Eine missglückte Automatensprengung in Grafenrheinfeld und eine Verfolgungsjagd, bei der die Täter zeitweise mit mehr als 240 km/h über die Autobahn rasten – der Fall, der jüngst vor dem Landgericht Schweinfurt verhandelt wurde, hatte 2019 in der Region für großes Aufsehen gesorgt.
In der Nacht auf den 23. Februar 2019 hatten drei Männer versucht, einen Geldautomaten in einer Bankfiliale in Grafenrheinfeld zu sprengen. Doch der Versuch misslang. Mehr als fünf Jahre nach der Tat musste sich nun auch der dritte der Männer vor Gericht verantworten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: versuchter schwerer Bandendiebstahl, versuchte Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung.
Er habe Schulden gehabt, "bei Leuten, bei denen man keine Schulden haben will", lässt der 34-jährige Angeklagte vor dem Landgericht Schweinfurt über seinen Verteidiger vortragen. Aus Verzweiflung habe er dann dem Vorschlag, den Geldautomaten Grafenrheinfeld zu sprengen, zugestimmt. Seine Aufgabe: Das Fluchtauto fahren und Schmiere stehen, falls die Polizei auftaucht. Ein paar Tausend Euro seien ihm bei der erfolgreichen Sprengung versprochen worden.
Zeuge erwischt die Maskierten im Bankgebäude
Doch sowohl aus der Sprengung, als auch aus dem Geld wurde nichts. Als zwei der Männer gerade dabei waren, das Gas in den bereits aufgehebelten Automaten zu leiten, wurden sie von einem Zeugen gestört. Der erzählte vor Gericht, dass er in der Nacht eigentlich nur kurz Geld abheben wollte und dann die maskierten Männer in der Bank antraf. "Sie haben mich angeschrien, einer der beiden hat mich mit einem Brecheisen verfolgt." Einen dritten Mann – den Angeklagten – vermutete er im Auto.
Die Männer sollen Teil eines Täterkreises "von geschätzt bis zu 300 jungen, überwiegend männlichen Personen" sein, die in unterschiedlicher Besetzung gezielt Geldautomaten sprengen, heißt es in der Anklageschrift. Den beiden mutmaßlichen Komplizen des Angeklagten hat das Schweinfurter Gericht bereits den Prozess gemacht.
Vor Gericht sagt der Angeklagte, er wolle sich "bei allen Beteiligten" für sein Verhalten entschuldigen. Er betont in seiner Einlassung, die sein Verteidiger vorträgt, aber auch, er sei kein Mitglied einer Bande. Und auch in der Bank will er nicht dabei gewesen sein. "Ich musste jederzeit abfahrbereit sein." Als sie erwischt wurden, flüchteten die Männer und lieferten sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei, bei der ein Streifenwagen das Tatfahrzeug erst auf der Autobahn rammen musste, um dieses letztendlich zu stoppen. Zwei der Männer – darunter der Angeklagte –konnten daraufhin fliehen, ein dritter Mann wurde festgenommen.
Bereits vorbestraft: "besondere Dreistigkeit" des Angeklagten
Dass der Angeklagte kein unbeschriebenes Blatt ist, zeigt ein vor Gericht verlesener Auszug aus dem Bundeszentralregister. Bereits 2018 hatte ihn das Landgericht Köln des Versuchs einer Automatensprengung und des versuchten Diebstahls für schuldig befunden. Es bedürfe schon einer "besonderen Dreistigkeit", nach dem damals ausgesetzten Haftbefehl auch noch die Tat in Grafenrheinfeld zu begehen, sagt der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung.
Das Landgericht Schweinfurt verurteilt den 34-Jährigen wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit der versuchten Herbeiführung einer Sprengung und Sachbeschädigung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren, wobei sechs Monate wegen der langen Verfahrensdauer als bereits abgegolten gelten sollen.
Die Mitgliedschaft in einer organisierten Bande habe man dem Angeklagten zwar nicht eindeutig nachweisen können, so der Vorsitzende Richter, man sehe bei dem 34-Jährigen jedoch durchaus eine hohe kriminelle Energie. Immerhin bedürfe eine solche Tat genauer Planung und eines "hohen Organisationsgrades", so der Vorsitzende Richter.
DNA-Spur sorgt für Diskussionen
Zu seinen Gunsten habe das Gericht das umfassende Geständnis des Angeklagten gewertet. Im Vergleich zu seinen bereits verurteilten Mittätern sei die Beweislage in seinem Fall nämlich weniger eindeutig gewesen. Für Diskussionen hatte vor Gericht unter anderem die Beweiskraft einer Mischspur aus dem Fluchtfahrzeug gesorgt, in der unter anderem die DNA des Angeklagten, aber auch Fragmente von mindestens fünf weiteren Personen nachgewiesen werden konnten.
Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Verschärfung des Tatvorwurfs zu "Diebstahl mit Waffen" und einer Verurteilung zu fünf Jahren und drei Monaten plädiert. Dem folgte das Gericht nicht. Die Verteidigung hatte vier Jahre und sechs Monate gefordert. Gegen das Urteil ist Revision möglich.