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Sömmersdorf
Passionsspiele Sömmersdorf: Ein Kampf um Tradition und Ruhe
Während die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, werfen Klagen wegen Lärmbelastung einen Schatten auf die Passionsspiele. Eine Entscheidung steht noch aus.
Die Freiluftproben haben begonnen: Am Ostersamstag standen rund 350 Menschen auf der Sömmersdorfer Freilichtbühne, um für die Passionsspiele 2024 zu proben.
Foto: Martina Müller | Die Freiluftproben haben begonnen: Am Ostersamstag standen rund 350 Menschen auf der Sömmersdorfer Freilichtbühne, um für die Passionsspiele 2024 zu proben.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 13.04.2024 02:42 Uhr

Es ist wieder so weit: Nach sechs Jahren gibt es heuer wieder die Passion Christi auf der Sömmersdorfer Freilichtbühne. Schon seit Monaten wird fleißig hinter geschlossenen Türen in der Robert-Seemann-Halle geprobt. Am Ostersamstag gab es dann die erste Außenprobe, mit 350 Menschen auf der Bühne. Bis zur Premiere am 23. Juni will der Theaterverein nun regelmäßig live auf der Bühne proben.

Wie ein Damoklesschwert aber schweben über allen Aktivitäten des Passionsspielvereins zwei Klagen, die Anwohnerinnen und Anwohner des Passionsspielgeländes beim Verwaltungsgericht Würzburg wegen der Lärmbelastungen eingereicht haben. Die eine Klage richtet sich gegen das Landratsamt Schweinfurt. Die Behörde soll verpflichtet werden, baurechtlich gegen den Passionsspielverein einzuschreiten, weil das Ausmaß der Nutzung der Freilichtbühne nicht durch die im Jahr 2012 erteilte Baugenehmigung gedeckt ist.

Die zweite Klage geht gegen die Gemeinde Euerbach und betrifft den Genehmigungsbescheid für die Durchführung der Passion 2024. Unter anderem monieren die Kläger, dass die Gemeinde zusätzlich zu den 18 Spieltagen auch mehrere Generalproben mit erhöhten Lärmwerten und Catering im Anschluss an die Aufführungen bis nach Mitternacht genehmigt hat.

Weder über die eine, noch über die andere Klage hat das Verwaltungsgericht bislang entschieden. Auf Nachfrage dieser Redaktion heißt es: Das Verfahren gegen die "gemeindliche Erlaubnis zum Veranstalten von öffentlichen Vergnügungen", gemeint sind die Passionsspiele 2024, sei noch nicht entscheidungsreif. Die Beteiligten würden noch Schriftsätze austauschen.

Und beim anderen Verfahren, der Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten, will das Gericht erst den vom Landratsamt Schweinfurt angekündigten Erlass einer neuen Baugenehmigung abwarten. Der Passionsspielverein hat nämlich aufgrund der Klage bei der Behörde ein neues Betriebs- und Nutzungskonzept für das Passionsspielgelände eingereicht. Wird das genehmigt, habe sich die Klage möglicherweise erledigt, so das VG.

'Ruhe' signalisiert diese Helferin den rund 350 Akteuren auf der Freilichtbühne bei der ersten Außenprobe am Karsamstag. Ruhe wünschen sich auch die Anwohnerinnen und Anwohner an der Freilichtbühne, auf der jetzt die Proben für die Passionsspiele 2024 begonnen haben.
Foto: G.  | "Ruhe" signalisiert diese Helferin den rund 350 Akteuren auf der Freilichtbühne bei der ersten Außenprobe am Karsamstag.

Worum geht es bei dem neuen Nutzungskonzept?

Bisher waren lediglich 16 bzw. im Passionsjahr 18 "Seltene Ereignisse" auf der Freilichtbühne genehmigt. Als "Seltene Ereignisse" werden Veranstaltungen bezeichnet, bei denen mit einer besonderen Lautstärke oder mit einem Beschallungsende erst nach 22 Uhr gerechnet wird. Proben und sonstige Veranstaltungen wie Versammlungen oder Gottesdienste auf der Bühne waren bisher überhaupt nicht im Genehmigungsbescheid verankert. Mit dem neuen Betriebs- und Nutzungskonzept sollen solche Veranstaltungen nun rechtssicher gemacht und ein sogenannter Regelbetrieb genehmigt werden. 

Welche Veranstaltungen fallen unter den Regelbetrieb?

Sämtliche Veranstaltungen, irrelevant welcher Art, die die Immissionsrichtwerte einhalten, sind dem Regelbetrieb zuzuordnen. Anders als bei der Baugenehmigung im Jahr 2012, als die Sportanlagenlärmschutzverordnung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSch) noch Grundlage war, wird jetzt zur Beurteilung aber die Freizeitlärmrichtlinie herangezogen. 

Welchen Unterschied macht das?

Bei der Freizeitlärmrichtlinie sind zum Beispiel die Werte für die Ruhezeiten bei Freizeitanlagen an Sonn- und Feiertagen ganztägig einzuhalten, und es gibt weniger Tage im Jahr, an denen eine Überschreitung der Richtwerte in bestimmten Grenzen erlaubt ist. Insgesamt ergibt sich damit bei Freizeitanlagen eine strengere Beurteilung als bei Sportanlagen.

