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Kreis Schweinfurt
Photovoltaik-Anlagen im Kreis Schweinfurt: Wie reagieren Gemeinden auf den Boom?
Der Run auf Grundstücke für Photovoltaikanlagen ist groß. Der Druck auf die Gemeinden auch. Jetzt nehmen Kommunen das Heft des Handelns selbst in die Hand.
Im Landkreis Schweinfurt gibt es noch viel Potenzial für Freiflächen-Photovoltaikanlagen wie hier bei Schnackenwerth. Im Schweinfurter Oberland wollen die Kommunen nun die Dynamik selbst steuern und eigene Anlagen mit Bürgerbeteiligung installieren.
Foto: Josef Schäfer | Im Landkreis Schweinfurt gibt es noch viel Potenzial für Freiflächen-Photovoltaikanlagen wie hier bei Schnackenwerth.
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 14.02.2024 14:09 Uhr

Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein Investor oder Grundstückseigentümer wegen Energieprojekten im Außenbereich nachfragt. Das ist die Erfahrung von Schonungens Bürgermeister Stefan Rottmann, der auch Sprecher der Gemeindeallianz Schweinfurter Oberland ist. Gerade beim Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen stünden die Gemeinden ziemlich unter Druck, schätzt Thomas Benz aus dem Sachgebiet Kreisentwicklung im Landratsamt, in dem auch die Energiethemen angesiedelt sind, die Situation ein.

Dabei sei gerade der Landkreis Schweinfurt üppig mit regenerativer Energieerzeugung ausgestattet, auch wenn es dafür keine zentrale Datenbank gibt. Benz kennt aber die Zahlen der Überlandzentrale Mainfranken aus Lülsfeld (ÜZ), die drei Viertel des Stromnetzes im Landkreis abdeckt. Dort seien 345 Megawatt Leistung ausgebaut: das Vierfache der Netzlast. Und für das Zehnfache gebe es bereits Netzverträglichkeitsanfragen. Auch wenn das lokale Stromnetz nach Benz' Einschätzung gut ausgebaut ist, müssten die Netze erweitert werden.

Landratsamt sieht sich als Berater

Während viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die Anfragen von Investoren abarbeiten, gibt es keine zentrale Koordination für den Bau der Anlagen, sondern er unterliegt der Bauleitplanung der Kommunen. Benz sieht das Landratsamt in einer beratenden Funktion. Unter anderem mit dem derzeit laufenden Aufbau eines Energienutzungsplans, der den Gemeinden die Entscheidung erleichtern soll, wo Photovoltaikanlagen sinnvoll und erwünscht sind und wo nicht. Auch die Regierung von Unterfranken hat Datenmaterial, das den Kommunen mit einem Kriterienkatalog und digitalen Karten helfen soll.

Enge Kooperation im Schweinfurter Oberland

Die Gemeinden sind derzeit dabei, ihre Rollen als Einzelkämpferinnen zu Gunsten einer Vernetzung aufzugeben. Auch, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden. Zwar ist im Landkreis Schweinfurt eine Form wie in den Haßbergen nicht in Sicht, wo sich Kreis und sämtliche Gemeinden in einer Gesellschaft zusammengefunden haben, die den Ausbau der Regenerativen steuern und eigene Projekte umsetzen soll.

Aber es gibt Kooperationen im kleineren Rahmen: Die sechs Gemeinden des Schweinfurter Oberlands stehen kurz davor, zusammen mit der ÜZ Mainfranken eine Energiegesellschaft zu bilden, um den Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion gemeinsam zu begleiten. Wie Allianzsprecher Stefan Rottmann sagt, gehe es darum, die Wertschöpfung vor Ort zu halten: von der Pacht bis zur Gewerbesteuer. Dabei sei es von Vorteil, dass alle Partnergemeinden eine ähnliche Struktur aufweisen: Sie tun sich nämlich schwer, Gewerbe anzusiedeln. Energieprojekte, so Rottmanns These, könnten dafür einen Ausgleich schaffen. Im Idealfall auf Gemeindegrund mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Schlüssel für das Vorhaben ist der Umstand, dass die Gemeinden für die Bauleitplanung zuständig sind. Ohne sie und entsprechende Flächennutzungspläne können im Außenbereich keine Bauprojekte verwirklicht werden. Deswegen haben die sechs Kommunen Schonungen, Stadtlauringen, Üchtelhausen, Rannungen, Thundorf und Maßbach vorerst keine neuen Flächen mehr für regenerative Energien ausgewiesen. Auf die Verträge, die Grundstückseigentümer und Investoren miteinander abschließen, haben die Kommunen keinen Einfluss. Mit einer eigenen Gesellschaft, die selbst Projekte auf die Beine stellt, hätten die sechs Gemeinden dann doch den Fuß in der Tür.

