst?
    Will man die Bürger v. studentischem Leben fernhalten? Zudem ist es eine peinliche Stadtplanung, ohne Zu- und Vorfahrten für: Gehbehinderte, Feuerwehr, Rettung, Polizei, Anlieferung, Post/Paketdienste, Müllabfuhr, etc.

    Was sagt denn der Stadtrat dazu?
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