23. Februar 2019, kurz nach 3 Uhr morgens: Mit zwei Komplizen betritt ein junger Mann eine Bankfiliale in Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt), beschädigt den Geldautomaten mit einem Brecheisen und befüllt diesen über einen Schacht mit Gas und Sauerstoff. Das Ziel: Den Automaten aufsprengen und den Inhalt, knapp 140 000 Euro, erbeuten. Doch der Versuch scheitert als Zeugen auf die mit Sturmhauben maskierten Männer aufmerksam werden und Alarm ausgelöst wird. Die Täter brechen ab und fliehen mit einem Pkw. Dann folgt eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit der Polizei, bei dem ein Streifenwagen das Tatfahrzeug erst auf der Autobahn rammen muss, um dieses letztendlich zu stoppen.
Mutmaßlich zwei der Verdächtigen fliehen daraufhin erfolgreich zu Fuß über die Leitplanken, ein Dritter wird von den Polizeibeamten zu Boden gerungen und festgenommen. Er, ein 24-jähriger Niederländer, stand am Freitag nun vor der Großen Strafkammer in Schweinfurt wegen Versuchs des schweren Bandendiebstahls sowie Versuch der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, Teil einer kriminellen Organisation aus den Niederlanden zu sein, deren Zweck schwere Straftaten gegen fremdes Vermögen sei. Man habe gezielt Geldautomaten aus dem Ausland ausgespäht, da diese noch nicht über vergleichbare Sicherungssysteme verfügen.
"Ich wollte damit nichts zu tun haben, aber ich wurde unter Druck gesetzt"
Der Angeklagte, der mit Handschellen zu seinem Platz geführt wurde, gab am ersten Prozesstag zu, am Tatgeschehen im Februar 2019 in Grafenrheinfeld beteiligt gewesen zu sein. Jedoch bestritt der 24-Jährige, der bereits wegen eines ähnlichen Falles am Landgericht Köln verurteilt wurde, Teil der kriminellen Struktur zu sein. "Ich wollte damit nichts zu tun haben, aber ich wurde unter Druck gesetzt", sagte der Angeklagte in gut verständlichem Deutsch. Um seine hohen Geldschulden bei einem der Mittäter zu begleichen, habe er sich auf "den Auftrag" eingelassen. Jedoch hätte er auf der Autofahrt nach Deutschland noch nicht einmal gewusst, worin genau seine Aufgabe in Grafenrheinfeld bestehen sollte.
Daran äußerten sowohl das Gericht als auch die Staatsanwaltschaft Zweifel. "Was haben Sie denn erwartet, als Sie im Auto Sturmmasken und Gasflaschen gesehen haben?", fragte die Richterin misstrauisch. Der Angeklagte betonte, seit dem Vortag unter Einfluss von Lachgas gestanden zu haben. Dies sei "die neue Partydroge in den Niederlanden" und er habe deshalb nicht klar denken können. Laut Anklageschrift wurden im Blut des Mannes ebenso Spuren von Cannabinoiden gefunden.
Bringt die Überwachungskamera Aufschluss über Täterzahl?
Mehrere Zeugenaussagen und diverse Aktenvermerke belasteten den Angeklagten. Dieser machte deutlich, er habe "große Angst" vor dem Anführer gehabt, der ihn und seine Familie aufgrund der Geldschulden bedroht haben sollte. Deshalb habe er keine wirkliche Wahl gehabt. Unklar blieb zu Beginn des Prozesses, ob in der Bankfiliale tatsächlich eine Explosion erfolgte, oder ob die Täter bei ihrem Versuch scheiterten. Die Feuerwehr stellte in der Tatnacht eine erhöhte Gasbelastung in den Bankräumen fest.
Außerdem machte der Angeklagte keine genaueren Angaben zum dritten Mittäter. Diese und weitere Fragen könnten im weiteren Verlauf der Verhandlung noch geklärt werden. Am kommenden Donnerstag, 25. Juni, soll diese fortgesetzt werden. Dann werden weitere Zeugen vernommen und die Aufnahmen der Überwachungskamera ausgewertet.