Weg von der Rolle als "Erfüllungsgehilfe"

Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer störte sich schon seit längerem daran, so etwas wie ein "Erfüllungsgehilfe" für Investoren zu sein, weswegen er die Initiative im Stadtlauringer Gemeinderat ergriff, die dann auf Allianzebene gehievt worden ist. Mit der Installierung der Energiegesellschaft sieht er eine Chance für den ländlichen Raum, sich zum Energieversorger für Ballungszentren zu entwickeln. Dabei liege der Fokus nicht nur auf der Photovoltaik. Zahlen, welches Potenzial im Schweinfurter Oberland steckt, existieren zwar nicht, aber laut Heckenlauer gebe es genügend geeignete Flächen; vielmehr müsse man aufpassen, die Schraube nicht zu überdrehen.

Geplant ist, dass die Energiegesellschaft wie eine Dachorganisation fungiert, in der die ÜZ Mainfranken das technische Know-how sicherstellt, und dass für jedes Projekt eine eigene GmbH gegründet wird, die die Umsetzung und den Betrieb der Anlagen sicherstellt. Vor der Gründung der Energiegesellschaft müsse man noch das Votum der Rechtsaufsicht abwarten, sagt Heckenlauer zum aktuellen Stand.

Gochsheim hat die Bremse angezogen

Ganz anders verfährt zum Beispiel die Gemeinde Gochsheim mit dem Druck der Photovoltaik-Investoren: Es gibt einen Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2021, keine weiteren Anlagen auf der Fläche zuzulassen, auch wenn die Digitalkarten durchaus Potenzial für Gochsheim erkennen lassen. Der Beschluss sei aus Rücksicht auf die Landwirtschaft gefallen, wie Bürgermeister Manuel Kneuer 2022 gegenüber dieser Redaktion betont hat. Die Kommune will sich lieber auf die Ausstattung von Dächern mit Solaranlagen konzentrieren.

 
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  • M. H.
    Ich überwache ca. 200PV-Anlagen weltweit. Das einzige Land das die Anlagen den kompletten Sommer über leistungsreduziert, das ist unser Deutschland. In anderen Ländern wie Frankreich, England, Israel usw. ist dies nicht notwendig. Das sollte uns Mal Gedanken machen. Ich kann halt durch eine 10kv-Leitung aus der Nachkriegszeit keine 30kv durchleiten. Wir wollen grünen Strom, was ich absolut richtig finde, aber wir wollen nichts dafür tun. Man sehe Bergrheinfeld. Man kann aus einem Trabbi auch keinen Porsche bauen. Es gäbe so viele Möglichkeiten, wenn man nur wollte und mal ein paar Euro in die Hand nehmen würde. Und wenn ich dann noch unsere klimaschützenden Grünen sehe, da geht mir der Hut hoch. Wir müssen CO2 einsparen, das ist richtig. Aber was soll es bringen, wenn wir das bissel von den Autos einsparen, aber blasen den Dreck durch Gas-und Kohle in die Luft, anstatt saubere Kernkraft zu nutzen. Alle Länder erkennen das, nur Deutschland nicht.
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  • M. G.
    Ja richtig unnötiger Flächenverbrauch und warum springen die Investoren nur so auf, da bekommen die verpächter der flächen gute Pachtzahlung, den Gemeinden werden gute Gewerbesteuer Einnahmen zugesagt und es soll Bürgerbeteiligung geben und das alles auf Kosten der Stromzähler.
    Es gibt genug freie Dächer!!
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  • H. S.
    PV-Anlagen sind zwar kostengünstig, spielen aber bei der Energieversorgung im Strommix eine geringe und unzuverlässige Rolle, vor allem von Nov. bis Feb.
    Für Eigenverbraucher vielleicht noch sinnvoll, bei Großflächenanlagen aber sinnloser Flächenverbrauch.
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  • L. W.
    @ mainotto

    Weshalb wollen Sie Grundstückseigentümern das Recht einschränken ihre Flächen nach eigenem Gutdünken zu verwenden?
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  • A. R.
    Das kommt ganz auf die Fläche an. Wenn diese auch Landwirtschaftlich genutzt werden könnte, stimme ich Ihnen zu.
    Doch gerade auf sowieso schon versiegelten Flächen, wie Parkplätzen und Lagerhallen, besteht noch extrem viel Potential. Außerdem gibt es noch viel Fläche entlang der Autobahnen und auf Seen die gut genutzt werden könnte.
    Außerdem haben Batteriespeicher in den letzten Jahren extrem Fortschritte gemacht, sowohl technisch als auch Preislich. Entwicklungen wie Natrium Batterien werden solche Speicher immer wirtschaftlicher machen.
    Sicher braucht es einen Mix aus vielen Energiequellen, aber wenn die Sonne scheint sollte kein Biogas oder fossile Brennstoffe verfeuert werden müssen.
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