Der Landkreis Schweinfurt will einen digitalen Energienutzungsplan erstellen. Das hat der Umweltausschuss des Kreistags beschlossen. Schwerpunkt soll dabei die Energiegewinnung mittels Wasserstoff werden, auch wenn der Landkreis bei der Bewerbung um ein bundesweites Förderprogramm gescheitert ist. Der Clou des Konzepts, das bis Frühjahr 2024 stehen soll, ist, dass Energiebedarf und -gewinnung möglichst zielgenau für jede Gemeinde und teils sogar für jedes Gebäude ermittelt werden sollen.
Steckbrief zu Wärme, Strom und Mobilität für jede Gemeinde
In vier Phasen ist das Vorgehen gegliedert, das Prof. Markus Brautsch (Technische Hochschule Amberg-Weiden) vorstellte, der auch bei der Bewerbung um das bundesweite Programm HyExperts im Mai 2021 beteiligt war. Zunächst soll der energetische Ist-Zustand ermittelt werden. Und zwar in einem Steckbrief für jede Gemeinde zu Wärme, Strom und Mobilität. Bei ersterem schwebt dem Wissenschaftler ein gebäudescharfes Wärmekataster vor.
Im zweiten Schritt soll ausgelotet werden, wie man Energie einsparen und effizienter nutzen kann, etwa durch Gebäudesanierung. Die Daten, die zumeist schon existieren, sollen an der Hochschule zusammengefasst und in Karten, Tabellen und Grafiken aufbereitet werden. Daraus sollen dann die Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Energieformen abgeleitet werden. So könne man ganz genau herausfinden, wo zum Beispiel Flächenphotovoltaik- oder Windkraftanlagen sinnvoll seien und wo nicht. Und zwar "ganz ohne Blutdruck", wie Brautsch sagte, also datenbasiert und nicht ideologisch eingefärbt: "Denn das sind keine Schätzungen, sondern feste ermittelte Werte."
Ziel ist ein "Masterplan"
Aus diesen Vorarbeiten soll ein "Masterplan" werden, um spätestens 2040 Energie nur mittels erneuerbarer Methoden herzustellen. Brautsch sieht hier ausschließlich einen Mix aus verschiedenen Quellen als zielführend an.
Eine Sonderrolle spielt dabei die Gewinnung von Wasserstoff, die sich der Landkreis Schweinfurt besonders zum Ziel gesetzt hat. Das chemische Element dient quasi als eine Art energetischer Zwischenspeicher, um es zu nutzen, wenn Bedarf etwa bei der Stromerzeugung entsteht. Für Markus Brautsch sind besonders die Ermittlung von Absatz- und Erzeugungspotenzialen wichtig. Daraus und aus weiteren Parametern müsse letztlich nach sachlichen Kriterien ermittelt werden, wo Elektroloyseanlagen (Elektrolyseure) am wirtschaftlichsten betrieben werden können. Das habe nicht zur Folge, dass dann in jeder Gemeinde eine Anlage stehen wird.
Suche nach wirtschaftlichster Lösung
Brautsch gab zu bedenken, dass bei diesen Entscheidungen nicht nur die Frage eine Rolle spielt, wo Tankstellen für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge entstehen. Sondern auch die "Nebenprodukte" müssten sinnvoll verwertet werden. Sauerstoff, der in großen Mengen anfalle, könne in die Industrie oder in Kläranlagen weitergeleitet werden. Zudem entsteht bei der Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff- und Sauerstoff Wärme, die es zu nutzen gelte, etwa in der Gastronomie, bei der Klärschlammtrocknung oder im Gewerbe.
Regionalmanager Ulfert Frey formulierte den angepeilten Mehrwert des Energienutzungskonzepts für den Landkreis und seine Gemeinden, der sich nicht nur beim Umbau auf einen klimaneutralen Fuhrpark zeigen soll. Die Kommunen bekämen ein mit Zahlen hinterlegtes Werkzeug an die Hand, um künftig den Bau von Photovoltaikanlagen und Windrädern besser steuern und auch Nahwärmenetze aufbauen zu können. Die Bürgerinnen und Bürger sollen von einem erweiterten Solarkataster profitieren, das dann zusätzliche Energieformen, Wärme und Effizienz beinhalten soll.
Ausschuss war sich fast einig
Während CSU, SPD, Grüne, Freie Wähler und FDP die Initiative begrüßten, äußerte Bernd Schuhmann (AfD) Zweifel und stellte die Frage, wie dieser Umschwung gesellschaftspolitisch finanziert werden soll. Auch Brautschs Hinweis, dass gerade die fossilen Brennstoffe teuer und die Erneuerbaren die "Billigmacher" des Energiepreises seien, überzeugten ihn nicht; Schuhmann stimmte dagegen. 213.000 Euro soll das nun beschlossene Gutachten kosten, wobei das Landratsamt mit 70 Prozent Förderung rechnet.
Nicht erörtert wurde im Ausschuss die Frage der Kooperation mit der Stadt Schweinfurt, die ebenfalls Wasserstoff in den Fokus genommen hat.