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Rügshofen
Maschinenbaubetrieb Geiling: Industrie-Krise prallt an dem 22-Mann-Betrieb in Gerolzhofen weitgehend ab
Das familiengeführte Unternehmen fertigt Präzisionsbauteile aus Metall. Der Umsatz wächst. Der Chef blickt optimistisch in die Zukunft – für sich und die Branche.
Das Unternehmen Geiling in Gerolzhofen trotzt dem wirtschaftlichen Abwärtstrend im Land. 22 Mitarbeiter fertigen dort hochwertige Dreh- und Maschinenbauteile für eine Vielzahl von Kunden.
Foto: Anand Anders | Das Unternehmen Geiling in Gerolzhofen trotzt dem wirtschaftlichen Abwärtstrend im Land. 22 Mitarbeiter fertigen dort hochwertige Dreh- und Maschinenbauteile für eine Vielzahl von Kunden.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 04.02.2025 02:39 Uhr

Ob Holger Geiling manchmal neidisch auf die Schweinfurter Großindustrie blickt, auf deren Gewinne? Wohl kaum. Das liegt nur zum Teil an den aktuell schlechten Nachrichten zu den Konzernstandorten am Main, die seit Monaten meist mit dem Schlagwort "Stellenabbau" überschrieben sind. Geiling ist zuvorderst zufrieden mit dem, was sein kleines Unternehmen in Gerolzhofen leistet. Die Geschäfte der Dreh- und Maschinenbauteile Geiling GmbH laufen glänzend, wenngleich auch diese mit Problemen kämpft.

Holger Geiling (53) ist seit vergangenem Jahr alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens.
Foto: Anand Anders | Holger Geiling (53) ist seit vergangenem Jahr alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens.

"Ich mache mir keine Sorgen um meine Firma, ich mache mir Sorgen um meine Kunden", sagt Geschäftsführer Geiling. Dabei blickt der 53-Jährige dann doch nach Schweinfurt. Denn von dortigen Großunternehmen erhält er regelmäßig Aufträge. Aber diese Auftraggeber sind zum Glück nur ein Teil von Geilings Kundenliste. Darauf stehen die Namen von über 40 Unternehmen, darunter etliche Mittelständler und kleine Betriebe. Diese sind größtenteils in Nordbayern beheimatet.

Kundenliste umfasst viele Namen aus vielen Bereichen

"Wir sind breit aufgestellt", sagt der Chef. Er hat nicht nur viele Kunden. Diese sind auch in unterschiedlichen Bereichen tätig, etwa in der Medizin- und Lagertechnik, der Luftfahrt oder in der Bauindustrie. Sie beauftragen die Firma Geiling gerne dann, wenn es um kleine Stückzahlen geht, etwa um Muster oder Prototypen. Das lohnt sich für große Hersteller oft nicht, oder ihnen fehlen die notwendigen Maschinen, wie zum Bau großer Kugeln für die Lager von Windkraftanlagen. Bei manchen Aufträgen geht es um das Herstellen eines einzelnen Teils, berichtet Geiling. Manchmal fertigen sie aber auch Serien mit mehreren Zehntausend Stück.

Das Herstellen von Prototypen und Mustern für Kunden zählt zum Kerngeschäft des Maschinenbauunternehmens Geiling in Gerolzhofen.
Foto: Anand Anders | Das Herstellen von Prototypen und Mustern für Kunden zählt zum Kerngeschäft des Maschinenbauunternehmens Geiling in Gerolzhofen.
"Ich mache mir keine Sorgen um meine Firma, ich mache mir Sorgen um meine Kunden."
Holger Geiling, Geschäftsführer

Worauf sie nicht spezialisiert sind: die Serienproduktion deutlich höherer Stückzahlen. Das ist das Metier der Großindustrie. Man könnte aus sagen, das war deren Geschäft. Denn die meisten großen Unternehmen hätten ihre Serienproduktion längst ins Ausland verlagert. Aktuell, so beobachtet es Geiling, seien aber auch Mittelständler dabei, ihre Produktion auszulagern. Wie sich das auf ihn auswirkt, bleibt abzuwarten.

Ernsthafte Sorgen macht Geiling sich derzeit nicht. In seine 17 CNC-Maschinen investiert er regelmäßig. Damit lassen sich rechnergestützt Präzisionsbauteile herstellen. Die Maschinen sind gut ausgelastet. Die beiden vergangenen Jahre brachten Rekordumsätze von rund drei Millionen Euro, was laut dem Geschäftsführer einer Steigerung von 50 Prozent in den zurückliegenden zehn Jahren entspricht.

Geiling fertigt Bauteile einzeln, aber auch in Serie, bis zu einer fünfstelligen Stückzahl.
Foto: Anand Anders | Geiling fertigt Bauteile einzeln, aber auch in Serie, bis zu einer fünfstelligen Stückzahl.

