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Schweinfurt
Neues Vertriebssystem "Check in/Check out": Mit einem Wisch im Stadtbus ein- und auschecken
Ohne Tarifkenntnis und Ticketwahl in den Bus einsteigen, losfahren und mit dem günstigsten Tarif ganz Schweinfurt erkunden. Ab April soll das möglich gemacht werden.
Das eTicket in Schweinfurt wird weiterentwickelt. Ab April sollen die Stadtbusse umgerüstet werden auf das neue Vertriebssystem 'Check in/Check out'. Der Fahrgast hält beim Ein- und Aussteigen sein Handy, seine Smartwatch oder die Kreditkarte vor ein Lesegerät und im Hintergrund wird der Preis für die gefahrene Strecke errechnet und abgebucht.
Foto: Stadtwerke Schweinfurt | Das eTicket in Schweinfurt wird weiterentwickelt. Ab April sollen die Stadtbusse umgerüstet werden auf das neue Vertriebssystem "Check in/Check out".
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:21 Uhr

London hat es, Budapest hat es, und Schweinfurt hat es bald auch: CiCo, das "Check in/Check out"-System im Stadtverkehr. Der Fahrgast hält beim Ein- und Aussteigen sein Handy, seine Smartwatch oder seine Kreditkarte vor ein Lesegerät und fährt mit dem günstigsten Tarif durch ganz Schweinfurt. Das digitale System errechnet im Hintergrund immer den Bestpreis für die gefahrene Strecke und bucht den Betrag ab. Fahrkarten gibt es nicht mehr.

Im April startet der Pilotbetrieb in zehn Bussen, informierte Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Kästner bei einem Pressegespräch. Bis Ende September sollen dann alle Stadtbusse mit den gesammelten Erfahrungen umgerüstet werden. Danach wird es sechs Wochen lang noch einen Parallelbetrieb geben, bevor im Dezember die Barverkaufsstellen in den Fahrzeugen schließen.

"Check in/Check out"-Systeme sind in vielen europäischen Ländern schon etabliert. In Deutschland nicht, zumindest nicht als alleiniges Vertriebssystem. Die Stadtwerke Schweinfurt wollen jetzt die Ersten sein, die ihr Ticketsystem komplett umstellen.

Sie wollen den Stadtbusverkehr in Schweinfurt zukunftssicher und digital machen: Thomas Kästner, Geschäftsführer der Stadtwerke Schweinfurt GmbH, und Mirko Hrnjak, Bereichsleiter der Verkehrsbetriebe.
Foto: Steffen Saffert | Sie wollen den Stadtbusverkehr in Schweinfurt zukunftssicher und digital machen: Thomas Kästner, Geschäftsführer der Stadtwerke Schweinfurt GmbH, und Mirko Hrnjak, Bereichsleiter der Verkehrsbetriebe.

"Wir wollen den Verkauf und die Kontrolle von Fahrscheinen komplett vom Busfahrer wegnehmen", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Kästner. Das verbessere die Arbeitsbedingungen und mache den ÖPNV für Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer attraktiv. Man benötige kein Abo, sei ungebunden und könne direkt losfahren. Es gibt keine lästige Suche mehr nach Zonen, Tarifen und bestem Ticket. Der Kunde müsse sich keine Sorgen mehr machen, dass er zu wenig oder gar zu viel bezahle. Denn es werde "tagesscharf" der beste Preis errechnet.        

Mit der Einführung des Handytickets "Fairtiq" im November 2023 hat man bereits einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Fahrkarten können schon jetzt direkt mit dem Smartphone erworben werden. Die Tarifberechnung erfolgt automatisch GPS-basiert anhand der Luftlinie zwischen Start- und Endhaltestelle.

