
Ein gemeinsamer Nahverkehrsplan, einheitliche Tarife und Verbesserungen im Öffentlichen Personennahverkehr – das klingt erst einmal gut. Ab 2025 sollen Stadt und Landkreis Schweinfurt Teil des Verkehrsverbunds Mainfranken werden – neben der Stadt Würzburg und den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Rhön-Grabfeld und Würzburg.
Dann müssen Fahrgäste beispielsweise nur noch ein Ticket lösen, wenn sie von Oberlauringen nach Ochsenfurt fahren wollten. Und natürlich auch nur ein Ticket, wenn sie vom Landkreis in die Stadt fahren und dort auf den Stadtbus umsteigen müssen. Und nicht, wie heute, zwei.
Allerdings: Die Umsetzung des gemeinsamen Nahverkehrsplans zieht sich gefühlt hin wie Kaugummi. Seit Jahren wird daran gearbeitet, jetzt kommt man allmählich auf die Zielgerade. Nach dem Kreistag, der im Juli den vorgelegten Entwurf verabschiedet hat, stimmt nun auch die Stadt zu; vorausgesetzt der Stadtrat folgt der positiven Entscheidung des Haupt- und Finanzausschusses. Dort hatte der gemeinsame Nahverkehrsbeauftragte von Stadt und Landkreis, Michael Graber, den Stand der Dinge erläutert.
Auf dem Tisch lag das Ergebnis des Anhörungsverfahrens. Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange – beispielsweise Behörden – gab es nicht, was die Stadt betrifft. Und an den Eckpunkten des Nahverkehrsplans, der im Februar 2022 vorgestellt worden war, hat sich auch nichts geändert: Für eine Stadt der Größe Schweinfurts sei das Bussystem durchaus bemerkenswert und gut ausgebaut, hatte Gutachter Mathias Schmechtig im Februar im Hauptausschuss erklärt. Gleichzeitig aber auch deutliche Kritik geäußert.
Pünktlichkeit, Linienführung: Gutachter deckt Mängel bei Stadtbus-Netz auf
So, wie das Busnetz jetzt aufgestellt ist, sei es nicht zukunftsfähig. Unterdurchschnittliche Pünktlichkeit, unsystematische Linienführung, schlechte Anbindung der Regionalbuslinien ins Stadtzentrum, Barrierefreiheit der Haltestelle, keine Busbeschleunigungsspuren, kein zentraler Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof – die Mängelliste ist lang, die Forderung Schmechtigs war eindringlich: "Der ÖPNV muss sich neu erfinden." Auch der Roßmarkt als Drehkreuz des kompletten Stadtbusverkehrs wurde in dem Gutachten angezweifelt, erinnerte Klaus Rehberger (CSU). Seiner Meinung nach zu Recht.
Wo die Stadtwerke nachbessern, was sie ändern müssen, das wird erst ein Gutachten zeigen, für das seit April Daten erhoben werden. Ein Jahr lang sollen die Verkehrszählung und Fahrgastbefragung laufen. Dann werden sie ausgewertet.
Haltestellen-Dichte: Worin sich Ralf Hofmann (SPD) und OB Remelé einig sind
Schon jetzt deutet sich aber an, dass nicht alle Änderungen, die notwendig sind, um den Nahverkehr auch in der Stadt zu verbessern, in der Öffentlichkeit auf blanke Begeisterung stoßen werden. Denn: Dass Schweinfurt eine im Vergleich so hohe Dichte an Haltestellen hat, ist nicht nur positiv. Sondern eher das Resultat einer veralteten Linienführung, wie Ralf Hofmann (SPD) meinte. Dass dann, wenn man Linien verbessere, die ein oder andere Haltestelle wegfallen müsste, sieht nicht nur er. Auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé argumentierte in die Richtung: Manches müsse man streichen, die Erreichbarkeit der nächsten Bushaltestelle sei manchmal nur ein gefühlter Vorteil.
Soll heißen: Es gibt zwar viele Haltestellen, aber auch Linien, die so verbessert werden könnten, dass die Menschen schneller und einfacher an ihr Ziel gelangen – und dafür vielleicht in Kauf nehmen müssten, dass manche Haltestelle aufgegeben wird.
Ärger in Oberndorf: Wie Stadtwerke-Chef Kästner die Entscheidung begründet
Wie das ankommt, zeigt der Fall Oberndorf. Dort haben die Stadtwerke zum 1. August zwei Haltestellen gestrichen. Die Reaktion: Verärgerte Leserbriefe und Kritik von SPD-Stadträtin Marianne Prowald, die in einem Eilantrag mündete. Die Haltestellen sollten erhalten bleiben, so die Forderung. Der Haupt- und Finanzausschuss hat sie abgelehnt; nur fünf Stadträtinnen und -räte stimmten für den Eilantrag.
Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Kästner hatte darauf hingewiesen, dass der Stadtteil, der von zwei Linien bedient wird, "einer der bestangebundenen" im Stadtgebiet sei, der zusätzliche Fußweg zur nächsten Haltestelle nur 190 Meter betrage und die Entscheidung auf eben jenem Nahverkehrsplan beruhe. Der habe auf die ungünstige Linienführung hingewiesen; deshalb die Änderung, so Kästner.
Ein Ticket für alle: Was die gemeinsamen Pläne noch überholen könnte
Überholt werden könnten die gemeinsamen Tarifpläne von Stadt, Landkreis und im Verkehrsverbund Mainfranken von einer Entscheidung, die weit eher kommen könnte als 2025 und dann von höherer Stelle: Einem Nachfolgermodell für das 9-Euro-Ticket, über das Bund und Länder aktuell noch heftig diskutieren.
Schweinfurts Nahverkehrsbeauftragter Michael Graber hat da offenbar gemischte Gefühle. Geht es nach ihm, würde man das Geld "lieber in den Ausbau des ÖPNV auf dem Land investieren als in verbillige Tickets". Aber das, so Graber, "wird nicht lokal entschieden".
>"Dass Schweinfurt eine im Vergleich so hohe Dichte an Haltestellen hat, ist nicht nur positiv. Sondern eher das Resultat einer veralteten Linienführung."
>"Auch der Roßmarkt als Drehkreuz des kompletten Stadtbusverkehrs wurde in dem Gutachten angezweifelt."
>"Unsystematische Linienführung"
>"Der ÖPNV muss sich neu erfinden."
Was nützt es, wenn der Bus in jede Ecke fährt? Aber nicht oft genug und nicht im festen Takt! Sondern mit komplizierten Kombi-Linien & Fahrplänen, die kein Autofahrer versteht!
Das System ist provinziell! Es gibt zu viele kurze Linien, die am Roßmarkt beginnen bzw. enden, statt langer Pendellinien, die mehrere vorhandene Linien im 10-Min-Takt zusammenfassen! Waren die Verantwortlichen noch nie in einer Großstadt?
"Ein Jahr lang sollen die Verkehrszählung und Fahrgastbefragung laufen. Dann werden sie ausgewertet."
Das behebt nie den Systemfehler!
>Alles muss auf einem weißen Blatt Papier ganz neu aufgebaut werden!