Er sei "hochgradig neugierig", sagte Eugen Ehmann nach seiner Ankunft am Hirtenbrunnen in Michelau. Kein Geringerer als der Regierungspräsident war im Rahmen seiner diesjährigen Weinbaubereisung am Dienstag, 11. Juni, ins beschauliche Steigerwaldörtchen gekommen. Hier wollte er erfahren, was notwendig sei, um den "Begegnungsort Brunnenschoppen" zu erhalten, der seit 2019 am ersten Donnerstag im Monat von April bis Oktober stattfindet.
Als im Mai die Absage aufgrund von Schwierigkeiten bei der Genehmigung folgte, sorgte dies nach dem Bericht der Redaktion wochenlang für Diskussionsstoff. Offenbar schien die Veranstaltung keine Aussicht mehr auf eine vereinfachte Alkoholausschank-Erlaubnis wie bisher zu haben, worüber sich Martin Pfrang vom Weinbauverein Michelau-Altmannsdorf maßlos ärgerte.
Regierungspräsident informierte sich am Hirtenbrunnen
Eine derartige Auskunft hatte der Verein mündlich von der zuständigen Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen (VG) noch vor der Beantragung erhalten. Die Konsequenz: Der Verein verzichtete darauf, weitere Anträge für die noch folgenden Brunnenschoppen zu stellen und sagte diese zunächst ab. Was Pfrang besonders verwunderte: Die erste Veranstaltung im Jahr 2024 am 4. April sei noch genehmigt worden.
Scheinbar hatte der Bericht hinter den Kulissen hohe Wellen geschlagen, sodass der Regierungspräsident extra Michelau ansteuerte. Hier hörte er sich zusammen mit der Fränkischen Weinkönigin Lisa Lehritter die Meinungen verschiedener Seiten an: vom örtlichen Weinbauverein über den Weinbauverband bis zum Landratsamt, das Aufsichtsbehörde ist.
Bei dem Treffen war Einstimmigkeit zu vernehmen: Niemand möchte Weinveranstaltungen wie Brunnen- oder Brückenschoppen verhindern. Für den Präsidenten des Weinbauverbandes, Artur Steinmann, ist es wichtig, wenn sich Menschen bei derartigen Festen treffen könnten. Der Wein sei Kulturerbe und Kulturgut in Franken. Er forderte eine Gesamtlösung für Franken, damit Veranstalter wüssten, wie sie bei der Genehmigung vorgehen müssen.
Bürgermeister Michael Wolf erinnerte daran, dass der Platz am Hirtenbrunnen eigens als Treffpunkt für die Gemeinschaft im Rahmen der Dorferneuerung angelegt worden sei. "Wir als Gemeinde unterstützen das", sagte er. Im Hinblick auf eine Gefährdung durch den Ausschank von Alkohol stellte Wolf fest: Beim Brunnenschoppen "wird nicht gesoffen". Er begreife nicht, dass die VG sage, die Genehmigung gehe nicht mehr nach § 12 Gaststättengesetz (GastG).
Weinbauvereinsvorsitzender Pfrang pflichtete ihm bei: "Das hat nichts mit Alkoholmissbrauch zu tun." Es handelt sich um einen gemütlichen Feierabend-Schoppen, bei dem Einheimische, Neubürger und Auswärtige miteinander ins Gespräch kämen. Sein Wunsch: "Wir wollen das gerne beibehalten."
Landrat Töpper: Gesetze zu beachten, aber es gibt Spielräume
Zur Gesetzeslage versuchte Sonja Weidinger Licht ins Dunkel zu bringen. Es brauche einen "besonderen Anlass", um eine "Gestattung" nach § 12 GastG erhalten zu können, sagte die Abteilungsleiterin für öffentliche Sicherheit und Ordnung am Landratsamt Schweinfurt. Nur dadurch könnte eine Veranstaltung von einer Dauergenehmigung abgegrenzt werden.
Knackpunkt ist die Anzahl, wie am Rande des Treffens deutlich wurde. Maximal fünf Veranstaltungen sind im Jahr möglich, um eine solche vereinfachte Gestattung zu erhalten. Dies hat auf Anfrage der Redaktion auch das Landratsamt mitgeteilt (siehe zweiten Bericht).
Während viele Wein- oder Hofschoppenfeste in der Regel nur einmal pro Jahr stattfinden und somit unproblematisch genehmigt werden können, sieht dies bei dem Brunnenschoppen mit zuletzt sieben Terminen anders aus. Eine Gestattung zum Alkoholausschank ist bei Veranstaltern beliebter als eine dauerhafte Gaststättenkonzession, weil sie mit niedrigeren Auflagen und Kosten verbunden ist.
Man könne Gesetze zwar nicht umgehen, betonte Landrat Florian Töpper bei dem Treffen am Hirtenbrunnen. "Aber wir haben Spielräume." Aus seiner Sicht steht dem "Brunnenschoppen in Michelau nichts im Wege". Er verwies auf ein kürzlich stattgefundenes Gespräch mit der VG Gerolzhofen zu diesem Thema. Gerne berate man bei offenen Fragen, wenn die zuständigen Behörden auf das Landratsamt zukämen und Hilfe benötigten.
Für Eva-Maria Schmitt, 2. Vorsitzende des Weinbauvereins, zeigt dieser Fall auch auf, "dass viele Menschen das alles nicht mehr verstehen." Sie bedankte sich beim Regierungspräsidenten und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für deren Interesse an dem Thema.
Für den Landrat sei eine Veranstaltung wie der Brunnenschoppen "Dorfkultur", die man erhalten wolle. Er wie auch Regierungspräsident Ehmann zeigten sich abschließend zuversichtlich, dass es Möglichkeiten für eine weitere Ausrichtung gibt. Töpper dazu: "Wir haben für den Brunnenschoppen in Gerolzhofen eine Lösung gefunden und wir werden auch für den Brunnenschoppen in Michelau eine Lösung finden."
Weinbauverein stellt Antrag für Brunnenschoppen am 4. Juli
Dass die Zukunft des Brunnenschoppens im benachbarten Gerolzhofen bereits gesichert ist, freute Beate Glotzmann von der Tourist-Information. Man benötige solche Dorftreffen im ländlichen Raum, sie seien wichtig für die Menschen und Winzer. Weil aufgrund der Vielzahl der Veranstaltungen mit 14 Terminen eine Gestattung nicht mehr möglich gewesen sei, habe die Stadt eine Konzession beantragt.
Der Weinbauverein will in den nächsten Tagen einen Antrag bei der VG stellen, die restlichen fünf Veranstaltungen bis Oktober doch mittels einer Gestattung genehmigt zu bekommen. Er hofft, dass diesmal eine Lösung gefunden werden kann.
Der nächste Termin wäre Donnerstag, 4. Juli. Zuletzt hatte man sich in Michelau mit einer ungewöhnlichen Übergangslösung beholfen: Am ersten Donnerstag im Mai und im Juni wurde kein Wein verkauft, sondern der Verein stellte eine Spendenbox auf, wenn sich jemand einen Wein einschenkte. "Da konnte jeder reinwerfen, was er wollte", so Martin Pfrang.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass der Hirtenplatz in Michelau im Zuge der sozialen Dorfentwicklung angelegt wurde. Das ist nicht korrekt, die Gestaltung erfolgte im Rahmen der Dorferneuerung. Wir haben die entsprechende Passage im Text korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.