Künftig wollen die Stadtwerke nun ganz auf den kontaktlosen Zahlungsverkehr setzen. "Wir müssen digitaler werden", begründet Kästner den "harten Schnitt", den andere Verkehrsbetriebe in Deutschland noch nicht wagen würden. "Wir trauen uns." Denn Bargeldwirtschaft koste Zeit und jedes zusätzliche Bezahlsystem Geld.  

eTicket wird eingestellt

Mirko Hrnjak, der seit 2023 den Bereich Personenverkehr und Fahrzeugtechnik bei den Stadtwerken Schweinfurt leitet, berichtet von Kollegen in anderen Städten, die gespannt nach Schweinfurt blicken würden. Denn bislang gebe es "CiCo" in Deutschland nur in Bonn, allerdings auch nur als zusätzliches Bezahlsystem. Schweinfurt sei bundesweit Vorreiter.

Mit der Umstellung auf Check in/Check out wird das eTicket eingestellt. Es war am 1. August 2017 als personalisierte digitale Fahrkarte eingeführt worden. Auch damals war Schweinfurt die einzige Stadt in der Bundesrepublik, die den Sprung von der Steinzeit in die Neuzeit wagte. Jetzt kommt mit CiCo der nächste Schritt, das "Ticket 2.0". 

Doch was ist mit Seniorinnen und Senioren, die bislang noch Papierfahrkarten kauften und mit "CiCo" vielleicht überfordert sind? "Die Rentnerinnen und Rentner sind viel digitaler als wir vermuten", sagt Geschäftsführer Kästner. Bei der Vorstellung des neuen Systems im Seniorenbeirat habe er nur positives Feedback bekommen.

Gerade für ältere Menschen sei das neue Bezahlsystem vorteilhaft, sagt Bereichsleiter Hrnjak. Denn sie brauchen sich beim Einsteigen nicht mehr mit ihrem Rollator von hinten nach vorne zum Busfahrer durchquälen, sondern können an jeder Tür einchecken und dort gleich Platz nehmen. Wer kein Handy oder keine Kreditkarte besitzt, dem bieten die Stadtwerke als Alternative eine Prepaidkarte an. Diese werden gegen Pfand ausgegeben und können mit einem frei gewählten Geldbetrag aufgeladen werden. Auch für Kinder sei das geeignet.

Kontrolleure fahren in den Stadtbussen mit

Neu ist auch, dass künftig Kontrolleure in den Stadtbussen sitzen, weil der Fahrscheinkauf ja nicht mehr über den Busfahrer läuft. Sie werden überwachen, dass jeder Fahrgast eincheckt und seine Fahrt abrechnet. "Die Mehrzahl unserer Fahrgäste ist ehrlich", rechnet Kästner aber nicht mit einem Anstieg von Schwarzfahrten.

Einige offene Fragen gibt es allerdings noch: Zum Beispiel, wie Gruppen- oder Familientickets auf das neue System übertragen werden. Muss man die Karte oder das Handy dann mehrmals über das Lesegerät ziehen? "Digital gibt es für alles eine Lösung", meint Kästner. Die Pilotphase diene dazu, Erfahrungen zu sammeln und dann das System Zug um Zug auf die Bedürfnisse der Schweinfurter Fahrgäste einzurichten.

Im Zuge der Umstellung des Fahrscheinsystems wird auch das bestehende Liniennetz mit cloudbasierter Planungssoftware entsprechend den Empfehlungen des Nahverkehrsplans für Schweinfurt angepasst. Unter anderem sollen die Umstiege verbessert und mehr Direktverbindungen angeboten werden. "Wir wollen ein klares Zeichen für ein zukunftsweisende Mobilität schaffen", sagt Kästner. 

 
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  • Karl-Heinz Busch
    Zurück in die Vergangenheit... es muss jetzt zusätzlich zum Fahrer ein Kontrolleur mit im Bus sein... Also pro Bus doppelter Personalbedarf/-kosten. Beim Aussteigen muß man nun sich an der Tür erst ausloggen? Das Aussteigen dauert ja dann noch länger. Und wer spontan mit dem Bus fahren will, z.B. jemand aus einer anderen Stadt/Tagesbesucher die bleiben dann an der Bushaltestelle stehen?
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