Gelten Proben künftig als seltene Ereignisse oder als Regelbetrieb?

Das hängt ganz davon ab, welche Lautstärke sie haben. Wenn Proben die durch die Freizeitlärmrichtlinie vorgegebenen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb überschreiten, zählen diese zu den seltenen Veranstaltungen. Laut Landratsamt wird in der neuen Baugenehmigung deshalb auch keine konkrete Anzahl für Proben festgelegt. Es erfolge lediglich eine Beurteilung, wie viele seltene Veranstaltungen im Jahr insgesamt stattfinden dürfen. Es obliegt dann dem Bauherrn, wie er den Betrieb im Detail ausgestaltet. Sprich, wie viele der genehmigten seltenen Veranstaltungen er für Proben im Echtbetrieb opfert.

Wie viele Veranstaltungen dürfen im Regelbetrieb auf der Bühne stattfinden?

Für den Regelbetrieb gibt es keine zahlenmäßige Begrenzung. Theoretisch kann der Passionsspielverein die Bühne an 365 Tagen im Jahr bespielen, wenn die Immissionsrichtwerte beachtet werden.

Wer überwacht künftig die Einhaltung des Nutzungskonzeptes?

Grundsätzlich sei der jeweilige Bauherr für die Einhaltung der ihm aufgelegten Auflagen verantwortlich, sagt das Landratsamt. Wenn aber der Verdacht bestehe, dass Lärmschutzauflagen nicht eingehalten werden, könne die Behörde bei Vorlage entsprechender Nachweise tätig werden.

Können die Klagen die Durchführung der Passionsspiele 2024 noch gefährden?

Das Landratsamt Schweinfurt sagt: Solange keine neue Baugenehmigung erteilt und auch keine anderslautende Gerichtsentscheidung ergangen ist, sei die diesjährige Passion über den Genehmigungsbescheid der Gemeinde Euerbach geregelt. Da das Landratsamt noch nicht über das neue Nutzungskonzept entschieden hat und das Verwaltungsgericht auf die Entscheidung des Landratsamtes wartet, dürfte der Durchführung der Passion nichts im Wege stehen.

Wann und wie wird das Landratsamt Schweinfurt über das neue Nutzungskonzept entscheiden?

Mit einer Entscheidung sei frühestens im Laufe des Aprils zu rechnen, sagt das Landratsamt. Es könnten allerdings noch weitere gutachterliche Prüfungen notwendig werden, weshalb weder eine Frist noch ein abschließendes Ergebnis der Prüfung genannt werden.

 
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  • Irmgard Engert
    Ich kann mich täuschen, aber soweit ich mich erinnere, war es damals eine Auflage der zuschussgebenden Stellen, wie die Überdachung der Bühne erneuert wurde, dass die Bühne eben nicht nur alle fünf Jahre mal für ein paar Wochen genutzt wird!
    Zuschuss gibt's nur, wenn sich der auch rechnet und rentiert - sprich: Auf der Bühne dauerhaft eine Nutzung stattfindet!
    (Lass mich aber gerne korrigieren, wenn mir mein Gedächtnis da einen Streich spielt).
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  • Martin Deeg
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  • Gerhard Kreßmann
    Für mich unbegreiflich womit sich Gerichte heutzutage beschäftigen müssen. In einem relativ kleinen Ort wie Sömmersdorf macht man sich damit sicher sehr beliebt.
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  • Edith Kram
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  • Friedrich Hoffmann
    Wenn ich an so eine Ort ziehe muss ich mich auch mit den Lärm abfinden der da durch entstehen kann. Oder mir eine andre bleibe suchen .Denn die Freilichtbühne war bestimmt scho vorher da.
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  • Norbert Sandmann
    Nein, die Bühne in der jetzigen Form war nicht vorhanden.
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  • Gerhard Kreßmann
    Es sind ja nur alle 6 Jahre Passionsspiele. Muss man da eine Klage einreichen? Wir wohnen neben dem Sportplatz und da ist im Sommer jedes Wochenende Programm bis in die Nacht.
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  • Georg Ries
    wenn ich die frühere Berichterstattung noch im Kopf habe, werden jedes Jahr irgendwelche Events abgezogen. Die Bühne muss sich schließlich rentieren!! Da gab es keine Kompromissbereitschaft seitens des Vereins!!
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  • Alfred Holler
    für dies "Hoppla, jetzt komm ICH und MEIN WILLE geschehe"-Mentlität gibt es unzählige Beispiele; ich nenne da mal nur die Probleme bayernweit mit den Glocken und den Kühen oder auch den Hähnen.
    Im Werdenfels gabs vor gar nicht langer Zeit sogar mal einen Fall, da wollte eine Neubürgerin den Dorflehrer gerichtlich verpflichten lassen, den Dialekt in der Klasse ihres Söhnchens zu verbieten. Begründung: er wäre sonst ein Außenseiter - was er dann mitsamt ihr zunächst auch war. Nach zwei Jahen sprach der Knabe dann gottlob aber ganz gut den ortsüblichen Dialekt und war angekommen.
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