Generationswechsel an der Unternehmensspitze vollzogen

22 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen heute am Standort "Am Spielsee" in Rügshofen, auf dem Gelände der früheren Spedition Vetter. Dort sitzt das Unternehmen seit dem Jahr 2008. Gegründet hatte es Seniorchef Rudolf Geiling 18 Jahre zuvor in einer Garage neben seinem Wohnhaus an der Friedrich-List-/Hans-Böckler-Straße. Seitdem wuchs der Betrieb kontinuierlich, wie Geschäftsführer Holger Geiling berichtet. Er führt diesen seit vergangenem Jahr alleine. Sein 78-jähriger Vater unterstützt ihn aber weiter. 

"Wer ein Problem hat, der kommt direkt zu mir."
Holger Geiling, Geschäftsführer

Die Mitarbeiter, die er beschäftigt, seien "Spezialisten für jeden Produktionsprozess", sagt Geiling. Er bildet Zerspanungsmechaniker auch selbst aus. Wer seine Ausbildung in dem familiengeführten Unternehmen absolviert hat, verlässt dieses in der Regel nicht so schnell. Das Fachwissen seiner Beschäftigten und deren Freude am Job sind für den Chef wichtige Bausteine zum Erfolg seines Unternehmens. Einen Betriebsrat gibt es dort nicht. "Wer ein Problem hat, der kommt direkt zu mir", sagt er.

Im Jahr 2008 hat die Firma Geiling die Halle der früheren Spedition Vetter 'Am Spielsee' in Rügshofen bezogen und zwischenzeitlich auch erweitert.
Foto: Anand Anders | Im Jahr 2008 hat die Firma Geiling die Halle der früheren Spedition Vetter "Am Spielsee" in Rügshofen bezogen und zwischenzeitlich auch erweitert.

Obwohl in der Branche gute Löhne gezahlt würden, gebe es immer weniger Bewerber für freie Stellen, sagt Geiling. Einen akuten Fachkräftemangel verzeichnet er für sein Unternehmen zwar nicht. Trotzdem sieht er darin eine der drei großen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dazu zählt der Geschäftsführer noch eine überbordende Bürokratie und hohe Energiekosten.

Vertrauen auf Innovationskraft der Schweinfurter Industrie

Dennoch glaubt er nicht an einen drohenden Untergang der deutschen Wirtschaft, wovon gerade viel zu lesen und zu hören sei. Allein in den Schweinfurter Betrieben sei so viel Ingenieurswissen konzentriert, dass die dortige Industrie es schaffen werde, "den Hebel umzulegen", wie Geiling es nennt. Und selbst wenn am Ende ein Viertel der aktuell vorhandenen Jobs wegfallen sollten, würde die Industrie dann zu 100 Prozent zurückkommen.

Insgesamt 17 moderne, computergesteuerte CNC-Maschinen stehen in der Werkhalle des Unternehmens.
Foto: Anand Anders | Insgesamt 17 moderne, computergesteuerte CNC-Maschinen stehen in der Werkhalle des Unternehmens.

Geilings Optimismus beruht auch auf seinen Erfahrungen. Er beendete seine Ausbildung in der Schweinfurter Industrie Anfang der 90er Jahre, mitten in deren bisher größten Krise. Damals gab es in manchen Betrieben noch sogenannte Brotzeitholer. Solche Jobs und viele Handlanger-Tätigkeiten seien aus den Werkshallen verschwunden, genauso wie ganze Produktlinien. "Wer hätte sich damals vorstellen können, dass in Schweinfurt keine Stoßdämpfer mehr gebaut werden?", fragt Geiling. Doch auch solche Einschnitte seien überwunden worden. "Wir müssen positiv denken."

 
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  • Erich Spiegel
    Hoffentlich bewahrheitet sich der Optimusmus von Hr.Geiling. Im Gegensatz zu der 90er Jahren herrscht heute eine andere Situation. Deutsche Firmen hatten es mit Wettbewerber aus demokratischen Ländern Japan, Taiwain zu tun, die unter gleichen Bedingungen produzierten. Heute ist China der Hauptwettbewerber. Die haben Arbeitszeiten von 70Std./ Woche. Bei Foxconn spannen sie Netze vor die Fenster, weil sich immer wieder Arbeiter auf Grund der miesen Arbeitsbedingungen aus dem Fenster fallen lassen. Vor 30 Jahren hat ein Arbeiter mit Maschine z.b. bei Sachs soviel produziert wie 10 Chinesen in Handarbeit. Heute ist China zu Teil bessere Maschinen als wir. Der Industriestrompreis beträgt in China und USA 8 Cent, bei uns ca. 22 Cent. Also die jetzige Krise ist mehr als übliche auf und ab der Konjunktur. Wenn es wieder besser werden soll muss das ganze Land die Ärmel hochkrempeln. Sind wir dazu bereit? Ich glaube die Mehrheit hat noch nicht realisiert was abgeht.
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  • Gerlinde Conrad
    Mit Pessimismus kommt man auch nicht weiter und könnte auf Dauer sehr krank werden! K.-H. Conrad
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  • Erich Spiegel
    Den Kopf in den Sand stecken nach dem Motto "Was ich nicht sehe gibt es nicht" führt auch nicht weiter, leider. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Sich selbst belügen bringt nichts
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